Urmels großer Flug
dieses
Modell »Apfelblüte im Mondschein« (so poetische Namen bevorzugte Maestro
Clucci), er schwärmte von der zarten Siamesin »Haselnußstrauch«, die das
Modewunder tragen sollte.
Offenbar
waren dann dieses Modell oder die junge Dame oder alle beide ein ungewöhnlicher
Erfolg. Denn der Beifall im Zelt prasselte heftig, fast wie ein Sturm, und man
vernahm Gelächter, sogar die Männer lachten, mit dunklen, dröhnenden Stimmen —
nein, jetzt waren es die Schoßhündchen, die wütend kläfften, da konnte man das
ununterbrochene Klicken der Kameraverschlüsse nicht mehr hören. Aber sie
klickten, о ja, sie klickten!
Was
für einen wundervoll witzigen Werbegag hatte sich der Meister nun einfallen
lassen? Der Meister schien jedoch nicht so beglückt über seine eigene Idee zu
sein, denn er jagte, wie die Mädchen zuvor, ebenfalls aus dem Zelt, raufte sich
die Haare, warf sich in sein Sportcabriolet und floh, wer weiß, wohin.
Er
hatte wohl recht, zu fliehen. Lauter wurde im Zelt das Hundeknurren. »Hallo,
Hasso, hierher!« kreischte eine Frauenstimme, dann gab es einen Ratscher, wie
es tut, wenn man Stoff zerreißt, dann kreischte eine Urmelstimme, dann beulten
sich alle Zeltwände aus, weil überall die vornehmen Herrschaften ins Freie
strebten, dann schoß vorn zur Tür ein Urmeltier heraus, in einer zartrosa Bluse.
Und der zartrosa Rock war so lang wie der Urmelschwanz, er war ab- und
aufgerissen, und eine wütende Meute seidenhaariger Schoßhündchen hatte sich in
der Schleppe festgebissen und zerrte so lange daran, bis das Urmel untenherum
ganz urmelnackt dastand.
Klar,
daß der Anblick dieses Unterkörpers die feine Gesellschaft erschreckte, nachdem
sie zunächst geglaubt hatte, das Mannequin trüge einen phantasievollen
Pappkopf.
Nun
rettete sich das Urmel-Mannequin in die frische Luft, es jagte zum Busch, in
dem Schusch wartete, es japste dem Vogelfreund zu: »Rasch, reiß mir die Bluse
ab!«
Und
der treue Schusch mit seinem starken Schuhschnabel fetzte die Blusenreste
herunter. Jetzt konnte das Urmel wieder fliegen. Als die Hundemeute am Busch
anlangte, waren die beiden schon in der Luft und sahen aus der
Vogelperspektive, wie das rot-weiß gestreifte Festzelt über der feinen
Gesellschaft zusammenbrach.
Aber
das Bild vom Urmel mit dem Modellkleid »Apfelblüte im Mondschein« erschien
trotzdem in fast allen Mode- und Frauenzeitschriften und brachte den Fotografen
viel Geld ein.
Wutz
betrachtete es in vielen Abwandlungen und meinte schließlich: »Ich weiß nicht,
öfföff, es kommt mir so vor, als ob das Urmel eine gewisse Ähnlichkeit mit mir
hätte, öfföff, ich meine, als ich deine Tante war, Futsch.«
»Das
muß am zerrissenen Rock liegen«, sagte Naftaline.
Der
Wunsch von Wutz, sofort zu Maestro Clucci zu reisen, um ihn über des Urmels
Verbleib auszufragen, wurde von König Futsch allerdings entschieden abgelehnt:
»Das Urmel ist schon längst wieder ganz woanders, niemand weiß, wo! Es hat ja
niemandem gesagt, wohin es fliegen will. Und außerdem...«, er runzelte besorgt
die Stirn, »außerdem würde mich der Maestro wahrscheinlich für den ganzen
Schaden haftbar machen, den das Urmel angerichtet hat. Und das wäre denn doch
ein zu teurer Spaß!«
»Geizhals,
öfföff«, grunzte Wutz. »Der Schaden, den er gehabt hat, wird doch leicht durch
die großartige Werbung wettgemacht, die ihm das Urmel verschafft hat.«
»Das
stimmt sogar«, brummte der König. Sein Gewissen war beruhigt.
Sechzehntes
Kapitel
In dem König Futsch erneut aufbricht und das Urmel ein prächtiges
Schauspiel erleben wird
Aber nicht
beruhigt waren sie über des Urmels weiteres Schicksal. Von keinem Punkt der
Erde wollte eine Nachricht kommen. Auch der Professor in Titiwu, der insgeheim
hoffte, das Urmel stünde plötzlich einmal in der Tür und sagte »Guten Tag«,
wurde immer betrübter, und seine Sorge wuchs von Tag zu Tag.
Da
hatte Seele-Fant wohl allen Grund zu singen:
» Abör Mama weunöt söhr,
hat
ja nun keun Hänschön möhr. ..«
Ganz nutzlos
hingen sie abwechselnd und rund um die Uhr an den Radios und Funkgeräten und
suchten den Äther ab. Bis Sami nach vielen Tagen einen Funkspruch auffing. Da
weckte er den König gleich, der sich entmutigt zu einem Mittagsschläfchen
niedergelegt hatte.
Wutz
stand schweigend zur gleichen Zeit und in demselben Zimmer auf einem Stuhl,
reckte sich auf die Klauenspitzen und blickte zum Fenster hinaus, immer in der
Hoffnung, das Urmel
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