Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)
Entdeckung mit den anderen teilte.
Vom Parkplatz drang das Geräusch quietschender Bremsen zu uns herüber. Ich konnte den Birnenduft von Aprils Parfum spüren, sobald sie aus dem Wagen geklettert war – zusammen mit einer weiteren Geruchsmischung aus Ahornsirup, Donuts und was noch … Schinken?
»Was gibt’s denn für einen Notfall?«, fragte sie und kam näher. Ihre Stimme klang seltsam munter für halb sieben Uhr an einem Samstagmorgen.
Ich wandte den Blick vom Dach der Pfarrkirche ab und sah sie an. Ich hatte ihr nur zehn Minuten gegeben, um herzukommen. Dads Gesicht war von Falten überzogen, die so aussahen, als wäre er nur mit einem Buch als Kissen am Schreibtisch in seinem Büro eingeschlafen. Gabriel wirkte einfach nur übernächtigt, doch April sah aus, als wäre sie an einem Freitagabend unterwegs zum Megaplex-Kino in Apple Valley, ausstaffiert mit einer perfekten Frisur, Schmuck, Make-up und einem Outfit, das direkt von der Schaufensterpuppe einer Modeboutique zu stammen schien. Ich hingegen trug unter meiner Jacke noch immer den roten Pyjama.
Ich registrierte die Papiertüte von der Bäckerei aus dem Day’s Market, die aus ihrer großen rosa Handtasche herausragte. Die seltsame Geruchsmischung ergab plötzlich einen Sinn, und hätte ich raten dürfen, dann hätte ich zehn Dollar darauf gewettet, dass die Tüte ein paar Schinken-Ahornsirup-Donuts enthielt – Judes Lieblingssorte.
Ich runzelte die Stirn. Kein Wunder, dass sie so gut aussah. April hatte in der letzten Woche beinahe jeden wachen Moment draußen vor Judes provisorischer Zelle verbracht.
Ich ignorierte ihre Frage. Sie musste schon hierher unterwegs gewesen sein, noch bevor meine Nachricht sie erreicht hatte, denn sie war viel schneller aufgetaucht, als ich vermutet hatte. Allerdings war ich auch jetzt noch nicht so weit, meine Überlegungen mit den anderen zu teilen.
Fast ein ganzes Jahr hatte ich damit verbracht, die Erinnerungen an diese verhängnisvolle Nacht auf dem Dach der Kirche zu verdrängen, und jetzt brauchte ich all meine Konzentration, um mich wieder an jedes kleinste Detail erinnern zu können.
»Grace hat die Hypothese aufgestellt, dass wir einen Mondstein brauchen, damit Daniel sich wieder in seine menschliche Form zurückverwandeln kann«, sagte Brent.
»Wie kommst du auf diese Idee?«, fragte mich Gabriel. »Ich habe diese Möglichkeit schon selbst untersucht.«
»Sie glaubt, dass er versucht, ihr das auf geistigem Weg zu vermitteln«, antwortete Brent für mich. »In ihren Träumen.«
Gabriel stand auf. »Interessant. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass du seine Alpha-Gefährtin bist.« Einen Moment lang sah er mir in die Augen. »Oder irgendwas anderes …«
Dad wollte wieder anfangen, sich über das Wort »Gefährtin« aufzuregen, doch bevor er mir einen weiteren Vortrag halten konnte und meine Konzentration dadurch störte, brachte ich ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Die Frage ist natürlich, wo wir einen weiteren Mondstein auftreiben können«, sagte Dad schließlich, anstatt in seinen Pastormodus zu verfallen.
»Können wir nicht einfach Mondgestein über das Internet bestellen?«, sagte April. »Ich habe ein bisschen für Jude herumgeforscht und jemanden bei eBay gefunden, der behauptet, einen Mondstein von der Mondmission aus den Sechzigerjahren zu besitzen. Wir könnten ihn für nur dreitausend Dollar kaufen. Ich habe etwas Geld fürs College gespart …«
»Ah, behalte dein Geld lieber bei dir«, sagte Gabriel. »Erstens sind die meisten Mondsteine, die zum Verkauf angeboten werden, Fälschungen. Und zweitens existieren nur eine Handvoll Mondsteine, die dem Fluch der Urbats entgegenwirken. Sie wurden mir von einer babylonischen Hohepriesterin geschenkt, die versklavt worden war. Sie hatte ein paar Steine, die vom Mond herabgefallen waren, gesegnet und sie mir aus Dankbarkeit, dass ich sie von ihrem tyrannischen Meister befreite, geschenkt. Kein anderer Mondstein, den ich je gesehen habe, hat dieselbe Wirkung wie diese.«
»Oh.« Ich konnte fast hören, wie April in ihrem Kopf das ganze Geld zählte, das sie beinahe bei eBay verloren hätte – und doch fand ich es ermutigend, dass Jude sie vielleicht sogar gebeten hatte, einen neuen Stein für ihn zu finden. »Dann lasst uns doch diese Priesterin anrufen«, sagte sie.
Gabriel sah sie betont geduldig an. »Das ist vor über siebenhundert Jahren passiert, mein Kind.«
»Oh.« April sah ihn dümmlich grinsend an. »Ich hab
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