Urmel spielt im Schloß
der König nicht so rasch zurückgekommen wäre, dann hätte
es den Zwengelmann schon längst... Aber: kommt Zeit, kommt Rat!
Es
durchstöberte inzwischen das Schloß vom Keller bis zum Dachboden. Es lernte,
die Kurbel der Drehorgel so gleichmäßig zu drehen, daß man die Melodie erkennen
konnte, trotz des Wimmerns. «O du lieber Augustin, alles ist hin...»
«Komisch!»
sagte Wutz und hörte für einen Augenblick zu putzen auf, «irgendwie klingt das
wie das Heulen eines Gespenstes, öfföff!»
Das Urmel
kam mit dem Leierkasten ins frisch geputzte Empfangszimmer. Dicker Staub lag
auf dem Instrument: «Jetzt gehe ich in die Stadt, drehorgeln! Ich stelle mich
vor dem Rathaus auf, und wer mich hören will — О du lieber Augustin—, der muß
bezahlen. Von dem Verdienst kaufe ich mir eine Umhängetasche und eine Trompete
und ein Segelschiff und das ganze Schloß...»
«Stell
sofort das dreckige Ding weg, öfföff!»
«Nee», sagte
das Urmel. «Ich habe mit dir zu reden, Futsch! Ich bin wütend auf dich. Überall
im Schloß hängen an den Wänden Hirschgeweihe und Eberzähne und Tigerfelle —
alles, was totgeschossen wurde. Schämst du dich denn gar nicht?»
«Eigentlich
schon!» antwortete der König. «Ich sollte wohl die alten Jagdtrophäen
wegnehmen. Sie passen nicht mehr hierher. Ich würde kein Tier mehr schießen und
schon gar nicht damit prahlen!»
«Na gut»,
sagte das Urmel. «Darf ich jetzt in die Stadt?»
Es klingelte
stürmisch am Schloßportal.
«Ist
Naftaline wieder da?» fragte Wutz erstaunt. Jedoch Sami meldete, daß es
Direktor Doktor Zwengelmann sei.
«Hinaus mit
euch, aus der Stube!» rief der König. Wutz knurrte, daß sie den Besucher auffegen
und rausschippen wollte, aber der König drängte beide ins Nebenzimmer. «Keinen
Mucks!» befahl er. Zwengelmann hatte den Hubschrauber gehört und im Park stehen
sehen. Deshalb war er da. Er trat stürmisch und aufgeregt ein.
«Wo ist
meine Nichte?» fragte er, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten.
«Wer ist
Ihre Nichte?» fragte der König zurück.
«Naftaline!»
«Du lieber
Himmel!» Bis jetzt hatte König Pumponell von dem Verwandtschaftsverhältnis
nichts gewußt, und nun war es ihm doppelt peinlich, die Nichte Zwengelmanns zum
Professor gebracht zu haben.
«Wo ist
sie?» fragte Zwengelmann erneut.
«О du lieber
Augustin, alles ist hin—» wimmerte es aus dem Nebenzimmer.
«Ha!» rief
Zwengelmann. «Da steckt sie. Sie halten sie gefangen!»
«O nein»,
sagte der König. «Das ist nur das Radio. Ihre Nichte ist dort, wo sie
hinwollte, bei Professor Tibatong!»
«So — und
wer hat mich vorgestern angerufen und behauptet, er sei Tibatongs Hausschwein
oder das Urmel...?»
«Ich
bestimmt nicht!» stotterte der König und wurde bleich.
«Das war ein
sehr dummer Scherz!» rief Zwengelmann. «Ich wette, der Anruf kam aus dem Schloß.
Aber das ist jetzt unwichtig. Ich verlange Aufklärung, warum Sie das zarte,
hilflose Mädchen allein bei Professor Tibatong gelassen haben, der nicht ganz
richtig im Oberstübchen ist und womöglich irgendwelche Experimente mit ihr
macht. Sie muß sofort wieder heimkommen. Der Gedanke, sie allein bei Tibatong
zu wissen, ist mir unerträglich!» Mir eigentlich auch, dachte König Pumponell,
aber er hütete sich, es auszusprechen.
«...alles
ist hin...», seufzte es im Nebenzimmer. Und eine Stimme quiekte: «Sei doch
still, öfföff!» Zwengelmann rannte zur Tür: «Die Stimme kenne ich!»
«Unmöglich!»
rief der König und riß ihn zurück. «Es ist der Kinderfunk!»
«Davon muß
ich mich selbst überzeugen!»
«Noch ist
dies mein Schloß! Begehen Sie keinen Hausfriedensbruch!»
«Sie werfen
mich hinaus?»
«Ich bitte
Sie, sich zu entfernen!»
«Nun gut!
Aber ich sage Ihnen: wenn meine Nichte nicht übermorgen wieder da ist — gesund
und wohlbehalten—, wird sich die Presse mit der Affäre beschäftigen. Sie wissen
doch, wie gerne über abgedankte Könige berichtet wird!»
«Mehr als
mir lieb ist!» antwortete der König. Triumphierend verließ Zwengelmann das
Schloß. Er hatte das Gefühl, den König in die Enge getrieben zu haben.
Wutz aber,
aus dem Nebenzimmer befreit, zeterte: «Ich massakriere ihn! Wie er mit Ihnen
redet, unerhört, öfföff! Und was meint er damit, daß Naftaline nicht mit dem
Professor alleine bleiben soll?»
«Vielleicht
fürchtet er, daß sie überhaupt nicht wiederkommt!» sagte der König düster.
«Was?» rief
Wutz. «Aber das wäre ja schrecklich!
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