Urod - Die Quelle (German Edition)
untergehenden Sonne leuchtete und wie ein Fremdkörper in dieser trockenen Wüstenei wirkte.
„ Ich schlage vor, wir gehen in westlicher Richtung durch den Wald. Laut Karte ist das die einzig logische Möglichkeit, um zum Camp zu kommen“, schlug Sebastian vor.
Thomas, Viola und Sebastian bildeten die Vorhut. Die anderen beiden trotteten hinterher.
„ Auf der Karte sieht das eher aus wie ein Hain als wie ein Wald. Diese Bäume müssen ganz schön widerstandsfähig sein", bemerkte Sebastian.
„ Vielleicht haben sie sich dem Klima angepasst und kommen jetzt mit ganz wenig Wasser aus. Ein evolutionärer Sprung sozusagen", antwortete Viola.
Sebastian nickte zerstreut.
„ Sie graben hier seit fast einem Jahr und die Funde sollen wirklich sensationell sein. Wenn wir das Praktikum erst hinter uns haben, gehören wir vielleicht zu den Berühmtheiten unseres Fachkreises.“
„ Ich bin schon froh, wenn wir überhaupt das Camp finden“, meinte Viola trocken.
Sebastian hielt noch eine Weile einen Monolog darüber, wie wichtig dieses Praktikum für sie alle war und welch sonnige Zukunft ihnen bevorstand. Viola und Thomas ließen ihn reden. Ab und zu sah Viola sich um, ob Enza und Lea den Anschluss nicht verloren hatten.
Die beiden schleppten sich mühsam über das jetzt hügelige Gelände auf den Wald zu. Lea schien sich von Stunde zu Stunde zu verkleinern, ihr riesiger Rucksack drückte ihre zierliche Gestalt zu Boden, sodass Enza drauf und dran war, ihr die Last abzunehmen, sich dann aber eingestehen musste, dass sie selbst kaum noch konnte. Ihre Kondition war auch nicht mehr das, was sie noch vor zwanzig Jahren gewesen war. Jeder Knochen im Leib tat ihr weh und ihre Füße spürte sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Insgeheim bewunderte sie Lea, die ihre Last mit stoischem Gleichmut zu tragen schien.
Plötzlich hielt Lea inne.
„ Hast du das gehört?“
Enza warf ihr einen fragenden Blick zu. Lea lauschte gebannt, konnte aber keinen Ton ausmachen. Es war nachgerade unnatürlich still, nicht mal die Insekten summten und auch das Rauschen der Bäume des jetzt nahen Waldes, durch deren Kronen ein sanfter Wind strich, war nicht zu hören.
„ Ich höre überhaupt nichts. Nur das Gerede von dem da."
Enza wies auf Sebastian.
„ Es hat sich wie Frauenstimmen angehört.“
„ Gut. Ich fände es nicht schlecht, wenn wir bald da wären.“
Lea setzte sich wieder in Bewegung, als Sebastian sie mit einer energischen Geste zur Eile aufforderte.
„ Ich hoffe, er hat nur halb so viel drauf, wie er einem weismachen will.“
Hunger, Durst und Müdigkeit brachen sich jetzt Bahn in Enzas Ärger über Sebastian. Lea zuckte nur die Achseln.
„ Sein Vater ist Professor Reuter, ein hohes Tier beim Deutschen Archäologischen Institut. Wenn einer von uns Karriere macht, dann Sebastian, dafür wird sein Vater schon sorgen.“
Enza schnaubte missbilligend, aber Lea sah nicht so aus, als störe sie diese Art Vetternwirtschaft. Es war, wie es war, warum sollte sie sich also darüber aufregen. Etwas anderes schien ihr aber auf der Seele zu liegen.
„ Aber sein Freund, Thomas, ist total nett."
Sie brach ab, als sie Enzas amüsiertes Grinsen sah.
„ Schon klar.“
„ Was ist klar?"
„ Du stehst auf ihn."
„ Blödsinn."
„ Lea!"
Lea hob abwehrend die Hände, ließ sie dann jedoch kraftlos sinken. Zu ermattet, um zu lügen.
„ Ja. Ehrlich gesagt, schon seit zwei Jahren.“ Eilig fügte sie hinzu: „Ich weiß, ich bin naiv.“
In Enzas Augen flackerte Verständnis auf. Sie wusste, dass es zwecklos war, sich zu fragen, warum man einen Menschen liebte. Dabei war es egal, ob die eigenen Gefühle erwidert wurden oder nicht. Doch wenn sie erwidert wurden, war es um so unverzeihlicher, sich von dieser Person abzuwenden. Sie aus dem eigenen Leben auszuschließen und das bis zum bitteren Ende.
„ Nein. Aber du solltest du ihm endlich sagen, was du für ihn empfindest. Und wenn es dann nicht hinhaut, tja, dann hast du's wenigstens versucht.“
Lea stolperte über einen Stein und wankte kurz, als habe sie dieser Gedanke völlig aus dem Gleichgewicht gebracht.
„ Meinst du wirklich?“ fragte sie mit großen Augen.
Enzas Verständnis überraschte Lea. So wie sie sich bis jetzt verhalten hatte, hätte Lea eher gedacht, Enza würde ihr Geständnis mit einem desinteressierten Schulterzucken abtun.
„ Wieso erzählst du mir nicht, was mich bei unserer Grabung erwartet“, versuchte Enza das Gespräch wieder auf
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