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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Daumen ihre Wangen streichelte. Diesem Vergnügen hatte sie sich stets so lange hingegeben, wie sich jemand
dazu bringen ließ, es ihr zu gewähren. Jetzt hielt Amy dieses bisher immer so komische Gesicht in ihren Händen und blickte in die ausdrucksvollen braunen Augen. Sie sagte zu Nickie: »Du bist der süßeste Hund, der jemals gelebt hat, und ich bin immer stolz auf dich gewesen, darauf, wie klug du bist und wie schnell du mit jedem Freundschaft schließt. Ich habe dich in jedem Moment geliebt und ich könnte eine Schwester oder mein eigenes Kind oder das Leben nicht mehr lieben als dich.« Während sie sprach, wurden die Spritzen verabreicht, und Nickie sah Amy in die Augen, als sie einschlief. Amy fühlte, wie der arme Körper zuckte, als das große Herz stehen blieb, einfach stehen blieb, und Nickie zu Gott ging, während das Licht Hunderter Kerzen über die Wände des Hofes flackerte, in Fenstern widerstrahlte und auf tränennassen Gesichtern schimmerte.Jede Kerzenflamme schien dasselbe zu sagen: Ein ganz besonderer Hund ist hier vorübergegangen und hat das Leben aller, die ihm begegnet sind, aufgehellt.
    Siebzehn Jahre später, als sie Brian all das erzählte, verspürte Amy einen Kummer, der fast noch so stechend war wie der Schmerz, den sie damals in der Abenddämmerung empfunden hatte. Obwohl sie in den dazwischenliegenden Jahren so viele Hunde in den Armen gehalten hatte, während sie eingeschläfert wurden, weinte sie, und ihre Stimme brach oft, als sie die Szene auf dem rechteckigen Hof schilderte.
    Eine Woche später hatte Schwester Jacinta, »Schwester Maus«, Amy das Medaillon mit dem Profil eines Golden Retriever geschenkt. Seitdem hatte sie es immer um den Hals getragen.
    Inzwischen kennzeichnet eine polierte, schwarze Granitplatte, poliert und schwarz, in der Mitte des Hofes die Stelle, an der eine Urne mit Nickies Asche liegt. Die in die Grabplatte
eingefügte Kamee ist identisch mit der in Amys Medaillon. Unter der Kamee sind folgende Worte eingemeißelt:
    ZUM GEDENKEN AN NICKIE,
DAS ERSTE MASKOTTCHEN DER MATER MISERICORDIAE,
DIE ALLES WAR, WAS EIN GUTER HUND SEIN SOLLTE.
    Brian sagte: »Jetzt verstehe ich dich viel besser – deinen Einsatz für Hunde, die Risiken, die du auf dich nimmst. Dein Leben war das reinste Chaos und Nickie hat Ordnung in dieses Chaos gebracht, Ordnung und Hoffnung. Du begleichst diese Schuld.«
    Alles, was er gesagt hatte, entsprach der Wahrheit, aber die Geschichte, die sie ihm hatte erzählen wollen, war noch nicht zu Ende.
    Ihm zu erzählen, was nach dieser Nacht in dem rechteckigen Hof kam, erforderte weitaus mehr Mut. Sie hatte seit mehr als acht Jahren mit niemandem darüber geredet.

    Amy war müde und erschöpft. So viel war innerhalb von vielleicht neunzehn Stunden vorgefallen und höchstwahrscheinlich stand ihnen ein weiterer anstrengender und emotional belastender Tag bevor.
    Obwohl sie sich zum Ziel gesetzt hatte, ihm alles zu erzählen, konnte sie ihr Vorhaben nicht zu Ende führen. Es war besser, wenn sie erst einmal abwartete, bis sie Brians Tochter gefunden und sie in sein Leben geholt hatten, an den Ort, wo sie hingehörte.

47
    Gunther Schloss, Auftragsmörder, Pilot und fröhlicher Anarchist mit einer Ehefrau in Costa Rica und einer zweiten in San Francisco, hatte noch eine Freundin in Santa Barbara. Sie hieß Juliette Junke, sprich: Junkie , was die reinste Ironie war, da sie den Gebrauch illegaler Drogen so vehement ablehnte, dass sie einmal zwei kleine Rauschgifthändler kastriert hatte, weil sie ihrer Nichte in der Schule Marihuana verkauft hatten.
    Juliette Junke machte Geschäfte unter dem Namen Juliette Churchill. Sie war Leichenbestatterin. Sie, ihre Schwester und ihre beiden Brüder waren die Besitzer des Bestattungsinstituts Churchill. Es war eine elegante und stattliche Einrichtung mit vier Abschiedsräumen, die häufig gleichzeitig in Gebrauch waren.
    Obwohl das Geschäft mit Beerdigungen gute Gewinne abwarf, schmuggelte der Churchill-Clan nebenbei in Schwarzarbeit Terroristen – und auch anderes – in die Vereinigten Staaten und aus dem Land hinaus, in eigens für diesen Zweck angefertigten Särgen, die mit Sauerstoffflaschen und einem ausgeklügelten System zum Auffangen und zur Aufbewahrung des Urins der darin transportierten Terroristen ausgerüstet waren.
    Viele blutrünstige Gangster überquerten die unbewachte Grenze einfach zu Fuß oder benutzten internationale Airlines und passierten – in T-Shirts mit dem Aufdruck TOD

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