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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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hören.
    »Ja«, pflichtete Kerri ihm bei. »So ist es. Und heute Nacht läuft es besonders scheiße für uns.«
    Javier wollte gerade antworten, als er unverhofft auf eine Öffnung in der Wand stieß. Die leichte Brise, die daraus hervorwehte, wurde stärker. Ein moschusartiger Geruch nach Alter, Schimmel und etwas, das er nicht recht einzuordnen vermochte, schwang darin mit. Er fuhr über den Rand der Öffnung und stellte fest, dass es sich ohne Weiteres um genau das handeln konnte, wonach sie gesucht hatten. Javier hielt das Mobiltelefon hoch, trat vor und tastete die Wand ab. Die Holzbretter verschwanden und wichen einer harten, verdichteten Lehmoberfläche.
    »Was ist denn jetzt los?«, entfuhr es ihm leise, dennoch erklang seine Stimme lauter als erwartet. Insgeheim schalt er sich dafür, genau das getan zu haben, wofür er Heather zurechtgewiesen hatte. Er streckte die Hand aus und berührte die Stelle, suchte nach einem Hinweis darauf, dass die Veränderung einen durchbrochenen Abschnitt der Mauer oder einen Ausgang kennzeichnete. Der Luftzug blies ihm kräftig ins Gesicht. Heather drängte sich ganz eng an ihn. Ihre Brüste glitten über seinen Rücken, ihre Hände wanderten hinauf und berührten seine Schultern. Hätte er sich zu ihr umgedreht, wären sie einander nah genug gewesen, um sich zu küssen.
    »Entschuldige.« Heathers Stimme ertönte als raues Flüstern. Dann drehte sich ihr Körper abrupt um, ihr Tonfall wurde schärfer.
    »Pass doch auf!«
    Kerri antwortete lauter und noch eindringlicher. »Ich kann nicht. Brett ist hier hinten ziemlich wacklig auf den Beinen. Alles in Ordnung?«
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Brett und hörte sich dabei lallend an. Ungeheuer erschöpft. »Hab das Gleichgewicht verloren.«
    Javier schüttelte den Kopf und presste verärgert die Lippen aufeinander. Er wollte die anderen gerade daran erinnern, zu flüstern, als von irgendwo weit vor ihnen aus den Tiefen der Dunkelheit ein neues Geräusch ertönte – ein lang gezogenes, an- und abschwellendes Heulen. Ein Laut, der im Keller eines verfallenden, viktorianischen Hauses mitten in der Stadt so fehl am Platz wirkte wie ein Kanonenschuss in einem Beichtstuhl. Das Heulen hörte sich nicht nach einem Wolf an, eher nach einer menschlichen Kehle, die einen Wolf mit mäßigem Erfolg nachahmte.
    Javier erstarrte. Sein Herz hämmerte wild in der Brust. Er spürte, wie sich Heather hinter ihm abrupt aufrichtete und seine Schultern fester umklammerte. So behutsam wie möglich, aber entschlossen schüttelte er sie ab und lauschte aufmerksam, bemühte sich, die Entfernung oder zumindest die allgemeine Richtung abzuschätzen, aus der die Laute kamen. Er vermutete, dass sie aus mindestens 100 Meter Entfernung und von vorne kamen.
    »Was um alles in der Welt war das?« Bretts zittrige Stimme klang völlig verängstigt. Das Echo des Geheuls hallte noch immer durch den Keller.
    Javier zuckte erneut zusammen. »Haltet alle mal die Klappe.«
    Er lauschte dem anhaltenden Ton. Er verriet ihm mehr als das eigentliche Geheul. Unmittelbar vor ihnen musste sich ein Tunnel befinden – dem Echo nach zu urteilen ein ziemlich langer Tunnel. Javier runzelte die Stirn und fragte sich, in was für einem merkwürdigen Keller sie hier gelandet waren. Bevor er seine Gedanken den anderen mitteilen konnte, drang erneut ein Heulen durch die Dunkelheit, doppelt so laut wie vorher.
    Und näher. Viel näher.
    Darauf folgte ein weiterer Schrei in einer anderen Tonlage und mit anderer Modulation.
    Dann noch einer.
    Und ein weiterer.
    Mindestens fünf Stimmen hallten durch die Dunkelheit.
    Javier schloss die Augen. Seine Haut kribbelte. Die durch die Wand heranwehende Luft stank immer schlimmer.
    Sie hörten, wie sich hinter ihnen die Kellertür öffnete. Das einfallende Licht aus der Küche reduzierte die Finsternis. Dann donnerten allzu vertraute, schwere Schritte die Stufen herab. Noigel stieß seinen gellenden Ruf aus, in den andere einstimmten.
    »Oh Scheiße«, brachte Heather stöhnend hervor. »Wir sind so was von im Arsch!«
    Brett ließ sich kurzzeitig davon ablenken, wie sich Kerris Körper direkt vor ihm anfühlte. Ja, es war falsch. Das wusste er. Umso mehr, da seine Freundin und ihr Freund tot waren – ermordet. Und ihre Leichen befanden sich irgendwo in diesem höllischen Drecksloch. Aber über Kerris Körper nachzudenken und das Gefühl auf sich wirken zu lassen, wie ihre Hüften bei jedem Schritt gegen seine Hand wogten, lenkte ihn von

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