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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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zustimmendes Brummen von sich, während Brett stumm blieb.
    »Ich weiß, dass es dunkel ist, aber wir sollten trotzdem nur ein Telefon verwenden. So schonen wir für den Fall der Fälle bei den anderen die Akkus.«
    Sie murmelten widerwillig, fügten sich aber seinem Vorschlag.
    Javier ergriff Heathers Hand und legte sie hinten auf seine Jeans. »Halt dich an mir fest. Lass unter keinen Umständen los. Wir wollen hier unten ganz sicher nicht getrennt werden.«
    Sie hakte den Finger in eine Gürtelschlaufe. Als Javier das Handy anhob, um sie zu führen, tastete Heather nach Kerris Hand und legte sie auf ihre Hose. Anschließend wiederholte Kerri dieselbe Prozedur mit Brett. Sein verwundeter Arm hing schlaff an der Seite hinab. Kurz darauf setzten sie sich erneut in Bewegung. Javier führte sie mit kleinen, überlegten Schritten durch die Dunkelheit und ließ sich allein vom matten Schein des Telefons leiten. Der Gürtel baumelte von seiner Hand. Die Schnalle klatschte bei jedem Schritt gegen sein Bein.
    Er spürte, wie Heather an seiner Hose zog, als sie sich langsam vorwärtsbewegten, und er musste an eine andere Gelegenheit denken, bei der sie das getan hatte. Vor einem Jahr waren sie zu sechst ins County York zu einem Halloween-Spukhaus in LeHorns Hollow gefahren. An der Schule hatte es nach Ankündigung des Geisterrundgangs tagelang kein anderes Thema gegeben, und sie waren mit großen Erwartungen dort eingetroffen. Während sie in der Schlange gestanden und darauf gewartet hatten, Tickets zu lösen, steckte Heather plötzlich ihren Zeigefinger durch seine Gürtelschlaufe, zog ihn zu sich heran und küsste ihn tief und innig. Dass sie es so unverhofft tat, hatte ihn damals überrascht und gleichermaßen erregt.
    Leider war der Abend anschließend ins Wasser gefallen, weil auf dem Rundgang irgendein Tumult losbrach. Mehrere Menschen kamen dabei ums Leben. Die Polizei und die Feuerwehr trafen ein, und die Attraktion wurde geschlossen. Sie waren frustriert und geschockt nach East Petersburg zurückgefahren – alle außer Javier. Er hatte lächelnd mit einem Arm um Heather auf dem Rücksitz des Autos von Tylers Bruder gesessen, sie dicht an sich herangezogen und den Kuss in seinen Gedanken immer wieder abspielen lassen.
    Es handelte sich um eine Erinnerung, zu der Javier oft und gern zurückkehrte. Auch jetzt klammerte er sich daran fest, und das genügte, um ihn anzutreiben. Während sie voranschlichen, kam ihm Heather einige Male so nah, dass er ihren Atem im Nacken spüren konnte. Im Gegensatz zu der unsichtbaren Brise, die durch die Finsternis wehte, fühlte er sich warm an. Javier wünschte, er könnte herausfinden, woher der Luftzug stammte. Er ging jede Wette ein, dass sie eine Fluchtmöglichkeit fanden, wenn sie ihn zum Ausgangspunkt zurückverfolgten.
    Während er immer noch aufmerksam auf ein Anzeichen dafür lauschte, dass Noigel ihre Verfolgung aufgenommen hatte, streckte er das Display höher in die Luft, um mehr zu sehen. Es herrschte keine totale Finsternis, aber fast. Javier hielt die Augen weit offen, konzentrierte sich auf die Schwärze vor ihnen und benutzte die rechte Hand, um sich an der kalten, feuchten Kellerwand entlangzutasten. Seine Finger strichen über Ritzen und Spalten und zerrissen Spinnennetze. Er stieß auf eine Ecke und fühlte einen Moment lang umher, bevor er beschloss, nach links zu gehen. Das schien ihm sinnvoll zu sein, denn er glaubte zu wissen, dass die Straße in dieser Richtung lag. Hoffentlich auch die Außenmauer des Hauses und womöglich eine Tür zur Sturmsicherung oder zumindest ein Zugang zur Kanalisation.
    Ihm kam der Gedanke, dass ein so altes Haus aller Wahrscheinlichkeit nach über einen an den eigentlichen Keller angeschlossenen Kohlenverschlag oder Rübenkeller verfügte – Zugangspunkte, die man in der Vergangenheit gebraucht hatte. Sofern es sie gab, konnte er nur hoffen, dass die Freaks, die hier lebten, sie nicht ebenfalls verbarrikadiert hatten. Hier unten musste es einen anderen Weg nach draußen geben. Brett hatte gehört, wie die irren Bewohner des Gebäudes darüber gesprochen hatten, und es ergab auch Sinn. Die Kreaturen, die hier hausten, konnten ja schlecht zur Vordertür hinauswandern, wo sie jeder sehen konnte. Es musste ein verborgener Ausgang existieren.
    Allerdings hatte er vorläufig nicht viel Glück dabei, ihn zu finden.
    »Manchmal läuft’s einfach scheiße«, murmelte er sein Mantra im Glauben, die anderen könnten ihn nicht

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