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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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Hintern die Treppe hinunterrutschen musste.
    Aus der Küche sah ich Daniel hinter dem Haus. Er trieb einen hölzernen Zaunpfahl in den gefrorenen Boden– mit bloßen Händen. Ich war mir nicht völlig sicher, weil er mit dem Rücken zu mir stand, doch es sah aus, als hielte er den Zaunpfahl in der einen Hand und schlüge mit dem Ballen der anderen Hand auf die Spitze des Pfahls. Kein Hammer, weder aus Holz oder Metall, noch irgendein anderes Werkzeug lagen auch nur in seiner Nähe, soweit ich es erkennen konnte. Wahrscheinlich hatte er so früh mit der Arbeit begonnen, damit er sie auf
seine Art
erledigen konnte.
    Ich wollte gerade hinausgehen und ihm Gesellschaft leisten, als ich mir mit der Hand durchs Haar fuhr und meine Finger ein paar verknotete Strähnen ertasteten. Ich sah Daniel zu, wie er zu einem erneuten Schlag ausholte und den Zaunpfahl gute acht Zentimeter in den Boden rammte. Plötzlich überkam mich das drängende Gefühl, dass es wohl irgendwie besser wäre, wenn ich mich ein wenig zurechtmachte und etwas Hübscheres trug als einen mit gelben Enten gemusterten Flanellpyjama.
     
    Während ich damit beschäftigt gewesen war, mich etwas zu schminken, mein Haar mit dem Lockenstab zu bearbeiten und dreimal meinen Sweater zu wechseln – wieso sahen eigentlich alle meine Sachen so weit und unförmig aus? –, war Charity in der Küche aufgetaucht, blätterte in einem ihrer wissenschaftlichen Bücher und aß gezuckertes Müsli aus ihrem Privatvorrat. Was bedeutete, dass Mom noch nicht aufgestanden war. Da das
Klonk -Ge räusch
aufgehört hatte, war es Mom und James nun hoffentlich vergönnt, noch etwas länger zu schlafen.
    Ich spähte aus dem Fenster. »Weißt du, wo Daniel hingegangen ist?«
    »Nö«, erwiderte Charity. »Ich war kurz davor, ihn wegen dieses Lärms zu erwürgen, doch als ich schließlich hier runterkam, war er verschwunden.«
    »Tut mir leid«, sagte ich, als ob alles, was Daniel betraf, meine Schuld sei.
    »Mhm«, gab sie zurück und zuckte mit den Schultern, »Ich wollte sowieso früh aufstehen, da ich an diesem Wochenende den ersten Entwurf für meine Forschungsarbeit schreiben muss.«
    »Ach so.« Ich starrte weiter aus dem Fenster hinaus. »Ich möchte bloß wissen, wo er hingegangen ist.«
    »Der Corolla ist nicht mehr da. Vielleicht ist Dad mit ihm zum Baumarkt gefahren oder so.«
    Oder vielleicht war die Person, die den Wagen am Abend zuvor benutzt hatte, noch gar nicht nach Hause gekommen. Ich war letzte Nacht nicht vor drei Uhr eingeschlafen und hatte das Garagentor nicht gehört. Dads Arbeitszimmer war verschlossen und das Licht war ausgeschaltet. Wenn Daniel nicht mit Dad unterwegs war, wo war er dann hingegangen?
    Ich ließ mich auf einen Küchenstuhl fallen. Vielleicht hatte Daniel den Zaun so früh repariert, weil er seine Meinung geändert hatte und mich gar nicht mehr wiedersehen wollte. »Darf ich?«, fragte ich und griff nach Charitys ›Glücksbringer‹-Müsli.
    Sie nickte. »Hast du schon von Mr Days Enkelin gehört?«
    »Jessica oder Kristy?«
    »Jess. Sie ist verschwunden.«
    Kleine, mit Zucker überzogene Kleeblätter fielen in meine Schüssel. Ich hatte Jessica seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie war als Kind mit Daniel und Jude in eine Klasse gegangen, doch ihre Eltern waren in die Stadt gezogen, als sie im ersten Jahrgang der Oberstufe war. »Läuft sie nicht mindestens alle zwei Monate weg?«, fragte ich.
    »Schon«, erwiderte Charity, »aber nicht ernsthaft. Einen Feiertag hat sie jedenfalls noch nie versäumt. Als sie zu Thanksgiving nicht aufgetaucht ist, haben ihre Eltern die Polizei gerufen. Ihr Freund sagt, dass sie am Abend zuvor gemeinsam auf einer Party waren. Es heißt, sie sei von einer Minute auf die andere verschwunden. Es stand auch in der Zeitung.« Charity kratzte mit dem Löffel über den Boden ihrer Müslischale. »Das Markham Street Monster schlägt wieder zu.«
    Ich ließ die Müslischachtel fallen. »Das schreiben sie?«
    »Genau. Am Ende des Artikels gab es sogar einen kleinen Hinweis auf James’ Spaziergang. Ich frage mich, wie sie überhaupt davon erfahren konnten. Sie sagen, das Monster habe vielleicht versucht, ihn zu kriegen.« Plötzlich stockte ihre Stimme, und sie blickte mich über die Müslischachtel hinweg an. »Du glaubst doch nicht etwa, dass …«
    »Sie versuchen bloß, die Leute zu erschrecken, um ihre Auflage in die Höhe zu treiben«, erwiderte ich und wünschte, dass ich auch wirklich glaubte, was ich dasagte. Doch

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