Urmel aus dem Eis
sich Traum und Wirklichkeit. Der König lag in einem Wald fratzenhaft-gespenstischer Bäume. Wie gelähmt war er, unfähig, sich zu rühren. Und ein riesiges Ungetüm, eine Mißgeburt aus Schlangen, Kröten, Spinnen und Urmeln, näherte sich ihm feuerspeiend. Giftiger Speichel troff von seinen Reißzähnen. Je näher es kam, desto scheußlicher wurde es. Der König versuchte, sich zur Seite zu wälzen — vergeblich! Er wollte aufspringen, fliehen. Aber er war dazu verdammt, dem schrecklichen Tier starr ins Auge zu sehen. Und nun öffnete es ein Maul, so groß und rot wie der Schlund eines Nilpferdes. Sein stinkender Atem fuhr dem König übers Gesicht, als es röchelte: „öööööch bööööön aaaaalleeeeeun ööööön Gooooottööööös Wööööölt...“
Mit einem Schrei fuhr der König empor. Die Sonne war längst aufgegangen. Der Tag strahlte licht und hell. Und unter der Hängematte zischte ein echsenartiges Tier: „Majestät! Ich habe Ihnen etwas Wichtiges mittschuteilen!“
„Hilfe!“ rief König Pumponell, noch halb im Traum. „Wer bist denn du?“
„Ein Feind von Professor Tibatong! Und ich weiß, wo das Urmel versteckt ist! Es ist gantsch allein! Ich bin gekommen, um Sie hintschuführen, gantsch, gantsch schnell!“
Der König sprang aus der Hängematte. Er warf sein Gewehr über die Schulter. „Großartig! Ich werde dich königlich belohnen! Komm, Sami! Auf! Urmel-Safari!“
Sami reckte sich gähnend. „Bist du ein Verräter?“ raunte er Wawa zu.
Wawa blinzelte und schaute verlegen beiseite.
„Führe uns!“ befahl König Pumponell.
Sami brummte: „Jetzt haben wir die Falle wohl umsonst gebaut.“
„Hauptsache, wir kriegen das Urmel!“ meinte der König. „Egal, wie!“
Die Strahlen der Morgensonne leuchteten durch die offene Tür von URMEL-HAUS, das Flechtwerk warf Schattengitter auf den Boden.
Das Blockhaus auf dem Berge Homi lag noch in tiefer Ruhe.
Dreiundzwanzigstes Kapitel:
In dem ein Entschluß gefaßt wird, mit dem Professor Tibatong nicht ganz einverstanden ist
Was mochte so plötzlich in Wawa gefahren sein? Was hatten ihm das Urmel, was Professor Tibatong getan? Oder war es etwa Wutz gewesen, die ihn so tödlich beleidigt hatte? Um es zu erfahren, stellen wir den Zeiger der Uhr zurück auf die gestrige Abendstunde und hängen die Sterne noch einmal am schwarzen Nachthimmel auf.
Das Urmel lag regungslos auf der Matratze. Das bleiche Licht des Mondes ließ es noch fahler erscheinen, als es wirklich war. Schusch hielt den Ständer einer brennenden Kerze waagrecht im Schnabel. Im flackernden Schein untersuchte Professor Tibatong das Urmel und hörte sein Herz ab. Er war leidlich zufrieden. „Atmung und Puls sind schwach, aber nicht bedenklich“, murmelte er. „Es ist ohnmächtig. Wahrscheinlich hat es eine Gehirnerschütterung. Es braucht Ruhe und nochmals Ruhe!“
Wutz erneuerte von Zeit zu Zeit den feuchten Umschlag.
Schusch hätte gerne etwas gesagt, aber er konnte es nicht, denn dann wäre die Kerze heruntergepurzelt. Er stand mit hochgerecktem Hals; senkte er ihn auch nur ein bißchen, troff sofort das Wachs herab, und Wutz grunzte empört: „Paß doch auf, Tolpatsch! Öfföff! Du bist sogar zu ungeschickt zum Kerzenhalter!“
Der arme Schusch blinkerte nur, zum Schweigen verdammt. Außerdem blendete ihn die Kerze so dicht vor den Augen. Tim Tintenklecks wackelte im Schaukelstuhl hin und her. Er bohrte in der Nase, er kratzte sich am Hinterkopf — kurz: er dachte nach!
„Oh, sitz doch still!“ quiekte Wutz. „Hast du nicht gehört, daß das Urmel Ruhe braucht?“
Wawa kauerte auf dem Boden. „Tschu schade, daß wir das Urmel nicht in der Muschel verstecken können“, meinte er. „Ach!“ rief Ping Pinguin, noch immer nicht ganz mit ihm ausgesöhnt. „Pfön ungerecht ist das! Das Urmel darf in die Mupfel, und ich werde rausgepfmissen!“
Schusch watschelte zu Tim Tintenklecks, damit dieser ihm die Kerze abnehme. Dann knarrte er: „Mär äst was eingefallen! Wär müssen den Könäg än dä Höhle locken, solange das Urmel nächt än der Höhle äst! Denn wenn der Könäg än der Höhle äst, dann kann er das Urmel nächt här fänden. Äch meine nur — välleicht...“
„Oh, das ist gepfeit!“ rief Ping Pinguin. „Dann soll er dieses pfrecklich pfeußliche Ungeheuer im See erpfießen!“
Tibatong schüttelte den Kopf. „Nein, das soll er nicht! Denn es ist ein seltenes Tier, das bestimmt schon viel erlebt hat. Aber es wäre
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