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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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und Heather das Seil auseinander und zogen sich wieder an. Kerri fiel auf, dass Javier selbst in dieser misslichen Lage Blicke sowohl auf ihren als auch auf Heathers spärlich bekleideten Körper warf.
    »Danke«, sagte Javier, als er wieder normal atmen konnte.
    »Wie schlimm ist es?«, fragte Heather und wischte ihm winzige Glassplitter aus den Haaren.
    »Keine richtig tiefen Schnitte. Größtenteils Kratzer. Hätte viel schlimmer ausgehen können.«
    »Lasst uns nach Brett sehen«, meldete sich Kerri zu Wort.
    Sie eilten hinaus in den Korridor und knieten sich neben ihren Freund. Brett war bei Bewusstsein, litt aber offensichtlich starke Schmerzen und schien sich in einem Schockzustand zu befinden. Seine Zähne klapperten unkontrolliert, sein Gesicht schimmerte blass. Ungeachtet dessen lächelte er, als er sie kommen sah.
    »Du siehst scheiße aus«, meinte er zu Javier.
    »Du auch. Ich hoffe, du hast dir das Kennzeichen des Lasters gemerkt, der dich gestreift hat.«
    Kerri hörte die Anspannung in Javiers Stimme, obwohl er mit Brett zu scherzen versuchte. Sein Blick heftete sich auf die drei blutigen Stumpen an der Hand seines Freundes.
    Brett nickte in Richtung der Leiche der Mutantin. »Sieh’s dir ruhig selbst an. Kerri hat die Missgeburt erledigt.«
    Javier richtete sich auf, starrte auf die tote Kreatur und stupste sie mit der Schuhspitze.
    »Heather, mach ein Foto. Mein Handy liegt noch unten in der Grube.«
    Wortlos drückte Heather auf eine Taste ihres Handy und richtete den Bildschirm auf die Liliputanerin. Kerri hielt Bretts heile Hand und sah dabei zu. Aus nächster Nähe und unter Licht wirkte die Kreatur noch grausiger als zuvor in der Düsternis. Die Haut erschien teigig und bleich, gesprenkelt mit geröteten Bereichen, offenbar ausgeprägte Ekzeme. Das verbliebene Auge war nicht nur groß, sondern durch eine längliche, haselnussbraune Netzhaut und eine ungleichmäßige Pupille auch missgebildet. Im kalten Licht wirkte die Hornhaut leicht vergilbt.
    Die Nase der Frau verlief breit und flach, die Haut zog sich zu beiden Seiten zurück, um Platz für einen weitläufigen Schlitz von einem Mund und die dicken Zähne darin zu bieten. Der ebenfalls breite Kiefer stach kantig hervor. Nun verstand Kerri, weshalb die Kreatur Bretts Fingerknochen so mühelos hatte durchbeißen können. Kerris Angriff hatte jede mögliche Symmetrie im Gesicht des Geschöpfs zerstört, doch als sie es anstarrte, bezweifelte sie, dass es überhaupt für eine Symmetrie ausgelegt war. Das schüttere Haar entlang der Kopfhaut der Toten klebte an der Kieferpartie. Es ließ sich schwer abschätzen, wie alt die Mutantin gewesen sein mochte.
    Dann fiel Kerri etwas anderes auf. Beim Überfall in der Dunkelheit hatte sie auf etwas gebissen. Es musste sich um die Zunge ihrer Angreiferin gehandelt haben. Doch die Zunge der Frau am Boden entpuppte sich als unversehrt. Und während die Hand, die Kerris Gelenk umklammert hatte, mit langen, krallenartigen Fingernägeln versehen gewesen war, präsentierten sich die der Leiche vor ihr stumpf und rissig.
    Javier schüttelte den Kopf. »Zwerge. Riesen. Was kommt als Nächstes?«
    »Bleiben wir besser nicht, um es rauszufinden«, meinte Kerri. »Jedenfalls war sieʼs nicht, die mich vorhin angegriffen hat. Also sind es mindestens fünf, wenn wir die zwei mitzählen, die wir getötet haben, und die anderen zwei, die Brett gesehen hat.«
    »Brett«, flüsterte Javier. »Kannst du laufen?«
    Sein Freund leckte sich über die Lippen und nickte.
    »Wo ist dein Handy?«, fragte ihn Kerri.
    »Ich hab’s ausgemacht und in die Tasche gesteckt«, antwortete Brett. »Ich wollte nicht, dass der Akku schlappmacht. Unter Umständen brauchen wir es später noch.«
    »Also hast du hier im Stockfinstern gelegen?«
    »J-ja.«
    »Du Trottel.« Sie tätschelte seine Hand.
    »Wir können nicht in die Richtung zurück, aus der wir gekommen sind«, sagte Javier, dessen spanischer Akzent kurzzeitig deutlicher zum Vorschein kam. »Und wir können auch nicht weiter, es sei denn, wir wollen durch ein Meer von Glasscherben schwimmen.«
    »Und alle anderen Türen und Fenster sind zugemauert«, fügte Heather hinzu. »Wie also kommen wir aus diesem Drecksloch raus?«
    Kerri schauderte. Heathers Stimme klang schrill und gestresst.
    Brett stöhnte wieder. »Leute, ehrlich, ich brauche Verbände oder eine anständige Aderpresse.«
    »Und ich brauche ohnehin deinen Gürtel«, sagte Javier zu ihm.
    »Was? Warum?«, fragte Kerri

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