Urmels toller Traum
Und
drittens habe ich sie ja ganz gern, den Professor und Naftaline und Tim
Tintenklecks.«
»Die brauchst du ja nicht zu
fressen, als Ausnahme!«
»Vielleicht Zwengelmann. — Aber
nein, den auch nicht! Ich glaube, Menschenfresser ist nicht die Art von Macht,
die ich gern haben möchte. Es muss was Tolleres sein.«
»Toller?«
»Ja, lustiger.«
»Macht zu haben, ist gar nicht
so lustig, wie du denkst.«
»Für mich schon! Ich möchte,
dass alle tun müssen, was ich will. Vor allem Wutz. Wutz soll mir gehorchen
müssen und darf keine Widerrede haben. Aber auch alle anderen, Wawa, Babu, Ping
Pinguin, Seele-Fant und sogar du!«
»Hm!«, überlegte der
Traumkobold.
»Ist das so schwer?«, fragte
das Urmel bekümmert.
»O weia, es fragt sich nur, was
schließlich dabei herauskommt. Aber erkläre deinen Wunsch erst einmal etwas
genauer!«
»Es soll eine bunte, prächtige
Macht sein, so wie im Märchen!«
»Vielleicht König?«
»Das ist es! Märchenkönig.
König von Titiwu. Geht das?«
»Jaja, das geht!«
»Dann mach es gleich!«
»Lass mich nachdenken«, sagte
der Traumkobold, stand wieder auf und schlenkerte vor dem Urmel auf und ab, von
einer Matratzenecke zur anderen und wieder zurück.
»Nicht nachdenken! Ich will
gleich König werden!«
»Es wäre aber besser, wenn du
nicht einfach von mir zum König gemacht würdest.«
»Sondern?«
»Wenn dich die anderen alle zum
König haben wollten, wenn sie dich wählen würden.«
»Könige werden doch geboren!«
»Nicht immer. Nur wenn ihre
Eltern schon Könige sind. Manche werden geboren, manche werden es durch Heirat,
manche werden gewählt. Würde es dir nicht Spaß machen, wenn die anderen dich
wählten?«
»Wie geht das? Wie beim
Abzählen? Kurz und krumm und klein, du sollst König sein?«
»Nein, das wäre ja nur ein
Zufall, aber keine richtige Wahlentscheidung. Du musst einen Wahlkampf
führen!«, erklärte der Traumkobold.
»Mit Säbel und Schwert?«
»Nein, mit Worten!«
»Also auch nicht mit Boxen,
Hauen und Spucken? Und weh tut er auch nicht, der Wahlkampf?«
»Nein. Aber natürlich ist sein
Ausgang nicht ganz sicher.«
»Dann will ich ihn nicht. Ich
will sicher König werden. Ein richtiger, kein König Futsch! Ich will aus Titiwu
eine wundervolle königliche Insel machen, ein König-Urmel-Reich! Und ich will
alles machen können, was ich will, ohne dass mir Wutz etwas verbieten kann. Ein
König kann doch immer machen, was er will?«
»Ja, solange seine Untertanen
es sich gefallen lassen. Manchmal lehnen sie sich gegen ihn auf.«
»Gegen mich nicht!«, sagte das
Urmel bestimmt. »Ich will immer ein sehr mächtiger und guter König sein.«
Der Traumkobold lachte. Dann
meinte er: »Gut, versuchen wir es also!«
Drittes
Kapitel
In
dem das Urmel träumt,
wie
es einen Wahlkampf vorbereitet
und
einen Gegenkandidaten bekommt
Das war seltsam. Eben war es
noch finstere Nacht gewesen. Aber ganz plötzlich, ohne jeden Übergang, ohne
Dämmerung und Morgengrauen, strahlte die Sonne am Himmel, war es heller Tag.
Der Traumkobold hüpfte aufs Fensterbrett und rief: »Ich verlasse dich jetzt,
aber ich bin dennoch immer da, wenn du mich brauchst.« Schon war er
verschwunden. Trotzdem hatte das Urmel ständig das Gefühl, dass er neben ihm
sei, an seiner rechten oder linken Seite, oder auch hinter ihm.
Es sprang daher sorglos — weil
es sich nicht verlassen fühlte — von seiner Matratze und schritt aufrecht zum
Schrank, an dessen Tür außen ein Spiegel angebracht war. Sein dicker Schwanz
schleifte hinter ihm her wie eine lange Schleppe. Das Urmel spuckte sich in die
Vorderpfoten und strich sich sorgfältig über die Schnauze, über die Stirn und
die Wangen, ja es bohrte sich sogar die Ohren mit dem Kratzfinger aus und
murmelte: »Ich muss einen sauberen, gepflegten Eindruck machen.« Danach öffnete
es den Schrank, weil es wusste, dass Wutz hier ihr Parfüm, Puder und einen
Lippenstift aufbewahrte. Es benützte aber den Lippenstift nicht, sondern
staubte sich nur etwas Puder über das Haupt und spritzte sich Parfüm in den
Nacken. Befriedigt nickte es seinem Spiegelbild zu und meinte: »Ich werde ein
feiner König werden.«
Es schloss den Schrank, dessen
Tür quietschte, sagte: »Die lasse ich von Tim Tintenklecks ölen!«, und verließ
das Urmel-Zimmer mit stolzgeblähter Brust.
Wutz lag in der Schlummertonne
und schnarchte. Am frühen Morgen schlief sie besonders tief. Der geblümte
Vorhang war geschlossen. Das Urmel klopfte auf das
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