Urbi et Orbi
Hilfe bemüht? Nein, ich war es. Ich habe von Ihnen und Michener erfahren. Ich habe diese Möglichkeit erwogen. Ohne mich hätte Petrus nicht die geringste Ahnung.«
Er zerrte sie plötzlich hoch und riss ihr das Klebeband vom Mund. Bevor sie einen Ton hervorbringen konnte, zog er sie an sich und verschloss ihre Lippen mit seinem Mund. Er stieß ihr seine widerliche Zunge zwischen die Lippen, und sie wollte ihn wegstoßen, doch er hatte sie fest im Griff. Er verdrehte ihr den Kopf, packte ihr Haar und erstickte sie fast. Sein Mund schmeckte nach Bier. Schließlich schlug sie ihre Zähne in seine Zunge. Er zuckte zurück, und sie sprang vor, schnappte nach seiner Unterlippe und biss sie blutig.
»Du Schlampe«, schrie er und schleuderte sie aufs Bett.
Sie spuckte seinen Speichel aus, als könne sie sich damit von etwas Bösem reinigen. Er sprang vor und verpasste ihr eine Ohrfeige mit dem Handrücken. Der Schlag tat weh, und sie schmeckte Blut. Er schlug sie ein zweites Mal, und ihr Kopf krachte gegen die Wand neben dem Bett.
Der Raum drehte sich um sie.
»Ich sollte dich umbringen«, flüsterte er.
»Arschloch«, würgte sie hervor und drehte sich auf den Rücken, aber der Schwindel ging nicht weg.
Er betupfte die blutige Lippe mit dem Hemdsärmel.
Blut rann ihr aus dem Mundwinkel. Sie wischte die Wange an der Steppdecke ab. Jetzt waren rote Flecken darauf. »Am besten bringen Sie mich um. Sonst töte ich Sie, sobald ich die Gelegenheit habe.«
»Diese Gelegenheit werden Sie niemals bekommen.«
Ihr wurde klar, dass sie sicher war, bis Ambrosi das Geheimnis in Händen hielt. Michener hatte gut daran getan, dem Dummkopf einzureden, sie, Katerina, sei unwichtig.
Er trat dicht ans Bett, noch immer seine Lippe betupfend . » Ich hoffe nur, dass Ihr Lover überhört hat, was ich ihm gesagt habe. Es wird mir Vergnügen bereiten, Ihnen beiden beim Sterben zuzusehen.«
»Große Worte für einen kleinen Mann.«
Er warf sich vor und setzte sich rittlings auf sie. Sie wusste, dass er sie nicht umbringen würde. Jedenfalls noch nicht.
»Was ist los, Ambrosi, wissen Sie nicht weiter?«
Er bebte vor Wut. Sie reizte ihn bis aufs Blut!
»Ich hatte Petrus nach Rumänien nahe gelegt, Sie in Ruhe zu lassen.«
»Und deshalb werde ich jetzt von seinem Schoßhündchen verprügelt?«
»Sie haben Glück, dass Ihnen sonst nichts passiert.«
»Vielleicht wäre Valendrea ja eifersüchtig. Vielleicht sollten wir unser kleines Tête-à-tête ja für uns behalten?«
Diese höhnische Bemerkung reizte ihn so, dass er sie am Hals packte. Sie bekam zwar noch Luft, wusste aber, dass sie fürs Erste besser den Mund hielt.
»Jetzt, wo ich an Händen und Füßen gefesselt bin, spielen Sie den starken Mann! Nehmen Sie mir die Fesseln ab, dann wollen wir doch mal sehen, wie tapfer Sie wirklich sind.«
Ambrosi schob sich von ihr herunter. »Sie sind die Mühe nicht wert. Es sind nur noch ein paar Stunden. Ich geh erst mal was essen, bevor ich das hier erledige.« Er durchbohrte sie mit seinem Blick. »Endgültig.«
67
Vatikanstadt, 18.30 Uhr
V alendrea schlenderte durch die Gärten des Vatikans und genoss den ungewöhnlich milden Dezemberabend. Sein erster Samstag im Papstamt war sehr ausgefüllt gewesen. Am Vormittag hatte er eine Messe zelebriert und anschließend eine Prozession von Menschen empfangen, die nach Rom gereist waren, um ihm zu gratulieren. Der Nachmittag hatte mit einer Kardinalsversammlung begonnen. Etwa achtzig Kardinäle hielten sich noch in der Stadt auf, und er hatte ihnen während eines dreistündigen Treffens einen Teil seiner Zukunftspläne skizziert. Man hatte die üblichen Fragen gestellt, und er hatte die Gelegenheit genutzt und angekündigt, dass alle Ernennungen Clemens ’ bis zur folgenden Woche gülti g b leiben würden. Die einzige Ausnahme sei der Kardinalarchivar, der aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt eingereicht habe. Sein Nachfolger sei ein belgischer Kardinal, der nach seiner Abreise nun schon wieder auf dem Rückweg nach Rom sei. Ansonsten habe er noch keine Entscheidungen getroffen und werde dies auch erst nach dem Wochenende tun. Valendrea hatte die erwartungsvollen Blicke vieler Kardinäle auf sich gespürt, die darauf hofften, dass er die vor dem Konklave gegebenen Versprechen einlöste, doch niemand stellte seine Erklärung in Frage. Das gefiel Valendrea.
Vor ihm stand jetzt Kardinal Bartolo, der Valendrea unmittelbar nach der Versammlung um einen Termin gebeten und den
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