Urod - Die Quelle (German Edition)
auf dem Armaturenbrett befanden. Beunruhigt zeigte sie es den anderen.
„ Wahrscheinlich war er kaputt und sie haben ihn hier einfach seinem Schicksal überlassen“, versuchte Sebastian sie zu beruhigen. „Oder er ist einer Bärenattacke zum Opfer gefallen."
Lea schüttelte den Kopf.
„ Bären gibt es in dieser Gegend keine. "
„ Das war ein Witz, Rotkäppchen."
Lea hörte Sebastians Antwort gar nicht, denn sie regte sich zu sehr darüber auf, wie jemand sich erdreisten konnte, dieses unberührte Fleckchen Natur derart zu verschandeln. Enza warf ihr einen schnellen Blick zu, den Lea auf Anhieb verstand und den Mund hielt. Sie hatte den Bogen bereits überspannt und tat besser daran, sich eine Weile zurückzuhalten.
Thomas war um den Wagen herumgegangen, um ihn von allen Seiten zu begutachten. Es war jedoch nichts zu erkennen, das auf einen Unfall oder ähnliches hindeutete.
„ Vielleicht ist ihnen einfach das Benzin ausgegangen“, mutmaßte er.
Enza runzelte die Stirn.
„ Die nächste Tankstelle ist doch sicher einen ganzen Tagesmarsch entfernt.“
„ Seht euch das an!“
Thomas war auf der Rückseite des Wagens stehengeblieben. Die Rückscheibe war zerborsten und es klaffte ein riesiges Loch in ihrer Mitte, das jemand provisorisch mit Klebeband und einer opaken Klebefolie zu reparieren versucht hatte. Sebastian war sofort zur Stelle, um die Scheibe zu begutachten. Er hielt schaltete seine Taschenlampe ein, um den Schaden im narrenden Zwielicht der Dämmerung besser in Augenschein nehmen zu können.
„ Scheint wirklich, als hätten sie einen Unfall gehabt. Warte mal - was klebt denn da dran?“
Während Sebastian sich einen kleinen Ast von einem Baum abbrach, fixierte Thomas die Stelle, auf die sein Freund gewiesen hatte. Dort, an den Schnittstellen des gesplitterten Fensters hing etwas, das aussah wie ein gegerbter Hautfetzen. Sebastian schob das Hautstück mit dem kleinen Ast hin und her.
Viola wollte nicht länger darüber spekulieren, was dem Transporter zugestoßen sein könnte. Dieser Ort war ihr unheimlich und das vage Gefühl, hier nicht willkommen zu sein, hatte sich in den letzten Stunden nur noch verstärkt. Der Regen war heftiger geworden und trommelte auf den blechernen Torso des Transporters.
„ Beeilen wir uns!“ rief Viola und trabte los.
Sie wollte nur weg von dem Autowrack, das ihr wie ein weiteres schlechtes Omen vorkam. Dicke Tropfen platschten jetzt vom Himmel und durchnässten die kleine Gruppe bis auf die Knochen. Sie hatten das Ende des Weges erreicht und kämpften sich tapfer durch das dichte Gebüsch, hinter dem sie einen ersten Blick auf das Camp erhaschen konnten. Es war nun nicht mehr weit, was Viola mit großer Erleichterung registrierte. Ihre Klamotten klebten nass und kalt an ihrem Körper und durch ihre Haare rannen kalte Bäche, die sich auf ihrer Nasenspitze sammelten, um von dort ihren Weg nach unten anzutreten. Sie hatte Angst, eine Erkältung zu bekommen und trieb die anderen immer wieder zur Eile an, auch wenn das gar nicht nötig war, denn ihnen ging es ganz ähnlich.
Plötzlich schien es Viola, als habe Enza oder Lea sie gerufen. Sie blieb stehen, blickte zurück und wurde prompt von Enza umgerannt, die direkt hinter ihr war. Lea konnte gerade noch abbremsen, sonst wäre auch sie in die beiden hineingelaufen. Verwundert sah Viola die beiden an. Sie hätte schwören können, ihre Stimmen von viel weiter weg gehört zu haben.
„ Was ist denn?"
„ Habt ihr mich gerade gerufen?“
Die beiden blickten sie verständnislos an. Auch Sebastian und Thomas waren stehengeblieben.
„ Eine von euch hat mich doch gerade gerufen, oder nicht?“
Allgemeines Kopfschütteln.
„ Nein, da musst du dich verhört haben."
„ Aber ich bin sicher, dass…“
Doch noch ehe sie den Satz beenden konnte, ertönte der helle Klang erneut. Und dieses Mal hörten es die anderen auch.
„ Das hab ich eben schon mal gehört, als wir noch weiter weg waren. Vielleicht braucht jemand unsere Hilfe“, bemerkte Lea.
„ Hört sich an wie eine Frau", sagte Viola.
Wieder erklang die Stimme, gedämpft durch den niederprasselnden Regen. Die fünf lauschten angestrengt. Sebastian leuchtete nach allen Seiten die Umgebung ab, als könne er das Geräusch so besser hören. Enza schüttelte den Kopf.
„ Hört sich eher wie Glocken oder so was an.“
Thomas stimmte ihr zu. Die anderen waren sich nicht sicher. Doch da erklang das Geräusch erneut und dieses Mal war klar zu
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