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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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meisten Kindern völlig fremd ist.
    Sie hat den Saum eines kleinen weißen Kleidchens mit Stickereien verziert, ein schlichtes, elegantes Muster aus
Blättern und Rosen. Jetzt passt sie das Kleidungsstück maßgerecht der Puppe an, für die es genäht worden ist.
    Ihre dicke Zunge schaut zwischen den Zähnen heraus und gibt nicht nur einen Hinweis auf das Maß ihrer Konzentration, sondern ist auch ein Anzeichen dafür, dass sie anders ist.
    Auf dem Stuhl neben dem Schreibtisch sitzt eine weitere Puppe in einem Kostüm, das das Kind entworfen hat. Moongirl legt diese Puppe auf den Boden, setzt sich auf den Stuhl und beobachtet ihre Tochter.
    Die junge Näherin hat Stummelfinger und ihre Hände stellen sich im Umgang mit der Nadel nicht geschickt an. Dennoch bringt sie wunderschöne Stickereien zustande und erreicht mit dem Kleid der Puppe alles, was sie beabsichtigt hat.
    Da er gelernt hat, wie er sich bei diesen Begegnungen zu verhalten hat, setzt sich Harrow auf die Armlehne eines Polstersessels, nah genug, um jedes kleinste Detail im Auge zu behalten, aber doch mit respektvollem Abstand.
    »Wie geht es dir?«, fragt Moongirl.
    »Okay«, sagt die Näherin.
    »Willst du mich denn nicht fragen, wie es mir geht?«
    Das Kind konzentriert sich weiterhin auf das Kleid der Puppe, als es sagt: »Klar. Wie geht es dir?«
    Seine Stimme ist belegt, aber keineswegs schwierig zu verstehen, denn obwohl die Zunge einerseits vergrößert ist, hat sie andererseits auch Risse, wie die Zungen vieler anderer mit ihren Symptomen.
    »Das ist eine wunderschöne Puppe«, sagt Moongirl.
    »Ich mag sie.«
    »Sie hat einen so hübschen Mund.«
    »Ich mag ihre Augen.«
    »Wenn sie sprechen könnte, hätte sie bestimmt eine hübsche Stimme.«

    »Ich nenne sie Monique.«
    »Wo hast du diesen Namen denn aufgeschnappt?«
    »Im Fernsehen.«
    »Kannst du Monique buchstabieren?«
    »Nicht ganz.«
    »Du meinst, gar nicht, hm?«
    »Gar nicht«, gibt das Kind zu.
    »Das macht doch nichts.«
    Im Schein der Lampe haben die Züge des Kindes, wie in jedem anderen Licht, die weichen, schweren Konturen, die man mit geistig Zurückgebliebenen in Verbindung bringt.
    »Wenn ihr Name Jane wäre«, sagt Moongirl, »könntest du ihn auch nicht buchstabieren, oder?«
    »Vielleicht könnte ich es lernen.«
    Die schräg abfallende Stirn, die senkrechten Hautfalten am inneren Augenwinkel, die Ohren, die tief an einem Kopf angesetzt sind, der zu klein ist, um im richtigen Verhältnis zum Körper zu stehen – all das sind bezeichnende Merkmale des Down-Syndroms.
    »Du glaubst, du könntest es lernen?«, fragt Moongirl.
    »Ein bisschen, glaube ich.«
    »Lesen und Schreiben?«
    »Vielleicht.«
    Nach ein paar Wochen hatte Harrow gelernt, Sanftmut im Gesicht der Tochter zu sehen, einen Liebreiz, der sie weniger fremdartig wirken ließ, als sie ihm anfangs erschienen war.
    »Wie würdest du es lernen?«
    »In der Schule.«
    »Ach, Schätzchen«, sagt Moongirl mit geheuchelter Traurigkeit.
    »Ich würde mich anstrengen.«
    »Aber dort wollen sie dich nicht haben.«

    »Ich wäre brav.«
    »Brav, aber blöd, Schätzchen.«
    Das Kind sagt nichts.
    »Die wollen dort keine Blöden haben.«
    Als es gemeinsam mit seiner Mutter in Harrows Leben trat, schien das Kind echte Tränen längst hinter sich gelassen zu haben. Auch jetzt sind seine Augen klar.
    »Das ist ungerecht, nicht wahr?«, sagt Moongirl.
    »Ja.«
    »Du hast nicht darum gebeten, blöd zu sein.«
    In der letzten Zeit sieht Harrow in dem missglückten Gesicht des Kindes manchmal etwas, das nicht Schönheit ist, ihr aber ähnelt. Das Wort, mit dem sich diese Eigenschaft am besten beschreiben lässt, entzieht sich ihm, und daher denkt er daran nur als »Der Blick«.
    »Niemand bittet darum, blöd und hässlich zu sein.«
    Unermüdlich näht das Kind den Saum des Puppenkleidchens um, zieht das weiße Garn durch weißen Stoff, mit einer Reihe von präzisen und identischen Stichen, die Harrow das Wort Reinheit durch den Kopf gehen lassen, obwohl er nicht weiß, warum.
    Er wendet seine Aufmerksamkeit wieder dem Gesicht des Mädchens zu, aber das Wort, mit dem sich die Essenz des »Blicks« einfangen ließe, ist nicht Reinheit .
    »Essenszeit«, sagt Moongirl.
    »Gleich«, erwidert das Kind.
    »Nein, Schätzchen. Jetzt.«
    Harrow ist fasziniert von dieser Beziehung zwischen Mutter und Tochter, denn darin sind die Antworten enthalten, mit denen er die festesten Knoten von Moongirls Wahnsinn entwirren könnte.
    In einem Tonfall,

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