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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Schmatzlaute an den Zehen.
    Der Atem stockte ihr in Kehle und Brust, und Kerri spürte, dass sich Tränen den Weg bahnten. Nicht dass es in der pechschwarzen Grube eine Rolle gespielt hätte. Sie rannte ohnehin blind umher. Jedenfalls wurde alles zu viel für sie. Wie konnte der Abend nur so entsetzlich aus dem Ruder laufen? Wie hatte alles angefangen? Noch an diesem Vormittag hatte sie über das College und ihre Beziehung mit Tyler nachgedacht. Nun war Tyler tot, und das College ...
    College gehörte zu den Dingen, die sie vermutlich nicht mehr erlebte.
    Außer Atem verlangsamte sie die Schritte, blieb jedoch nicht stehen. Wieder bestürmten sie unaufgefordert Bilder von Tyler und Steph. Vor ihren Verfolgern konnte sie sich in der Dunkelheit verstecken, aber vor ihren Erinnerungen gab es kein Entkommen. Sie verdrängte die Gedanken an Tyler und Stephanie und konzentrierte sich stattdessen auf ihre Familie.
    Sie war vier Jahre alt, und das Gesicht ihres Vaters wirkte wütend, was ihr vor Augen führte, dass es nie einen guten Zeitpunkt dafür gab, sich dumm anzustellen. Er hob die zerbrochenen Überreste des Glases auf, das sie fallen gelassen hatte. Er schlug ihr kurz auf die Hand, doch der missbilligende Ausdruck in seinen Zügen beunruhigte sie viel mehr. Er war an sich ein wunderbarer Mann, sanftmütig, herzlich und liebevoll, Dummheit und Ignoranz jedoch verzieh er niemandem.
    Wie er wohl auf die Lage reagieren würde, in der sie sich gerade befand? Redete er ihr ein, dass sie selbst die Schuld daran trug – dass sie auf ihn hätte hören sollen, als er ihr immer und immer wieder predigte, dass Tyler nicht gut für sie sei und ihr nur Ärger einbrachte? Natürlich hatte ihr Daddy eher daran gedacht, dass sie schwanger werden, einen Autounfall haben oder im Gefängnis landen könnte. Ihr praktisch veranlagter, geradliniger Herr Papa hätte sich wohl nie vorstellen können, dass ihre Beziehung mit dem verruchten Jungen von East Petersburg zur Gefangenschaft seiner Tochter in einem Schlachthaus mitten in der Stadt führen könnte, wo eine Horde mutierter Freaks sie wie ein Kaninchen jagte.
    Kerri schreckte aus ihren Grübeleien hoch, als ihre Fingerspitzen eine Wand streiften. Sie hielt an und lauschte auf Verfolgungsgeräusche, doch in der Kammer herrschte mittlerweile gespenstische Stille. Waren ihre Angreifer immer noch in der Nähe und lauerten in der Dunkelheit? Spielten diese Mistkerle bloß mit ihnen? Wollten sie Kerri und ihre Freunde in den Glauben versetzen, sie hätten eine Chance zu entkommen, bevor sie letztlich aus der Deckung sprangen und sie ebenso töteten wie Tyler und Steph? Kerri wischte die Tränen weg und schloss die Augen. Ihre Beine schmerzten, die Lungenflügel brannten. Sie fühlte sich sowohl körperlich als auch emotional ausgelaugt. Auf einmal kümmerte es sie nicht mehr, ob sie gefunden wurde. Sie musste sich ausruhen.
    Kerri lehnte sich gegen die Wand. Glitschiger, feuchter Lehm sickerte durch ihre schmutzige Jeans. Trotz der prekären Lage wurde Kerri neugierig. Sie untersuchte die Wand mit den Händen, tastete sie ab. Eigentlich hatte sie mit Steinblöcken gerechnet, schließlich bestanden die Kellerwände daraus. Das hatte sie wahrgenommen, als sie das Gewölbe betraten. In diesem Teil des unterirdischen Labyrinths jedoch verkleideten rohe Holzbretter die Wand. Breite Lücken ließen die feuchte Erde als zähen Matsch hervorquellen. So nah an der Wand hing ein durchdringender, abgestandener Geruch in der Luft, der sich in Kerris Kehle sammelte. Sie versuchte, ein Husten zu unterdrücken, weil sie ihren Aufenthaltsort nicht preisgeben wollte, und bewegte sich ein Stück nach rechts. Dabei geriet sie mit beiden Füßen in eine weitere Pfütze, breiter und tiefer als die vorherige. Sie schlang die Arme um die Schultern und schauderte, als erneut kaltes Wasser in ihre Schuhe eindrang. Das klatschnasse Gefühl machte alles nur noch schlimmer.
    »Scheiße.«
    Ihre Stimme erklang leise, selbst für die eigenen Ohren kaum vernehmbar, dennoch schien es jemand zu hören. Einer ihrer Verfolger heulte in der Nähe auf. Schnuppergeräusche wie die eines Hundes drangen an Kerris Ohren. Sie sank auf die Knie und begann, durch den nassen Lehm davonzukriechen. Der Untergrund schmatzte dabei zwischen ihren Fingern. Den Kellerboden gab es nicht mehr. Sie befand sich ... irgendwo anders. Sie wusste nicht, wo. Vielleicht in einer Höhle. Überall schien Wasser zu sein und ihre Hände glitschten durch

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