Urmels toller Traum
Hinterbeine übereinander und betrachtete gedankenvoll die
Blumenmuster aus Gips auf der Zimmerdecke. Dabei schlief er ein. Wutz hatte
jetzt mehr als genug zu tun, Wawa in eine Braut zu verwandeln. Der arme Kerl
hatte sich in seiner Kammer schrecklich gelangweilt und wäre doch so gern beim
Empfang der Gäste dabei gewesen. Und je länger er alleine blieb, desto
schlechter wurde seine Laune.
Als nun Wutz zu ihm kam,
verkroch er sich unter den Schrank. Nur seine Schnauzenspitze schaute noch
heraus. »Ich spiele nicht mehr mit«, verkündete er dumpf.
»Zu spät, öfföff«, sagte Wutz.
»Gar nicht tschu spät. Die
gantsche Hochtscheit kann mir gestohlen bleiben, ich bin kein Mädchen und ich
bin keine Braut, ich will hier raus.«
»Zu spät«, sagte Wutz noch
einmal. »Du willst doch bestimmt kein Spielverderber sein. Früher, ich meine
vor hundert Jahren und noch mehr, haben nur Männer die Frauenrollen gespielt im
Theater. Und in Japan tun sie das heute noch. Und wenn Kinder Heiraten spielen,
dann spielt auch manchmal ein Junge die Braut.«
»Nee«, zischte Wawa. »Dann
spielt höchstens mal ein Mädchen den Bräutigam, höchstens!«
»Und was glaubst du, was ich
den Gästen sagen soll, wenn du nicht mehr mitmachst?«
»Denk dir ein anderes Spiel
aus! Wir können doch Maskenball spielen.«
»Na ja, das tun wir ja, öfföff,
wir spielen Maskenball und ich verkleide dich, öfföff.«
Über diese Bemerkung war Wawa
so verblüfft, dass er unter dem Schrank hervorkroch. Sich verkleiden ist
eigentlich immer ein schönes Spiel. Er ließ sich dabei nun widerspruchslos von
Wutz ein Schleppengewand aus hellgelber Seide überwerfen und einen duftigen,
mit Röschen bestickten Schleier über den Kopf. Doch damit dieser hielt, musste
er mit Wäscheklammern an der Haut festgeklemmt werden.
»Das tschwickt!«, empörte sich
Wawa.
»Aber du bist herrlich
verkleidet!« Wutz rechnete mit Wawas Eitelkeit.
Wawa tappte vor den Spiegel,
wandte den Kopf nach rechts, wandte ihn nach links und meinte: »Als Printsch
hätte ich mir besser gefallen.«
»Nun bist du eben eine schöne
Prinzessin, öfföff.«
Länger streiten konnten sich
die beiden nicht. Im Schlosshof erklang eine laute Fanfare. Tim Tintenklecks
stand ganz allein in der Mitte des Platzes und blies die Trompete. Fast
platzten ihm die Backen. Alle Fensterscheiben zitterten.
»Oh, du geschabte Rübe«,
seufzte Wutz, »ist es schon so spät? Es geht los. Und ich muss mich doch noch
selber zurechtmachen.« Rasch fuhr sie sich mit Kamm und Bürste über die
spärlichen Haupthaare und versuchte, wenigstens zwei Löckchen über der Stirn zu
drehen.
Dann sauste sie zur Tür hinaus,
auf die oberste Stufe, blickte ins Treppenhaus hinab, kam zurück und japste:
»Los, los, alle sind schon versammelt und warten auf uns. Vergiss nicht zu
lächeln!«
»Wie denn, wenn es so
tschwickt!«
»Zeig die Zähne.«
»Die Tschähne?«
»Na ja, so... öfföff.«
»Da fürchten sich doch alle vor
mir.«
Noch ein zweites, noch ein
drittes Mal tönte die Fanfare. Lächeln oder nicht, Zähne zeigen oder nicht,
jetzt musste die Braut hinabgeführt werden.
Sogar Wawa sah das ein.
Irgendwie kam er sich nun auch sehr wichtig vor, als Wutz mit ihrer breiten
roten Hofmarschallinschärpe ihn nun langsam und gemessen die Treppe
hinabgeleitete.
Unten rührte Ping Pinguin im
schwarzen Frack eifrig die Trommel.
Er stand da natürlich
keineswegs allein, alle Hochzeitsgäste hatten um Seine Majestät Urmel-König im
Halbkreis Aufstellung genommen. Er wartete im wallenden Mantel, mit Krone und
Zepter auf seine Braut. »Sie ist wirklich allerliebst!«, meinte Naftaline
leise.
Achtzehntes
Kapitel
In
dem das Urmel träumt,
wie
die Hochzeitskutsche vorfährt
und
über Stock und Stein rumpelt
Wawa lächelte, lächelte und
zeigte die Zähne. Wenn er das noch lange durchhalten musste, kriegte er sicher
einen Krampf in den Backenmuskeln.
Herr Mö ließ ein erstauntes
Schnaufen hören, das in einem »Mö«-Laut ausklang. Die Braut kam ihm genauso
sonderbar vor wie ihr Kleid und ihr Schleier. Heftig sog er an seiner kalten
Pfeife, deren Stiel schon ganz zerkaut war.
Direktor Doktor Zwengelmann
schnellte den Sucher seiner schon in der Arktis bewährten Kamera vor das linke
Auge und erschreckte alle durch das grelle Funken einer Blitzlichtaufnahme.
König Futsch drückte die Hand
seiner Frau Naftaline, weil er sich an seine Hochzeit mit ihr erinnerte und
sich über diese Erinnerung freute.
Nur
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