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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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paar Fenster auf«, sagte ich zu Mom. »Und dann suche ich Charity, damit sie sich um James kümmern kann, während ich dir beim Kochen helfe.«
    »Danke.« Mom rieb sich die Schläfen. »Charity sollte bald zurück sein. Sie ist zu den Johnsons rübergegangen, um ihre Vögel zu füttern. Sag ihr, dass sie James in ein paar Stunden etwas zu essen machen soll. Das Festmahl beginnt um drei, und da möchte ich, dass er spätestens um zwei im Bett liegt und ein Schläfchen macht. Aber wir müssen ihn im Arbeitszimmer in das Reisebettchen legen. Tante Carol schläft in seinem Zimmer.«
    Toll. Genau, was meinem Dad heute noch gefehlt hatte: Tante Carol.
     
    Festmahl
     
    Die Familie meiner Mutter ist zur Hälfte römisch-katholisch und zur Hälfte jüdisch – Ironie des Schicksals für die Frau eines protestantischen Pfarrers. Und obwohl sie katholisch erzogen wurde, feierte ihre Familie immer das Passahfest und Chanukka. Ich glaube, daher kam diese interessante Tradition, immer einen Extraplatz am Tisch für besondere Gelegenheiten freizuhalten. Gemäß Tante Carol war es ein Ausdruck der Hoffnung und des Glaubens an den Messias, der eines Tages kommen würde.Während ich das einigermaßen cool fand, störte es Dad, denn er glaubte natürlich, dass der Messias bereits in Gestalt Jesus Christus’ erschienen war, und daher begriff er eine solche Tradition als Angriff auf seine Ergebenheit an Ihn.
    Mom, die sowohl ihn als ihre Schwester zu beschwichtigen suchte, sagte dann immer, er solle es einfach als einen Extraplatz für unerwartete Gäste betrachten. Heute allerdings schien mein Vater die Tradition der Familie meiner Mutter besonders ärgerlich zu finden, als er die bunt gemischte Truppe aus einsamen Herzen, jungen Familien, Witwen, Witwern und alleinerziehenden Müttern betrachtete, die sich um unseren Festtagstisch versammelt hatte, und dabei feststellte, dass es nicht nur einen leeren Platz gab, sondern zwei. Einer befand sich an seinem Ende des Tischs, der andere lag mir gegenüber und war mit einem besonderen goldenen Kelch sowie goldenem Besteck geschmückt.
    Dad schaute auf den Kelch und murmelte etwas in sich hinein. Dann breitete sich ein beinahe herzliches Lächeln über seinem Gesicht aus. »Wollen wir anfangen?«, fragte er die Anwesenden.
    Erwartungsvolle Gesichter nickten, und April leckte sich sogar über die Lippen – allerdings blickte sie währenddessen Jude an, sodass es nicht unbedingt etwas mit dem Essen zu tun haben musste.
    »Wer fehlt denn?«, fragte Pete Bradshaw und deutete auf die beiden leeren Plätze. Er und seine Mutter saßen neben mir. Pete hatte mir leid getan, als er mir erzählte,sein Dad habe wegen einer dringenden Konferenz in Toledo den jährlichen Thanksgiving-Ausflug absagen müssen. Und ich war froh, dass Pete hier war, um die Distanz zwischen meinen Eltern zu überbrücken, die sich stechende Blicke zuwarfen, als er diese Frage stellte.
    »Don Mooney muss im Day’s Market noch abschließen«, sagte Dad, »und Meredith wollte nicht auf ihn warten.«
    Mom hustete. »Don hat weder zu- noch abgesagt. Da hat es ja nicht viel Sinn, wenn wir warten und gar nicht wissen, ob er kommt.«
    »Ich bin sicher, dass er bald hier sein wird«, gab Dad zurück und lächelte Mom an.
    Ich fragte mich, ob er wohl recht hatte oder ob Don noch immer über der Begegnung mit meinem Vater vor ein paar Tagen brütete. Tatsächlich spürte ich ein bedrückendes Gefühl, als ich mir ihn allein in seinem Apartment hinter der Pfarrkirche vorstellte.
    »Und der andere Platz«, fuhr Mom fort, »ist eine Familientradition.«
    Dad grunzte. »Meredith hat mich gebeten, ein besonderes Dankgebet für unser Mahl zu sprechen.«
    Tante Carol blickte Dad böse an, sehr wahrscheinlich auf Geheiß meiner Mutter.
    Dad reichte Jude zu seiner Linken die Hand und Leroy Maddux zu seiner Rechten. Wir hielten uns alle an den Händen, wobei sich meine Finger zögernd mit Petes verschränkten. Dad begann sein Dankgebet. Seine Stimme war gleichmäßig, und es klang, als ob er die Worte in seinemBüro in der Pfarrkirche – oder wo er sonst bis zum Beginn des Essens abgeblieben war – einstudiert hätte.
    »Vater, wir haben uns hier versammelt, um Deine Freigiebigkeit zu feiern. Du hast uns so reichlich gegeben, dass wir es mit anderen teilen wollen. Und deshalb halten wir für den unerwarteten Besucher einen Platz an unserem Tische frei. Um uns daran zu erinnern, unser Haus denen zu öffnen, die uns brauchen. Und uns an die

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