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Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Titel: Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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wie möglich zu mir. Unsere Lippen trafen knapp aufeinander. Ich zerrte an den Ketten, bis ich dasGefühl hatte, dass meine Arme aus den Gelenken rissen, gewann aber einen weiteren halben Zentimeter. Ich presste meinen Mund auf Daniels.
    Es war mir egal, dass Gabriel bewusstlos in der Ecke lag oder dass Talbot draußen vor der Tür stand. Ich achtete nicht auf die Überwachungskamera in der Ecke. Ich küsste Daniel so, als wäre es das letzte Mal.
    Denn ich wusste, dass es das letzte Mal war.
    Am Morgen würde ich sterben, um die zu retten, die ich liebte.
    Die letzte Nacht
     
    Die nächsten Stunden dehnten sich aus und wurden zur längsten und zugleich kürzesten Nacht meines Lebens. Zum ersten und zum letzten Mal verbrachten Daniel und ich gemeinsam die Nacht – und konnten uns nicht einmal berühren. Das flackernde, dämmrige Licht über uns erstarb irgendwann. Daniel und ich lagen Seite an Seite auf dem Zementfußboden. Nur mit unseren Stimmen konnten wir einander im Dunkeln noch erreichen. Ab und an sprachen wir, manchmal verfielen wir in totales Schweigen. Wir wussten nicht, ob der andere vielleicht schlief, bis plötzlich einer von uns eine Frage stellte.
    Wir sprachen über alles Mögliche und nichts. Von den drängenden, universellen Fragen des Lebens bis hin zu den nichtigsten Dingen, die uns einfielen. Irgendwann fragte ich Daniel nach seinem Portfolio für Trenton, dasin nur wenigen Wochen fertig sein musste. Detailliert beschrieb er mir, wie er ein neues Design für Kopfhörer geplant und entworfen hatte.
    Ich erzählte ihm, wie die Arbeit an einem der Essays für Trenton den Wunsch in mir geweckt hatte, eine Superheldin zu werden.
    Daniel lachte. »Du wärst bestimmt eine tolle Superheldin. Besonders, wenn du dieses Outfit trägst. Was soll das eigentlich darstellen – Rotkäppchen und Wonder Woman in einer Person?«
    Ich kicherte. »Das hat April auch gesagt. Ich sehe bestimmt total lächerlich aus.« Irgendjemand hatte mir die Stiefel ausgezogen, bevor meine Knöchel gefesselt wurden. Allerdings war ich in diesem Moment dankbar, noch das Cape anzuhaben. In diesem dunklen kalten Raum diente es als leichte Decke.
    »Du siehst großartig aus«, meinte Daniel.
    »Du kannst mich doch gar nicht sehen.«
    »Aber die Erinnerung an dich ist in meinem Kopf. Sie hält mich warm.«
    Ich lachte verlegen und schwieg dann eine Weile. Ich fragte mich, wie lange Daniel mich in Erinnerung behalten würde, nachdem ich nicht mehr da wäre.
    Gabriels unruhige Atemzüge und sein Stöhnen durchbrachen die Stille des Raums. Immerhin wusste ich so, dass er lebte. Ich überlegte, wieso er mir gefolgt war, wenn er doch nicht kämpfen wollte. Wieso ihm überhaupt an mir gelegen war. Er war nach Rose Crest gekommen, um herauszufinden, ob ich die Göttliche war, die die Urbatsvom Fluch des Werwolfs befreien konnte. Doch warum war er nicht einfach wieder nach Hause gegangen, als er erfahren hatte, dass Daniels Kräfte zurückkamen?
    Plötzlich kam mir ein anderer Gedanke. »Hast du keine Angst?«, fragte ich Daniel leise. Ich wusste nicht, ob er schlief.
    »Hmm«, erwiderte er schlaftrunken.
    »Hast du keine Angst, dass du dich wieder in den Wolf verwandelst? Ich trage einen Mondstein. Er wird mir helfen, für eine Weile die Balance zu bewahren. Das ist alles so verrückt. Hast du keine Angst, dass du derjenige sein wirst, der sich verwandelt? Vielleicht solltest du den Anhänger zurücknehmen.«
    Daniels Ketten bewegten sich. Ich spürte, dass er sich auf die Seite legte, um mich anzusehen. »Das ist ja das Seltsame, Grace. Es ist ganz anders als zuvor. Ich habe wieder die Fähigkeit, Verletzungen zu heilen. Kraft und Geschwindigkeit kommen zurück. Auch meine Sinne schärfen sich. Aber obwohl ich vor Angst total ausgeflippt bin, ist mir im Laufe der letzten Tage klar geworden … dass ich den Wolf nicht mehr in mir spüre.«
    Ich holte tief Luft. »Dann bist du vielleicht doch geheilt.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Daniel. »Ich weiß es wirklich nicht.« Einen Augenblick war er still. »Es hat mich nicht überrascht, dass Caleb den Geruch meines Blutes nicht einordnen konnte. Ich frage mich … Ich frage mich, ob ich mich womöglich in etwas ganz anderes verwandle.«
    »Aber in was denn?«
    »Ich wünschte, ich wüsste es. Ich habe mein Blut untersuchen lassen. Das war es, womit ich mich in den letzten Tagen beschäftigt habe. Ich kenne jemanden, der in einem Forschungslabor in Columbus arbeitet. Er schuldete mir einen

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