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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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mir zu helfen, das, was ich gesehen habe, zu Papier zu bringen.«
    »Du hast etwas in Nickies Augen gesehen? Was meinst du damit? Was hast du in ihren Augen gesehen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe es sehr stark empfunden. Irgendetwas. « Er breitete die vier letzten Zeichnungen, die abstraktesten Darstellungen, auf dem Tisch aus, damit sie sie gemeinsam betrachten konnten. »Was siehst du, Amy? Was siehst du hier?«
    »Licht, Schatten, Formen.«

    »Sie haben etwas zu bedeuten. Aber was haben sie zu bedeuten? «
    »Ich weiß es nicht. Sie sind jedenfalls wunderschön.«
    »Sind sie das? Der Meinung bin ich auch. Aber warum? Warum sind sie schön?«
    »Sie sind es ganz einfach.«
    »Du hast gesagt ›Formen‹. Was für Formen sind das, die du siehst?«, hakte Brian nach.
    »Einfach nur Formen, Umrisse. Schatten und Licht. Nichts Reales.«
    »Es ist aber etwas Reales«, widersprach er ihr. »Ich kriege es nur nicht ganz hin, dieses Etwas wirklich zu zeichnen. Es ist beinah da, hier auf diesen Blättern, aber ich bekomme es nicht zu fassen; es entzieht sich mir.«
    »Was ist sonst noch passiert, Brian? Worüber hast du dich dermaßen aufgeregt?«
    »Ich habe mich nicht aufgeregt. Ich bin gespannt, verwundert, verwirrt, erschrocken, aufgewühlt, aber aufgeregt habe ich mich nicht.«
    »Tja, aber mich hast du total aufgeregt.«
    »Halluzinationen. Ich vermute, das muss es gewesen sein. Akustische Halluzinationen. Aufgrund meiner Erschöpfung. Dieses entsetzliche Geräusch. Ich kann es gar nicht beschreiben. Ganz entsetzlich, aber gleichzeitig … einfach wunderbar. «
    Als er von Halluzinationen sprach, rechnete er damit, dass sie ihn schief ansehen würde, aber sie tat es nicht. Seine Intuition sagte ihm, dass auch sie etwas zu erzählen hatte.
    »Und Schatten«, fuhr er fort. »Schatten, die rasch vorüberzogen und gleich darauf wieder verschwunden waren. Und es war nichts zu sehen, das diese Schatten hätte werfen können. Meine Augen haben geschmerzt. Ich dachte, ich
bräuchte Schlaf. Komm mit. Ich muss dir noch was zeigen. «
    »Was musst du mir zeigen?«
    Er nahm sie an der Hand, und als er sie aus der Küche in den Flur führte, sagte er: »Das Schlafzimmer. Das Bett.«
    »Aber hallo. Mit der Tour kriegst du mich nicht in dein Bett.«
    »Das weiß ich selbst. Wer könnte das besser wissen als ich? Darum geht es überhaupt nicht. Ich muss dir etwas ganz Erstaunliches zeigen.« Er führte sie in sein Schlafzimmer und ans Fußende des Bettes. »Siehst du das?«
    »Ob ich was sehe?«
    »Es ist perfekt gemacht.«
    »Was?«
    »Das Bett. Perfekt gemacht, gründlich, ordentlich und vollkommen faltenfrei.«
    »Gratuliere. Wenn ich einen Verdienstorden hätte, würde ich ihn dir jetzt mit einem Fanfarenstoß anstecken.«
    »Ich erkläre das anscheinend nicht besonders gut.«
    »Fang nochmal von vorn an«, schlug sie vor.
    »Ich bin in Kansas geboren.«
    »Wenn das keine Rückkehr zu den Uranfängen ist.«
    »In Kansas, während eines Tornados.«
    »Die Geschichte habe ich schon mal gehört.«
    »Ich habe keine Erinnerungen an jene Nacht.«
    »War deine Geburt so langweilig? Oder konntest du nicht besser aufpassen?«
    »Ich habe natürlich viel über diese Nacht gehört. Von Grandma Nicholson und von meiner Mutter. Tausendmal haben sie es mir erzählt.«
    In einer windigen Nacht, eine Woche eher als von allen erwartet, hatten bei Angela, Brians Mutter, die Wehen eingesetzt. Kurz vor Mitternacht war die Fruchtblase geplatzt
und sie hatte John, Brians Vater, geweckt. Er zog sich gerade an, um sie ins Krankenhaus zu fahren, als die heulenden Sirenen vor einem Tornado warnten.
    Cora Nicholson, Angelas Mutter, war zu dem Zeitpunkt bei ihnen zu Besuch. Sie war aus Wichita angereist, um nach der Geburt behilflich zu sein. Als sie, ihre Tochter und ihr Schwiegersohn aus dem Haus gingen und sich auf den Weg zum Wagen machten, hatte der Wind sich von kräftigen Böen bereits zu einem Sturm aufgeschaukelt.
    Der Himmel, so schwarz und teuflisch wie ein Drachenei, barst und greller Dotter sprühte in Fontänen auf. Von einem Moment zum anderen stank die staubige Luft nach Ozon und bevorstehendem Regen.
    »In dem Traum«, sagte Brian, »war ich ein Beobachter. Nicht am Geschehen beteiligt. Hast du jemals einen Traum gehabt, in dem du nicht Teil des Geschehens warst, sondern nur andere Leute beobachtet hast?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht. Wenn ich es mir genauer überlege … aber vielleicht eher doch nicht.«
    »Ich kann mich

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