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Urod - Die Quelle (German Edition)

Urod - Die Quelle (German Edition)

Titel: Urod - Die Quelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Levine
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den Mund und schluckte ihren Inhalt in einem Rutsch hinunter, als hätte er einen Schlund aus Gummi, den er unbegrenzt weiten konnte. Die anderen hatten sich mittlerweile daran gewöhnt und taten ihr Bestes, sein Schlingen zu ignorieren, nur Sebastian sah ihm mit nicht versiegender Neugierde dabei zu. Er hatte sich eine weitere Flasche Schnaps organisiert und nahm zwischendurch ein paar ordentliche Schlucke. Viola konnte es ihm nicht verdenken, nach allem, was sie erlebt hatten. Sie spürte, dass Thomas' Augen immer wieder zu ihr herüber wanderten, doch sie vermied den Blickkontakt, aus Angst, er könne in ihr lesen wie in einem Buch. Sie wusste, dass er sie bei der nächsten Gelegenheit zur Rede stellen würde. Wegen Lea und auch weil er wusste, dass da noch etwas anderes in ihr schwelte. Dass sie schwanger war überlagerte momentan alles. Der Vorfall mit Lea, wie sie es für sich nannte, schien plötzlich Lichtjahre entfernt. Alles, was zählte, war das Leben, das in ihr heranwuchs. Sie musste eine Entscheidung treffen.
     

    Enza hatte sich in eine Ecke zurückgezogen und hielt ein Bild von Nicole in der Hand. Sie begriff jetzt viel besser, was ihre Geliebte durchgemacht haben musste und obwohl es kaum erträglich war, so war sie doch froh, dass sie es erfahren hatte. Jetzt konnte sie ihr endlich verzeihen, dass sie alleine sterben wollte. Sie, Enza, hätte genauso wenig zugelassen, dass ihre Geliebte sie so verwandelt ertragen müsste. Der ausgeweidete Urod in der Höhle und das Fries hatten ihr eine ungefähre Vorstellung vermittelt, was aus Nicole geworden war. Auch sie hätte alles getan, um Nicole den Anblick zu ersparen. Nicoles letzte Tat war nicht von Egoismus beflügelt, sondern von unendlicher Liebe. Liebe zu ihr. Zu Enza. Sie war zurückgekehrt, um sie noch ein letztes Mal zu sehen. Und dann hatte sie sich vollkommen allein diesem furchtbaren Tod hingegeben. Enza war nicht sicher, ob sie den Mut dafür gehabt hätte. Sie war nicht mal sicher, ob ihr Mut jetzt reichen würde.
    Sie musste sich ablenken. Diese Gedanken würden sie auf Dauer zermürben. Sie sollte handeln. Irgendetwas tun, sich irgendwie vorbereiten. Schon immer war sie ein Mensch gewesen, der wahnsinnig wurde, wenn er nur dasaß und grübelte. Da fiel ihr ein, dass sie das Fries, das sie in der Höhle der Urods gesehen hatten, zeichnen wollte. Die anderen hatten es mit keinem Wort erwähnt. Auch sie schienen es vergessen zu haben, aufgrund des grauenerregenden Funds, den sie dort gemacht hatten. Sich an die Details des Fries' zu erinnern, wäre genau das Richtige, um ihre Aufmerksamkeit auf etwas zu lenken, das sie vor dem Strudel von düsteren Empfindungen rettete, der sie zu verschlingen drohte. Sie räumte kurzerhand einen Karton mit Konserven leer, riss die Seitenwände ab, setzte sich an den Tisch und begann zu zeichnen.
    Mit sicherem, schnellen Strich hatte sie das erste Bild des Fries bereits auf die unebene Pappe der Kartons gebannt und widmete sich gerade dem zweiten, als Drago hinter sie trat und die Detailgenauigkeit ihrer Zeichnung bewunderte.
    „Das Fries. Du hast ein beeindruckendes Gedächtnis."
    Enza gab einen erstickten Laut von sich und zeichnete weiter.
    „Gott, bei der Aufregung hatte ich es völlig vergessen", murmelte Viola und fing Thomas' Blick auf. Es sah aus, als habe er Tränen in den Augen, doch er wandte schnell den Kopf ab und Viola war sich auf einmal nicht mehr sicher, ob sie richtig gesehen hatte.
    Sie alle warteten schweigend ab, bis Enza mit den Bildern fertig war. Als sie das zehnte Bild beendet hatte, legte sie die Pappe mitten auf den Tisch und stand auf, damit die anderen besser sehen konnten.
    „Wenn ich das richtig einschätze, erzählt uns das Fries den Rest der Geschichte, die sich hier vor dreitausend Jahren abgespielt hat. Offensichtlich gibt es ein Happy End", bemerkte Sebastian.
    „ Ja, es ist faszinierend", sagte Drago. „Es ist deutlich zu erkennen, dass es sich um zwei verschiedene Künstler handelt. Der Stil der Ausführungen ist unterschiedlich. Ich nehme an, der Erste hat sich verwandelt, bevor er sein Fries beenden konnte. Aber das hier..." Er nahm die Pappe und hielt sie hoch, um die Bilder genauer betrachten zu können. „Dieses Fries ist vollendet worden."
    Thomas, Viola, Sebastian und Drago studierten die Zeichnungen Enzas intensiv, während sich Miles und Enza im Hintergrund hielten und abwarteten, was den vier Archäologen dazu einfallen würde. Enza hatten den Eindruck,

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