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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Werkzeuggürtel.
    »Du lügst.« Der Zweiköpfige seufzte. »Du sagst, du hast dich verirrt, aber du bist mit Werkzeug gekommen. Du bist hier, um die Abwasserrohre zu reparieren.«
    »Nein«, widersprach Paul. »Ich arbeite nicht für die Stadt. Um Himmels willen, ich komme aus Uniontown! Ich bin nur hier, weil ...«
    »Es spielt keine Rolle. So oder so müssen wir dich töten.«
    Die Aussage löste einen neuerlichen Schwall von Flehen und Weinkrämpfen bei Paul aus, aber seine Kidnapper weigerten sich, darauf zu reagieren. Sie stapften unbeirrt weiter, wirkten dabei geradezu methodisch. Einige trugen schlichte Laternen, andere Taschenlampen. Die meisten waren nackt oder mit einer Art getrocknetem rotem Lehm überzogen. Ein paar trugen zerfledderte, dreckige Kleidungsfetzen. Eine Kreatur – ein Kind oder ein weiterer Zwerg, er konnte es nicht sagen – sah besonders bizarr aus. Das Geschöpf präsentierte sich von der Hüfte abwärts nackt und steckte lediglich in einem einst weißen T-Shirt mit der Aufschrift: ICH HATTE KRABBEN AUS PHILLIPSPORT, MAINE . Eine andere Gestalt lief splitternackt durch die Gegend, trug aber auf dem Kopf eine verkehrt herum aufgesetzte Mütze mit dem Logo von Globe Package Service. Paul überlegte, ob die vereinzelten Kleidungsstücke von früheren Opfern stammten und welches Schicksal ihre einstigen Besitzer ereilt haben mochte.
    Seine Gedanken wanderten zu Lisa, Evette und Sebastian. Leise schluchzte er und fragte sich, ob er sie je wiedersehen würde, ob sie ihn vermissten, ob sie je herausfanden, was ihm widerfahren war, und wie sie ihr Leben ohne ihn weiterführten. Zwar hatte er sich nicht mit seinem Los abgefunden – noch nicht –, allerdings wirkte die Lage auch nicht besonders rosig. Die Stricke um seine Hand- und Fußgelenke schienen sehr stabil zu sein. Zerreißen konnte er sie unmöglich. Außerdem wirkten einige seiner Kidnapper körperlich durchaus imposant. Vor zehn Jahren wäre er ihnen vielleicht gewachsen gewesen, aber mittlerweile befand er sich im mittleren Alter und sein Körper hatte abgebaut. Er schwor einem Gott, an den er nicht mit letzter Überzeugung glaubte, dass er sein Leben in Ordnung bringen würde, wenn er lebend hier herauskam. Er wollte sich wieder einen richtigen Job besorgen, etwas Legales, und seine Familie gut behandeln. Sicher, er hatte das Stehlen von Altmetall damit gerechtfertigt, dass er sich um sie kümmern musste, aber was hatte es ihm letztlich eingebracht?
    Paul weinte. Seine breite Brust zuckte bei jedem zittrigen, angestrengten Atemzug.
    Die stete Brise blieb bestehen. Der Gestank seiner Kidnapper war widerlich, aber in der Luft hingen auch andere Gerüche. Schimmel. Ein erdiges Aroma – vielleicht Lehm oder irgendwelche Minerale. Und noch etwas, das an in einer Bratpfanne brutzelndes Schmalz erinnerte. Erst als eine der Laternen flackerte und zischte, erkannte er, worum es sich bei dem Geruch handelte. Sie benutzten Fett als Brennstoff. Paul beschlich das entmutigende Gefühl, zu wissen, von welchen Lebewesen das organische Material stammte. Galle stieg ihm beißend in die bereits wunde Kehle. Er öffnete den Mund, um erneut zu schreien, verkniff es sich jedoch, als sie plötzlich anhielten.
    Sie waren in eine weitläufige unterirdische Kammer gelangt – eine richtige Kalksteinhöhle wie jene, die er einige Male mit den Kindern besucht hatte. Die Grotte präsentierte sich hell erleuchtet. Feuer flackerten in etlichen über die gewaltige Fläche verteilten, rostigen 200-Liter-Fässern. Stalaktiten und Stalagmiten sprenkelten die Felslandschaft. Paul ertappte sich dabei, über den Unterschied zwischen beiden nachzugrübeln, dann stieß er ein irres Lachen aus. Was zum Teufel spielte das für eine Rolle? Im Augenblick sollte Geologie wahrlich nicht seine vordringlichste Sorge sein. Dennoch flammten in seinem Geist Erinnerungen an die High School auf. Damals hatte er sich den Unterschied damit gemerkt, dass er Stalaktiten als ›Stalak-Titten‹ bezeichnete, weil sie hingen. Demzufolge wuchsen Stalaktiten von der Decke nach unten.
    Sein Gelächter verwandelte sich in ein ersticktes Schluchzen.
    In der Höhle hielten sich weitere Kreaturen auf. Einige lagen ausgestreckt und entspannt auf Steinblöcken, starrten ihn mit größtem Interesse und mit Belustigung an. Andere widmeten sich verschiedenen Aufgaben. Der Zweiköpfige und der Rest seiner Kidnapper trugen ihn in die Mitte der großen Kammer. Paul fiel eine Reihe von Stahlfässern auf,

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