Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)
und eine Frau, die an einem Tisch saßen und Karten spielten, schrien auf, als sie uns entdeckten. Ein zweiter Mann, der schlafend auf einem Sofa gelegen hatte, sprang mit einem Satz auf. Er wirkte gleichermaßen verwirrt und animalisch. Er trampelte auf uns zu und holte aus, um mich zu schlagen. Ich konnte seinen Angriff spielend abwehren und stieß ihn weg.
Die Frau warf den Tisch um, traf dabei versehentlich ihren Kumpan und stürzte sich auf Talbot. Talbot versetzte ihr einen Schlag in den Unterleib. Sie schwankte zurück, fletschte die Zähne und warf sich erneut auf ihn.
Der widerliche Dämonengeruch im Raum verursachte mir Übelkeit und Schwindel. Der animalische Typ fauchte mich an. Aufgrund seines Gestanks nach geronnener Milch, nahm ich an, dass er ein Gelal war. Er holte zu einem weiteren Schlag in Richtung meines Gesichts aus. Ich duckte mich und wollte ihm gerade einen Tritt gegen seine Beine verpassen, als ich im Augenwinkel etwas Stählernes aufblitzen sah. Ich drehte den Kopf und sah, wie Talbot ausholte und der Frau sein Schwert in die Kehle rammte. Mit dem Geräusch eines Messers, das in eine Wassermelone versenkt wird, drang das Schwert tief in ihr Fleisch – und trennte, begleitet von einer Fontäne aus Blut, ihren Kopf von ihrem Körper.
Talbot hatte ihr den Kopf abgeschlagen!
Ich schrie. Ich hatte nicht gewusst, dass ich in der Lagewar, so laut zu schreien. Talbot hatte diese Frau getötet! Ich würgte und sprang aus dem Weg, als ich den Kopf auf mich zurollen sah. Ein Ausdruck totaler Überraschung lag auf dem Gesicht.
Was war hier gerade passiert? Was hatte Talbot getan?
Er hatte sie getötet!
Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, bevor wir hier hineingestürmt waren. Dass wir diese Kriminellen überwältigen und der Polizei überlassen würden? Vielleicht.
Aber ganz sicher nicht, dass wir sie umbrachten!
Der kopflose Frauenkörper machte einen weiteren Schritt auf Talbot zu, sank dann zu Boden … und zerfiel vor meinen Augen zu Staub. Ihr abgetrennter Kopf ebenso.
»Was hast du getan?!«, schrie ich Talbot an.
Dann traf mich die Faust des Gelals mitten ins Gesicht.
Ich flog nach hinten und knallte gegen einen Bilderrahmen an der Wand. Unter meiner Schulter spürte ich den Rahmen knirschen; das zerbrochene Glas stach mir in den Rücken. Ich sank auf die Knie. Völlig benommen sah ich den Raum vor meinen Augen verschwimmen, als der Mann auf mich zustürzte. Seine Finger endeten in spitzen Klauen, mit denen er nach meiner Kehle zielte. Talbot schleuderte das Schwert auf den Mann. Es drang in seinen Rücken ein, spießte ihn auf und trat an der Brust wieder heraus. Schwarze, ölige Flüssigkeit spritzte aus der Wunde in mein Gesicht. Wie Säure brannte sie auf meiner Haut. Ich versuchte sie wegwischen. Der Mann brach über mir zusammen, umklammerte wie ein Wahnsinnigerdas aus seiner Brust herausragende Schwert, schlitzte sich dabei jedoch nur seine eigenen klauenartigen Hände auf.
»Oh, Gott.« Ich kroch nach vorn und streckte die Hand aus, um ihm aufzuhelfen.
»Rühr ihn nicht an!«, rief Talbot. Er versuchte gerade, den Kerl fertigzumachen, der am Tisch gesessen hatte.
Der Mann vor mir erbebte in Todesqualen, richtete sich jedoch plötzlich wieder auf. Sein erstarrter Körper schwankte vor und zurück und explodierte dann in einem Schwall aus schwarzer Brühe. Ich sprang gerade rechtzeitig zur Seite, um der brennenden Säure auszuweichen. Zitternd versuchte ich auf schwankenden Beinen so weit wie möglich von diesem sauer stinkenden Chaos wegzukommen. Am Geländer der nach oben führenden Treppe stützte ich mich ab. Ich atmete viel zu schnell und mir drehte sich der Magen um. Ich war kurz davor, mich zu erbrechen, als mich jemand von hinten packte. Bevor ich reagieren konnte, lösten sich meine Füße vom Boden, und wer immer mich da gepackt hatte, schleuderte mich jetzt in Richtung Sofa. Ich landete auf dem Boden davor, hatte aber nicht mal Zeit für eine weitere Bewegung, bevor sich erneut jemand auf mich stürzte. Eine Frau mit pinkschwarzen Haaren und scharfen, spitzen Zähnen. Sie umklammerte meine Kehle.
Wo war sie bloß hergekommen?
Mir wurde klar, dass sie die Person sein musste, die sich oben aufgehalten hatte – was bedeutete, dass Jude überhaupt nicht hier war.
»Sieh ihr nicht in die Augen!«, hörte ich Talbot rufen.
Doch es war zu spät. Die Frau hatte ihren Blick in meine Augen versenkt. Ich konnte das Starren ihrer kohlschwarzen Iris nicht
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