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Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Titel: Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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gehabt. Immerhin hatte Talbot die Polizei gerufen, sodass die Leiche gefunden und weggebracht werden konnte. Lediglich das Wissen, dass ich in gewisser Weise dazu beigetragen hatte, die Dämonen zu vernichten, die ihn getötet hatten, hielt mich davon ab, Tränen über den Tod eines mir völlig fremden Menschen zu vergießen.
    Claire unterzog meine Sachen noch einmal einer eingehenden Prüfung. »Was für Ungeziefer musstet ihr da eigentlich killen?«
    »Oh, ziemlich große, eklige Viecher«, antwortete ich und formte nur für April sichtbar mit den Lippen das Wort ›Dämonen‹.
    ›Oh‹, mimte sie zurück. Sie fasste nach Claires Arm und zog sie zum Bus. »Lass uns mal keine große Sache aus Graces ekligem Auftrag machen. Du willst die Leute doch wohl nicht eifersüchtig machen oder so was«, sagte sie und lachte verlegen.
    »Aber ich möchte wissen, was …«, erwiderte Claire, während April sie die Busstufen hinaufschob.
    »Hey, wusstest du, dass Jeff Read dich in diesem Sweater ganz scharf findet?«
    Ich folgte ihnen in den Bus, setzte mich hinter sie und hörte zu, während sie darüber quatschten, was Jeff Read in letzter Zeit sonst noch so über Claire gesagt hatte. Ich lächelte und nickte an den passenden Stellen, aber ich hatte wirklich keine Lust mehr zum Reden.
    Als wir auf den Schulparkplatz einbogen, sah ich Gabriel, der an der Vordertür auf uns wartete. Ich hatte vielleicht Claire über die Schäden an meinem Hemd belügen können, doch Gabriel wäre mit Sicherheit ein weitaus kritischerer Beobachter – abgesehen davon, dass er wahrscheinlich den Gestank der Gelals und Akhs, der noch in meinem Haar haftete, riechen konnte. Also lief ich schnurstracks auf Dads Corolla zu, der auf dem Parkplatz der Pfarrkirche stand.
    Aus dem Rucksack zog ich meine Hausschlüssel, an deren Ring zufälligerweise auch der Wagenschlüssel hing. Ich hoffte, dass es Dad nichts ausmachte, wenn ich mir den Corolla auslieh, um nach Hause zu kommen. Ich rief ihn sogar an und hinterließ eine Nachricht auf seiner Mailbox, damit er informiert war. Er konnte noch immer den Lieferwagen nehmen, wenn er keine Lust hatte, nach Hause zu laufen.
    Ich parkte in der Einfahrt und rannte ins Haus. Mom rief mir aus der Küche – der herrliche Duft ihrer Schweinelendchen in Marsala-Sauce stieg mir in die Nase – etwas zu, doch ich tat so, als hörte ich nichts und stürzte ins Badezimmer. Dort zog ich mir das scheußliche Hemd aus, wickelte es in das Handtuch, mit dem ich im Haus des alten Mannes alles abgewischt hatte, und stopfte das Bündel in die Tiefen des Badezimmermülleimers. Dann zog ich auch meine restlichen Sachen aus und stellte mich unter die Dusche.
    Ich shampoonierte und spülte mein Haar dreimal, bevor ich glaubte, dass die ekligen Gerüche des Nachmittagsfortgewaschen waren. Was ich hingegen nicht abschrubben konnte, waren die Erinnerungen, die mich nun nicht mehr losließen. Ich hatte die Spuren an einem Tatort verwischt, hatte beobachtet, wie ein Dämon direkt vor mir gestorben war, hatte den Ausdruck auf dem Gesicht des körperlosen Kopfes gesehen und war in der Nähe gewesen, als Talbot die Leiche fand. Ich schrubbte und schrubbte, setzte mich sogar mit angezogenen Beinen unter die Dusche und ließ das kochend heiße Wasser auf mich herabregnen. Doch so sehr ich es auch versuchte, ich konnte diese Bilder nicht aus meinem Kopf spülen.
    Mein Leben hatte sich in den letzten Stunden verändert.
    Ich hatte mich verändert.
    Ich kam mir wie eine andere Person vor. Ein Teil von mir sehnte sich nach Daniels starken Armen, die mich in seine tröstende Umarmung hätten ziehen können. Ich wollte, dass er mir sagte, es sei völlig in Ordnung, wenn ich jetzt anders war. Dass er mich, egal was passiert war, noch immer liebte.
    Als das Wasser kalt wurde, stieg ich aus der Dusche und zog mir saubere Sachen an. Ich hatte vor, mich für den Rest des Abends in meinem Zimmer zu verstecken. Von den Geschehnissen des Nachmittags schwirrte mir der Kopf noch immer so sehr, dass ich befürchtete, man könne mir ansehen, dass ich etwas verbarg, wenn ich zu viel Zeit mit irgendwem verbrachte. Jeder hätte die Veränderung in mir bemerkt.
    Ich wollte mich gerade an die Hausaufgaben setzen, als Charity an die Tür klopfte.
    »Was gibt’s?«, fragte ich.
    »Abendessen«, sagte sie und warf mir von der Tür aus einen seltsamen Blick zu.
    »Ich hol mir später ein paar Reste.« Ich drehte mich weg und starrte auf mein Buch. »Ich hab viel zu

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