Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)
Daniel zusammen sein könnte.
Während wir fuhren, sprach niemand, außer Pete, der sich darüber beklagte, zuviel für seine Getränke bezahlt zu haben – nicht gerade die Sorgen eines Menschen, der einen inneren Dämon bekämpft. Ich versuchte, alle Gedanken an Monster und Wölfe zu vergessen, und konzentrierte mich darauf, den quälenden Abend vor mir zu überstehen. Immerhin würden wir erst zum Ende der Party auftauchen und könnten danach direkt nach Hause fahren.
Als ich die Main Street hinunter in Richtung unserer Schule fuhr, sah ich eine Reihe von Streifenwagen vor dem Day’s Supermarkt stehen. Ihre blauen und roten Lichter warfen unheimliche Schatten auf die grünen Markisen des Ladens.
»Das sind Polizisten aus der Innenstadt«, sagte April. Wie ein ängstliches Hündchen streckte sie den Kopf aus dem Fenster. »Ich wüsste zu gern, was da los ist.«
Ich hielt den Wagen vor Brighton’s Laden an, der genau gegenüber von Day’s liegt. Dichter kamen wir nicht heran. Ein uniformierter Beamter spannte gerade ein Absperrband vor die Einfahrt zum Parkplatz des Supermarkts, und ein paar Schaulustige hatten sich bereits eingefunden. Bis jetzt konnte es sich noch nicht weit herumgesprochen haben, denn ansonsten wäre schon die halbe Stadt da gewesen.
»Da ist Don«, sagte ich und zeigte auf ihn. Er knetete die Supermarktschürze in seinen Riesenhänden und sprach mit einem dunkelhaarigen Mann in Anzug. Der Mann klopfte Don auf die Schulter und ging in den Laden hinein.
»Wo ist Mr Day?«, fragte April.
›Wo ist Daniel?‹ Er hatte gesagt, er wolle noch eine Schicht am Nachmittag einlegen, da Mr Day ihm einen fünfzigprozentigen Zuschlag versprochen hatte, wenn er bis Weihnachten bliebe. Doch er hatte auch gesagt, dass er bei Anbruch der Dunkelheit fertig sein wollte. Er wäre jetzt bereits gegangen, doch wohin, hatte ich keine Ahnung.
Hatte er sich deswegen Sorgen gemacht? War es das hier, was er verhindern wollte? War das hier passiert, weil ich ausgegangen war?
Ich zog die Schlüssel aus dem Zündschloss.
Pete ergriff meine Hand. »Lass uns doch einfach zumTanzen fahren. Wir verpassen sonst alles, wenn wir hier länger rumstehen.«
»Ja«, sagte April. »Vielleicht sollten wir einfach weiterfahren.« Ihre Stimme war nur ein ängstliches Fiepen. »Ich hab meiner Mom versprochen, dass wir unterwegs nicht anhalten.«
Ich öffnete die Tür und stieg aus. »Don!«
Er blickte auf. Sein Gesicht war von dunklen Schatten überzogen. Er überquerte die Straße und kam näher. Ich sah, dass seine Augen rot und geschwollen waren. »Miss Grace?«, fragte er und kam zum Wagen. »Sie sollten nicht hier sein. Es ist gefährlich.«
»Was ist hier passiert?« Ich senkte meine Stimme in der Hoffnung, dass mich die anderen nicht hörten.
Don blickte zum Supermarkt hinüber. »Er war hier.«
»Wer war hier?«, fragte Jude, der plötzlich neben mir stand. April kam aus dem Wagen und stellte sich hinter ihn.
»Das Monster«, stöhnte Don. »Das Markham Street Monster. Er … er …« Don zerrte weiter an seiner ohnehin schon zerknüllten Schürze.
»Was ist denn, Don?«, fragte ich und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du kannst es mir sagen. Ist schon in Ordnung.«
»Er hat sie getötet.«
»Wen?«, fragte Jude.
»Jessica«, schluchzte Don. »Ich wollte gerade den Müll rausbringen, da hab ich sie gefunden. Sie lag hinter dem Container.«
Ich unterdrückte einen Aufschrei. Wo war Daniel? Wussteer, dass man eine Leiche an der Stelle gefunden hatte, wo wir uns erst ein paar Stunden zuvor geküsst hatten?
»Und du bist sicher, dass es Jessica ist?«, fragte Jude.
Don nickte. »Ihr Gesicht war völlig zerstört. Ich hab sie nur an ihren Haaren erkannt. Als die Polizei hier war, um Mr Day mitzuteilen, dass sie immer noch verschwunden sei, sagten sie, dass sie grüne Haare hätte.«
»Grüne Haare?« Das Mädchen! Das Mädchen, dem ich auf der Party begegnet war. Die Kleine mit den Piercings und den großen Augen und den grünen Haaren. Kein Wunder, dass ich glaubte, sie von irgendwoher zu kennen. »Oh, mein … Ich hab sie gesehen … Ich hab sie in der Nacht gesehen, in der sie verschwunden ist!«
»Wo?«, fragte April.
»Bei Da…« Ich hielt inne, als ich sah, wie Jude mich anstarrte. »In der Innenstadt irgendwo.«
»Bei Daniel?« Jude ergriff meinen Arm. »Sie war in Daniels Apartment in der Markham Street. Sie war auf dieser schmierigen Party.«
»Was? Woher weißt du …«
»Dann stimmt es
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