Uschi Zietsch
erklären. »Ich muss herausfinden, wie und warum es geschah. Und dann werde ich mich endlich der Herausforderung stellen. Aber zuvor brauche ich deine Hilfe.«
Fandor sah auf. »Du?«, fragte er erschrocken.
»Ja, Fandor. Ich bin todkrank. Ich glaubte zuerst an gebrochene Rippen, aber die Dwargs sagten mir, dass eine Lunge bald zerstört ist. Der Brustkorb ist eingedrückt, und eine Rippe hat sich in die Lunge gebohrt. Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt noch lebe. Ich habe es dank meiner Magie bis nach Hause geschafft, aber jetzt kann ich nicht mehr. Du musst mir helfen, Fandor, und zwar noch heute Nacht. Denn jetzt, da ich hier bin und mich entspanne, verlassen mich meine Kräfte, ich kann es spüren. Die Heilkraft der Dwarg ist groß, doch ihre Kräuter wirken nicht mehr, und das Fieber kriecht bereits in mir hoch.«
Der Lordmeister war bleich geworden, dann fasste er sich. »Wir werden alles tun, Kelric. Aber es wird lange dauern. Und du musst stark sein.«
»Wie lange?«, fragte Kelric.
»Mindestens eine Sternenwanderung«, antwortete Fandor. »Inzwischen werde ich mich persönlich um Gorwyna kümmern. Um Laïmor mach dir keine Sorgen: Ich schicke meine beiden besten Zauberer sofort auf den Pfeilstieren los. Sie werden mit den Dwarg die Phantome aufhalten und das Reich sperren. Bei Elwin, du Narr, warum hast du nicht gleich gesagt, was mit dir los ist? Du musst ja entsetzliche Schmerzen haben!«
Kelric lächelte schwach. »Ich wollte Gorwyna nicht beunruhigen. Sie hat so viel mitgemacht.«
»Narr«, wiederholte Fandor leise. »Ich weiß nicht, ob ich dich beneiden oder tadeln soll. Aber was geschehen ist, kann nicht ungeschehen gemacht werden. Ich hoffe nur, dass uns dies nicht schwächen wird.«
»Sie wird unsere zweite Waffe sein«, sagte Kelric, der auf einmal sehr blass wurde. Er rang nach Atem.
Fandor sprang auf und hastete zu seinem Medizinschrank. Er schüttete einige Kräuter und Pulver in ein Glas, füllte es mit Wasser und rührte es um. »Schnell, trink!« Als er sah, dass Kelric zusammensackte, hielt er seinen Kopf, setzte ihm den Becher an die Lippen und zwang ihn zu trinken.
Kurz darauf beruhigte sich Kelrics Atem wieder. Der Schweiß auf seiner Stirn trocknete, und sie wurde kühler, als das Fieber sank.
»Heute können wir noch nichts tun, alter Freund, es geht dir viel zu schlecht«, stellte der Lordmeister sorgenvoll fest. »Du würdest es nicht überleben, wenn wir deinen Brustkorb öffnen. Außerdem müssen wir uns entsprechend vorbereiten. Ich gebe dir nachher noch ein zweites Mittel, damit du schlafen kannst. Und dann, bei Ringwes Ketten, wirst du gefälligst diese Nacht überleben!«
»Ich-ich will mich noch von Gorwyna verabschieden und sie morgen selber in das Gewölbe bringen«, sagte Kelric mit klappernden Zähnen. »Und-und so schnell sterbe ich nicht, dafür habe ich zu viel zu tun ... nun muss ich schon zwei Schwüre erfüllen ...«
Fandor schüttelte den Kopf. »Du bist wirklich der verrückteste aller Zauberer, mein Freund, schon seit du ein Kind warst. Der Gelbe Gott und der Alte Zauberer sollten wissen, worauf sie sich da eingelassen haben.« Er half Kelric aufzustehen und schob ihn dann in das Zimmer nebenan, zu seinem eigenen Bett. »Du bleibst heute bei mir.«
Kelric hatte keine Kraft mehr, sich dagegen zu wehren. Er sank in einen ohnmachtähnlichen Schlaf, kaum dass sein Kopf im Kissen lag. Fandor hielt die ganze Nacht an seinem Bett Wache.
Gorwyna wartete schon lange ungeduldig und besorgt, endlich abgeholt zu werden. Ihr Gesicht hellte sich auf, als Kelric die Tür öffnete. »Wirst du mich geleiten?«
»Das lasse ich mir nicht entgehen«, sagte er lächelnd. »Den größten Moment deines Lebens, Gorwyna. Ich hoffe, du hast ausreichend nachgedacht und bist dir deiner Entscheidung sicher.«
»Das bin ich, Kelric. Nur so kann ich an deiner Seite bleiben, und ich will dich nicht verlassen. Außerdem ... braucht ihr mich und meine Gabe. Wofür sonst habe ich sie erhalten?«
»Noch kannst du zurück«, wiederholte er. »Danach nicht mehr. Du wirst ein ganz neues Leben beginnen.«
Sie hob die Hand zu seinem Gesicht und lächelte, von tiefer Zuversicht erfüllt. »Ich habe erlebt, welches Glück dir die Magie spendet, und wie erfüllt du bist von deinem Leben. Du hast es nie bereut, und es hat dir zu einer Größe und Weisheit verholfen, die normalen Menschen nicht möglich ist. Ich wäre dumm, wenn ich zögern würde. Außerdem ... werde ich keinen so
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