Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)
Leben.
Wie können sie es wagen, dich von deiner Mission abzuhalten?, flüsterte eine leise, aber barsche Stimme in meinem Kopf. Sie haben bereits aufgegeben, und jetzt wollen sie, dass du auch aufgibst. Sie verstehen nicht, wie wichtig das alles für dich ist. Niemand kennt dich so gut wie ich.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte, die Stimme des dämonischen Wolfs zu vertreiben. Meine Hand fuhr hinauf zu meinen Hals und suchte nach dem Mondstein, der nicht da war. Ich versuchte meine Bewegung zu verbergen, indem ich vorgab, den Kragen meines Hemds zu richten.
Aber ich konnte Gabriel nicht täuschen. Er nickte wissend. »Je müder, gestresster oder emotionaler du wirst, Grace, desto besser kann der Wolf in deine Gedanken eindringen. Du machst dich selbst angreifbar, indem du dich so überanstrengst. Was würde Daniel sagen, wenn dich deine Angst um ihn dazu bringen würde, dich selbst an den Wolf zu verlieren?«
Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Die Stimme in meinem Kopf wollte, dass ich Gabriel an die Gurgel sprang und ihm klarmachte, dass er falschlag – er und ich hatten uns nie besonders gut verstanden –, aber tief in meinem Innern wusste ich, dass er recht hatte. Da ich den Mondstein im Lagerhaus verloren hatte, musste ich mehr als je zuvor Vorsicht walten lassen und mich vor dem Wolf schützen … Oh!
»Ich muss zurück in das Lagerhaus«, platzte ich heraus, noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte.
»Um Himmels willen, wozu das denn?« April spielte mit dem Perlenarmband an ihrem Handgelenk – offenbar eine ihrer neuen Kreationen. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass sie eine extralange Mittagspause unten bei Jude verbracht hatte, dann wäre mir ihr Schmuck angesichts unserer Such-den-Stein-Aktion ziemlich unpassend vorgekommen. »Wenn ich du wäre, würde ich nie im Leben dahin zurückwollen.« April schüttelte sich demonstrativ. »Ich krieg schon Zustände, wenn ich an diesen Ort nur denke.«
Ich schauderte ebenfalls. Nicht nur du. »Wir brauchen einen Mondstein. Und Dad hat recht. Es könnte Monate dauern, bis wir jeden Stein von diesem Parkstreifen untersucht haben.« Ich deutete auf die Eimer und Schüsseln voller Steine und versuchte nicht allzu resigniert auszusehen, indem ich zugab, dass es eine fast unlösbare Aufgabe war. »Aber Caleb hat meinen und Judes Mondstein im Lagerhaus zerschmettert, und da sich ein Rudel Teenager nicht gerade perfekt zum Aufräumen und Putzen eignet, schätze ich, dass die Überreste der Steine über den ganzen Ort verteilt liegen. Was wäre denn, wenn ich genügend Reste finde? Vielleicht kann April sie dann zu irgendeinem Anhänger zusammenlöten?« Zwar schien die Möglichkeit, genügend Reste für einen funktionierenden Mondstein zu finden, eher gering – aber nicht im Mindesten so gering, wie unter den ganzen Steinen hier den passenden herauszufinden. »Ich werde sofort aufbrechen.«
»Auf keinen Fall«, sagte mein Vater.
»Aber Dad, ich muss…«
»Du bist völlig übermüdet, Grace. Und anscheinend kannst du nicht mehr klar denken, wenn du glaubst, ich ließe dich zurück an diesen Ort gehen, wo du beinahe getötet wurdest. Deine Mutter würde nie wieder gesund werden, wenn…«
»Wenn was?«, fragte ich. »Du ihr wieder die Wahrheit sagst?«
Dad und ich waren in dieser Hinsicht noch immer nicht einer Meinung. Als ich während des Halloweenfests zusammen mit Talbot verschwunden war (d. h. mich hatte kidnappen lassen), hatte es Dad auf sich genommen und Mom die Wahrheit über die Geschehnisse erzählt. Und ich kann euch sagen, das war keine so gute Idee gewesen.
Besonders nicht, wenn man wusste, wo Mom sich derzeit aufhielt. Denn sie war schnurstracks in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie im City Hospital gelandet und befand sich unter der Obhut von Dr. Connors.
»Äh, ich möchte ja nicht, dass du jetzt sauer auf mich wirst, aber dein Dad hat recht«, sagte April. »Ich meine, was ist, wenn Mr Caleb-›Ich-bin-ein-durchgeknallter-Irrer‹-Kalbi den Ort beobachtet und nur darauf wartet, dass du zurückkommst?«
»Ich möchte bezweifeln, dass er sich dort aufhält. Außerdem…«
»Nein«, sagte Dad und sah mich an. »Und bitte vergiss nicht, dass du mir versprochen hast, nicht wieder ohne meinen Segen fortzulaufen. Ich werde dich nicht zum Lagerhaus zurückgehen lassen. Das ist mein letztes Wort.«
»Aber ein Teil dieses Versprechens war auch, dass du mich ausreden lässt. Dass wir zusammenarbeiten – als Familie. Daniel
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