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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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durchführen das Glockentor und ließen die Menge hinter sich zurück. Nach der Piazza dei Protomartiri umrundete die Prozession die Sakristei des Petersdoms und fuhr zu einem Hintereingang der Basilika. Hier, hinter sicheren Mauern und nach oben durch ein Überflugverbot geschützt, konnte man Clemens ’ Leiche für die dreitägige öffentliche Zurschaustellung bereitmachen.
    Ein sanfter Regen tauchte die Gärten in einen nebligen Schleier. Die Straßenlaternen leuchteten verschwommen wie die Sonne durch eine dichte Wolkendecke.
    Michener versuchte sich vorzustellen, was jetzt gerade in den umliegenden Gebäuden geschah. In der Werkstatt der Sampietrini wurde ein dreifacher Sarg gefertigt – innen Bronze, danach Zedernholz und als letzte Schicht Zypressenholz. Im Petersdom hatte man inzwischen schon einen Katafalk aufgebaut. Er wurde von einer einsamen Kerze beleuchtet und erwartete die Leiche, die in den nächsten Tagen auf ihm ruhen würde.
    Während der langsamen Prozession über den Petersplatz hatte Michener Fernsehteams bemerkt, die Kameras auf de r B alustrade anbrachten. Die besten Plätze zwischen den 162 Statuen waren gewiss schon vergeben. In der Pressestelle des Vatikans war der Belagerungszustand ausgebrochen. Michener hatte dort während der letzten Papstbestattung ausgeholfen, und er konnte sich die Tausende von Anfragen vorstellen, die dort in den nächsten Tagen eintreffen würden. Bald würden sich Staatsmänner aus aller Welt einfinden, denen man Legaten an die Seite stellen müsste. Der Heilige Stuhl war stolz darauf, das Protokoll selbst im Angesicht unbeschreiblicher Trauer strikt zu beachten. Die Verantwortung für die erfolgreiche Umsetzung dieser Aufgabe lag bei dem Kardinal mit der sanften Stimme, der an Micheners Seite saß.
    Die Wagen hielten, und die Kardinäle versammelten sich um den Leichenwagen. Jeder der Kirchenführer wurde von einem Priester mit Regenschirm begleitet. Die Kardinäle trugen ihre schwarzen Soutanen mit den roten Schärpen. Am Eingang des Doms stand eine Schweizer Ehrengarde in zeremonieller Uniform. In den kommenden Tagen würde Clemens niemals unbewacht sein. Vier Gardisten trugen eine Totenbahre auf den Schultern und marschierten gemessenen Schritts auf den Leichenwagen zu. Der päpstliche Zeremonienmeister, ein rundlicher, bärtiger Geistlicher aus den Niederlanden, stand in der Nähe. Er trat vor und sagte: »Der Katafalk steht bereit.«
    Ngovi nickte.
    Der Zeremonienmeister trat zum Leichenwagen und half den Bestattern, Clemens umzubetten. Sobald die Leiche auf der Bahre lag, die Papstkrone auf dem Kopf, winkte der Niederländer die Bestatter beiseite. Dann arrangierte er sorgfältig das Papstgewand und legte jede einzelne Falte behutsam nach. Zwei Priester schützten die Leiche mit Regenschirmen. Ein weiterer junger Priester trat mit dem Pallium vor. Die weiße, mit sechs purpurroten Kreuzen bestickte Stola symbolisierte die Fülle des päpstlichen Amtes. Der Zeremonienmeister legte Clemens das handbreite Band um den Nacken und drapierte die Kreuze auf Brust, Schultern und Bauch. Er rückte ein wenig an den Schulterkissen und drehte schließlich den Kopf gerade. Dann kniete er sich hin, zum Zeichen, dass er fertig war.
    Ngovi nickte leicht mit dem Kopf, und die Schweizergardisten hoben die Bahre an. Die Priester mit den Regenschirmen traten zurück. Die Kardinäle schlossen sich dem Zug an.
    Michener gesellte sich nicht zu der Prozession. Er gehörte nicht zu den Kirchenführern, und die Zeremonie war diesen vorbehalten. Man erwartete von ihm, dass er seine Wohnung im Palast bis zum nächsten Tag räumte. Auch sie sollte wegen des Konklaves versiegelt werden. Das Büro sollte er ebenfalls räumen. Die Zeit, da er unter Clemens ’ Schutz stand, hatte mit dessen letztem Atemzug geendet. Die ehemaligen Begünstigten räumten ihren Platz für die zukünftig Begünstigten.
    Ngovi wartete das Ende der Schlange ab. Bevor er ebenfalls in den Dom trat, drehte der Kardinal sich noch einmal um und flüsterte Michener zu: »Ich möchte, dass Sie eine Bestandsaufnahme von allem machen, was sich in der Papstwohnung befindet. Nehmen Sie Clemens ’ persönliche Sachen mit! Clemens hätte nicht gewollt, dass jemand anderer das tut. Ich habe den Wächtern Anweisung gegeben, Sie einzulassen. Erledigen Sie das jetzt sofort.«
     
    D er Wächter schloss Michener die Papstwohnung auf. Die Tür fiel hinter ihm zu, und dann war er allein. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Früher

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