Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urmels toller Traum

Urmels toller Traum

Titel: Urmels toller Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
auch
schief gegen die Armlehnen gestützt, saß er da, und seine Schwanzflosse befand
sich dort, wo ein König die golddurchwirkten Pantoffeln übereinander geschlagen
hätte. Mit der rechten Vorderflosse umfasste er sehr zierlich den Stiel eines
rubinroten Trinkglases, das er vergnügt hin und her schwenkte.
    »Errr scheint betrrrunken zu
sein«, brummte Babu.
    »Auf dö Knöö!«, grollte
Seele-Fant.
    »Macht verdirbt den Charakter«,
flüsterte Wawa. Er kümmerte sich aber nicht weiter um den Befehl.
    »Hör mal, öfföff«, sagte Wutz,
ging zu Seele-Fant und nahm ihm das Glas weg. »Du bist nicht der König.«
    »Öch bön dör Statthaltör und
hofföntlöch kommt Urmöl-Könög nö wödör.«
    Ping Pinguin war empört. »Pfäme
dich, Seele-Fant!« Seele-Fant blickte ihn sehr von oben herab an.



Zwölftes
Kapitel
In
dem das Urmel träumt,
wie
es seinen Thron behauptet
und
seine Freunde verliert,
aber
gleich wiederbekommt
     
    Die Auseinandersetzung der
beiden wurde jäh unterbrochen: Das Urmel schoss wie eine große Rakete durch die
Luft und durch die Tür. Es hatte so viel Schwung, dass es bei der Landung auf
den vorgestreckten Bremsfüßen bis vor den Thron rutschte. Im Schloss war das
Parkett immer frisch gewachst und gebohnert.
    »Herunter!«, rief es Seele-Fant
zu.
    »Neun! Warum böst du nöcht
göblöbön, wo dör Pföfför wächst? Jetzt bleubö öch Könög«, brummte jener. »Ös
göfällt mör so söhr.«
    »Ha«, quiekte das Urmel. »Das
wird dir schlecht bekommen, das ist Verrat, du bist ein Verräter. Überhaupt
seid ihr alle Verräter, ihr habt mich im Stich gelassen, als ich gefangen
genommen worden bin, keiner hat für mich gekämpft und sein Leben geopfert, wie
das die Pflicht treuer Untertanen ist. Und jetzt huldigt ihr auch noch diesem
frechen Kerl!«
    »Wir huldigen gar nicht«,
widersprach Ping Pinguin.
    Das Urmel ließ sich nicht
unterbrechen. »Ihr dienert ganz ekelhaft unterwürfig vor ihm, der mir den Thron
und die Krone wegnehmen will. Ich werde euch alle bestrafen, alle, alle! Ich
will euch schrecklich königlich bestrafen. Wie denn, aber wie denn nur?«
    »Ja, wä denn? Wär sänd wärkläch
sehr gespannt!«, sagte Schusch mehr frech als ängstlich.
    Und Seele-Fant ließ sich
ebenfalls nicht aus der Ruhe bringen. Er begann wieder zu röhren wie ein schwer
erkälteter Sänger mit tiefer Bassstimme in der Oper: »Ös war eun Könög ön
Thulö...«
    »Ja, er war es, aber er war es
die längste Zeit. Jetzt ist es aus und vorbei mit ihm«, schrie das Urmel. Es
sah fuchsteufelswild aus. »Ich wünschte, ihr wäret alle leblos und
versteinert«, brüllte es.
    »Schon geschehen!«, antwortete
der Traumkobold. Er stand neben dem Thron, zog den Zylinderhut und verbeugte
sich tief.
    Totenstill war es plötzlich.
Und das Urmel schaute ungläubig.
    Seele-Fant auf dem Thron rührte
sich nicht, er war wie ein Denkmal aus grauem Granit. Da stand Wutz mit dem
Pokal in der Pfote, den sie Seele-Fant aus der Flosse genommen hatte, und auch
das Restchen Rotwein im Glas schien gleichsam gefroren zu sein. Ping Pinguin
wirkte wie ein Schwimmtier aus Plastik, Wawa wie aus Kupfer mit Grünspan,
Schusch, Babu und Tim Tintenklecks standen wie Stücke für die
Schaufensterdekoration herum. Und alle blickten mit toten, starren Augen ins
Leere.
    »Sehr schön, haha! Das ist eure
gerechte Strafe!«, rief das Urmel. Es freute sich. Es ging herum und stupste
jeden an und keiner beklagte sich oder sagte einen Pieps.
    Auch der Traumkobold schwieg.
    »Diese Stille im Schloss.« Das
Urmel hörte nur seine eigenen Schritte und das eigene Schnaufen.
    »He, he, he!«, rief
es. Es bekam keine
Antwort. Nur ein Echo von den Wänden, aus den Ecken.
    »Ach«, rief es. Nun traten ihm
Tränen in die Augen. »Jetzt habe ich ja keine Freunde, keine Spielgefährten und
keine Untertanen mehr. So macht das Königsein keinen Spaß.«
    Der Traumkobold lächelte. Oder
sah es nur so aus? Wer wusste denn jemals, was er meinte? Vielleicht dachte er,
dass immer einsam ist, wer sich über die anderen erhebt? Dann fragte er: »Was willst
du also? Sollen sie bleiben, wie sie sind, oder soll ich sie wieder lebendig
machen?«
    »Sind sie denn tot?«,
schluchzte das Urmel.
    Statt einer Antwort schnippte
der Traumkobold nur mit den Fingern. Da erwachten die Figuren aus ihrer
Erstarrung, bewegten sich, schüttelten sich, blickten einander mit klaren,
frischen Augen an.
    Noch mehr! Als habe er
plötzlich jeden Spaß an Thron und Krone verloren,

Weitere Kostenlose Bücher