Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
Vom Netzwerk:
Nacht habe ich sie gerettet.«
    »Amy … ?«
    »Ich habe sie gerettet und jetzt hilft sie uns dabei, Hope zu retten.«
    Er ließ den Wagen ausrollen. »Amy, du meinst doch nicht etwa …«
    »Fahr weiter.« Sie hielt die Pistole mit beiden Händen; ihre Handflächen waren trocken und sie war bereit. »Ganz gleich, was ich meine, das ist eine zweite Chance für uns beide. Wenn wir es versäumen, sie zu ergreifen, dann reichen die Kreise der Hölle nicht tief genug, um uns zu geben, was wir verdienen.«

    Da waren sie jetzt, die letzten blendend weißen Minuten vor der Dämmerung, wenn sich der Dunst zu Düsternis verdichtet …
    Brian sagte: »Das also schon wieder.«
    »Das?«
    »Ich tappe mal wieder hinter dir her an Orte, wo uns gewalttätige Irre mit Radeisen erwarten und ich auf Tische springen muss.«

62
    Wie zehntausend Menschen, die in der Ferne flüstern.
    Billy lehnte mit dem Rücken am rissigen Stamm einer Kiefer und war bestrebt, das Meer zum Verstummen zu bringen, doch das Meer hatte keinen Respekt vor Billy.
    Dieses blöde Bild hatte nicht nur seine Wahrnehmung der Brandungsgeräusche verändert, sondern es ließ ihn darüber hinaus auch zu der Überzeugung gelangen, dass diese zehntausend Menschen seinen Namen flüsterten.
    Alle mochten Billy. Sein größter Vorteil hatte schon immer darin bestanden, dass er so sympathisch war. Aber die zehntausend Menschen, die sich dort draußen im Nebel unten an der Küste versammelt hatten, flüsterten seinen Namen nicht auf freundliche Weise. Die murmelnden Massen waren zornig, feindselig und ungeduldig in ihrem Eifer.
    Er wusste nicht, worauf sie so erpicht waren, und er weigerte sich, eingehender darüber nachzudenken, weil es sich, verdammt nochmal, nicht um Menschen handelte, sondern bloß um Wellen.
    Er musste sich schleunigst einen Vergleich einfallen lassen, der seinem festgefahrenen Geist einen Schubs gab und ihm ein erfreulicheres Bild aufdrängte.
    Gedämpft durch den Nebel klang die schäumende Brandung wie …
    Gedämpft durch den Nebel klang die schäumende Brandung wie …

    Kondensierter Nebel ließ sein spärliches Haar klatschnass werden und bildete Tropfen auf seinem Gesicht. Bloß Nebel, nichts weiter als Nebel, kein kalter Schweiß.
    Gedämpft durch den Nebel klang die schäumende Brandung wie zehntausend Freunde von Billy, die einander zuflüsterten, was für ein toller Kerl er war.
    Erbärmlich. Es mochte zwar sein, dass er eine Midlife-Crisis hatte, aber er war trotz allem noch der alte Billy, ein harter Kerl, ein lustiger Vogel, ein Typ, der die größte aller Wahrheiten mit offenen Armen aufgenommen hatte – dass nämlich nichts eine Rolle spielte und nur eines zählte: Wie man bekam, was man wollte.
    Er hatte all die großartigen Todeswerke gelesen, er hatte Finnegans Wake dreimal gelesen, dreimal , er hatte all diese brillanten, wunderschönen Ideen, an denen man sich verbrühen konnte, in seinen Kopf abgefüllt, Tausende von Bänden von Todeswerken, und da man das Produkt der Ideen ist, die man in sich hineinschüttet, hatte ihn das, was er las, in einem gewissen Sinne getötet, und er war bereits tot für jede andere Wahrheit als die, dass es keine Wahrheiten gibt. Da er auf diese Weise gestorben war, fürchtete er den Tod nicht, fürchtete überhaupt nichts, und mit Sicherheit fürchtete er keine schäumende Brandung, die klang wie zehntausend Menschen, die in der Ferne flüstern !
    Mit einer Hand wischte er sich das nasse Gesicht ab.
    Wie konnte eine Zeichnung von einem Hund einen Typ in eine Midlife-Crisis stürzen?
    Er legte den Kopf zur Seite und lauschte auf Motorengeräusche.
    Er glaubte zu hören, wie der Ford Expedition näher kam. Dann stahl der Nebel das Geräusch, obwohl er das Säuseln des Meeres weiterhin übertrug.

    Nickie knurrte, Amy sagte: »Halt an«, und Brian bremste auf der ansteigenden Straße.
    Dichter als jede Woge vor ihr strömte eine Nebelflut von einer nicht sichtbaren Hügelkuppe hinab, so gestaltlos wie Träume, so schwerelos wie Luft und doch so fest wie Alabaster, und presste gegen das Fahrzeug, als wollte sie es in einer Kapsel einschließen, um es dann versteinern zu lassen.
    Zwar nicht schneeblind, aber doch akut jeglicher Sicht beraubt, hier in diesem blendenden Weiß, wo außerhalb des Wagens nichts zu sehen war, wo sich Schichten des Nichts aufeinandertürmten, war Amy Redwing vielleicht an einem Endpunkt angelangt, tief in der unvergänglichen Ursuppe, wo Glaube eine so große Rolle spielte,

Weitere Kostenlose Bücher