Urmels großer Flug
Land«, jauchzte das
Urmel.
Die
Hauptdarstellerin, der schon zuvor bekanntlich nicht ganz wohl gewesen war,
bekam nun einen Schreikrampf, der ihrer Stimme sehr schadete.
Und
die Zuschauer begannen zu johlen. Erst riefen nur einige wenige »Buh!« Dann
immer mehr, dann flogen Äpfel, Orangen und Tomaten, sogar gekochte Eier, und
die waren gar nicht sehr weich.
»Happ«,
machte das Urmel, denn ihm war eine Tomate ins Maul gezischt. Und dann hustete
es, weil es sich an dem Brocken fast verschluckt hätte, so tief war er in seine
Kehle hineingesaust.
»Schade
um das väle, schöne Futter«, dachte Schusch, verborgen hinter der obersten
Zuschauerreihe.
Das
Urmel seinerseits fand, daß dies doch eine seltsame Form von Beifall sei, der
überall, wo er traf, ziemlich weh tat. Es spuckte die Tomate wieder aus. Sie
fiel unten im Orchestergraben in die Öffnung einer Trompete, die dadurch sofort
verstopft war. Sie machte nur noch einmal »blubb«.
Die
Zuschauertribüne verwandelte sich in einen Hexenkessel. Wenn das Orchester
nicht als Barriere zwischen den Zuschauern und der Bühne gelegen hätte, wäre
diese sicher gestürmt worden. So johlten, schrien und drohten die Leute nur,
hoben die Fäuste und warfen die Arme in die Luft. Als Südländer waren sie
besonders temperamentvoll, sie fühlten sich genarrt und um die schöne
Vorstellung betrogen, für die sie teures Eintrittsgeld bezahlt hatten.
Schusch
faßte sich ein Herz. Er verließ sein Versteck, flog über die Zuschauer hinweg,
streifte dicht am Urmel vorbei und rief ihm zu: »Hau bloß ab!« Und weil das
Urmel gerade von einem dicken Apfel am Hals getroffen wurde, folgte es dieser
Aufforderung, es breitete die Flügel aus. Sein riesenhafter Schatten wurde
durch die Scheinwerfer an den Bühnenhintergrund geworfen. So, mit weiten
Flügeln, sah es viel großartiger und mächtiger aus. Es rauschte dicht über die
Zuschauer dahin, die nun plötzlich Angst bekamen, sich zu Boden warfen und sich
duckten — aber das Urmel war verschwunden.
So
endete des Urmels Auftritt als Sänger. Und eigentlich, wenn man es recht
bedenkt, war ja nichts Schlimmes passiert. Die Sänger waren alle im Theater,
die Musiker, der Dirigent würde sich erholen und der Inspizient auch. Es hätte
nun also ruhig die richtige Vorstellung, also »Aida«, beginnen können. Aber
sonderbarerweise kam niemand auf diese naheliegende Idee. Alles lief erregt und
leichenblaß auseinander, es wurde viel hin und her geredet, und am nächsten Tag
stand der Skandal in allen Zeitungen.
Der
Name des Sängers »Urmel« wurde freilich nicht erwähnt und schon gar nicht
lobend.
Wutz,
als sie die Berichte las, weinte bittere Tränen über ihres Lieblings
Mißgeschick. Doch hatte der Vorfall auch sein Gutes, man wußte nun wieder, daß
das Urmel noch lebte und in welchem Land es sich aufhielt.
Bevor
aber König Futsch und die eifrige Wutz sich einig werden konnten, wie sie es
diesmal erwischen wollten, erschienen schon wieder ganz andere Bilder vom
Urmel, und das kam so:
Fünfzehntes
Kapitel
In dem das Urmel in eine Modevorführung gerät und Wutz den König
beruhigt
Noch in der
gleichen Nacht, irgendwo zwischen dunklen Mauern, hatten Schusch und Urmel eine
Unterredung.
»Das
war kein großer Erfolg«, meinte Schusch.
»Wenn
man dir so viel Obst zuschmeißt, dann ist das schon ein Erfolg«, widersprach
das Urmel. »So könnte ich ja meinen Lebensunterhalt verdienen.«
»Aber
wo äst denn das Obst, wo sänd denn dä Eier? Du hast ja alles lägenlassen
müssen, weil du sonst Prügel bekommen hättest.«
»Hm«,
machte das Urmel. »Ich muß es einfach noch einmal versuchen.«
»Oje«,
seufzte Schusch. Und dann fielen ihm die Augen zu. Er war von dem langen Flug
der Vortage doch sehr müde. Auch das Urmel schlief ein. Es träumte von Sängers
Lust und Leid.
Am
nächsten Morgen machten sie sich aus dem Staub. Das Urmel hatte keine Lust
mehr, noch einmal am Ort dieses Theaterskandals erblickt zu werden. Wenn es
ehrlich war, war es ja doch ein Durchfall gewesen und kein rauschender Erfolg.
Sie
flogen den ganzen Tag und übernachteten irgendwo in den Feldern und erreichten
dann die unermeßlich ausgedehnte Hauptstadt Rom. So viel Verkehr, so ein
Trubel! Glücklicherweise fanden sie auf einem der sieben Hügel einen Park mit
vielen dichten Buschverstecken. Da wuchsen hohe Pinien und Zypressen.
»Da
äst ein Zelt!« sagte Schusch. Das Urmel hatte es auch schon erblickt. Es war
ein riesengroßes, rot-weiß
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