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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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halben Stunde hätte vorbereiten müssen.
    »Aber du machst sie doch jedes Jahr.« Sie knallte einen Teller mit getrocknetem Brotteig auf die Arbeitsplatte. »Muss ich dich da extra fragen?«
    »Ja, das musst du. Ich habe jetzt keine Lust zum Backen. Und auf dieses große Festessen habe ich auch keine Lust.«
    »Was soll das heißen?« Mom warf die Brotkrumen in ihre Rührschüssel und bearbeitete sie mit einem Holzlöffel. »Ich mache dieses große Festessen für
dich

    »Du hättest mich fragen sollen, Meredith«, entgegnete er von der anderen Seite der Arbeitsplatte. »Ich möchte gar nicht, dass diese ganzen Leute hier vorbeikommen. Ich möchte kein großes Festessen. Ich weiß nicht einmal, ob ich heute überhaupt Lust habe, das Thanksgiving-Gebet zu sprechen.«
    »Hör auf, so zu reden!« Mom fuchtelte mit ihrem Holzlöffel herum. Ein bräunlicher Klumpen landete vor meinen Füßen. Weder Mom noch Dad schienen zu bemerken, dass ich immer noch in der Küche war und die Füllung für meine Apfel-Karamell-Torte machte.
    »Wenn es so ein großes Problem für dich ist«, sagte Mom, »dann mache ich eben die Brötchen und die Truthähne und die Füllung und die Preiselbeeren und das Kartoffelpüree und den Grüne-Bohnen-Auflauf und den Spinatsalat. Du musst einfach nur den Segen sprechen und für die Gäste ein fröhliches Gesicht aufsetzen.« Mom stopfte den Löffel zurück in die Schüssel. »Du bist der Pastor für all diese Menschen. Sie möchten ganz bestimmt nicht hören, dass du so redest.«
    Dad schlug mit der Faust auf die Arbeitsplatte. »Wie denn, Meredith? Wie denn?« Er stürmte aus der Küche und verschwand in seinem Arbeitszimmer, bevor Mom antworten konnte.
    »Unerträglicher Mensch«, murmelte sie. »Glaubt, dass er nicht einen Pfifferling wert ist, solange er nicht dieganze Welt retten kann.« Sie marschierte zum Kühlschrank und riss die Tür auf. Während sie die Fächer durchkramte, fluchte sie in sich hinein.
    Ich räusperte mich und machte laute Geräusche, als ich die Äpfel für den Tortenboden in kleine Stücke schnitt.
    Mom erstarrte. Zweifellos wurde ihr soeben klar, dass ich Zeuge der ganzen Auseinandersetzung gewesen war. »Mach deine Kuchen fertig!«, fuhr sie mich an. »Und dann läufst du rüber nach Apple Valley und holst Preiselbeeren. Aber die richtigen Beeren und nicht dieses Zeugs in Dosen.«
    Mom schlug die Kühlschranktür zu. Ihre Schultern fielen herab. »Tut mir leid, ich hab’s vergessen«, sagte sie dann etwas versöhnlicher. »Gestern waren sie im Day’s Market ausverkauft, und ich hab nicht daran gedacht, woanders nachzuschauen. Ich glaube, Super Target macht um sieben für ein paar Stunden auf.« Sie machte den Kühlschrank wieder auf. »Würde es dir was ausmachen, ein paar Sachen zu besorgen?«
    »Überhaupt nicht«, gab ich zurück. Normalerweise hätte ich allein aus Prinzip quengelnd und grummelnd auf die Bitte reagiert, an einem so eisigen Morgen Besorgungen zu machen, doch aus dieser aufgeheizten Küche wollte ich so schnell wie möglich verschwinden.
     
    Später am Morgen
     
    Ziellos driftete ich durch die Gänge des Supermarkts und konnte mich nicht mehr erinnern, weswegen ich eigentlich überhaupt hergekommen war. Sobald meine Torten im Ofen waren, hatte ich das Haus verlassen und in der Eile natürlich die lange Einkaufsliste vergessen, die Mom mir an der Arbeitsplatte diktiert hatte.
    Es war nun das zweite Mal in dieser Woche, dass ich meine Eltern streiten gehört hatte. War die Atmosphäre in unserem Haus schon viel länger angespannt als ich glaubte? Ich dachte an Dads konsequenten Rückzug in sein Arbeitszimmer während der letzten Monate. Und Moms übertriebener Perfektionsdrang war auch nichts Neues. Zum ersten Mal war er mir aufgefallen, kurz nachdem Charity und ich vor drei Jahren von unserem ungeplanten Ausflug zu Großmutter Kramer zurückgekehrt waren. Mom war rasend damit beschäftigt gewesen, die Fransen aller Teppiche im Haus zu bürsten, zu messen und auf exakt die gleiche Länge zu trimmen. Dad hatte danach für Wochen alle Scheren versteckt. Ich vermute, dass ich damals zu jung gewesen war, um die eigenartige Stimmung zwischen ihnen zu verstehen. Und natürlich hatte niemand ein Wort darüber verloren.
    Hatte es so in Aprils Familie angefangen? War es dem ähnlich, was Daniel in seinem zerrütteten Zuhause erlebt hatte?
    Allerdings wusste ich, dass es für ihn viel schlimmer gewesen war. Die Streiterei meiner Eltern war nichts

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