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Utopolis

Utopolis

Titel: Utopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Illig
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»kurz, bitte.«
    »Die Armee ist fort«, tönte es lakonisch zurück.
    »Und was weiter?«
    »Ungefähr zweihunderttausend Arbeiter, die in den Wohnburgen am Westrand der Stadt untergebracht waren, sind ausgewandert. Die Häuser stehen leer.«
    »Was haben Sie unternommen?«
    »Die Polizei benachrichtigt.«
    »Sie sind Ihre Krone wert«, sagte Morgon trocken. »Melden Sie sich in einer Stunde, habe jetzt keine Zeit.« Und schaltete den Sprecher ab.
    »Was halten Sie davon?« fragte er die verblüfften Geldleute. »Der Joll ist ein Kerl von Genie. Das muß man ihm lassen. Ich schlage vor, wir beschäftigen uns später mit dieser Neuigkeit …«
    Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden.
    Verstohlen oder offen verfolgte jeder von uns das Vorrücken des Sekundenzeigers auf der großen elektrischen Uhr zu Häupten Morgons.
    Ich wünschte mir, durch die Kraft der Phantasie die Umdrehungsgeschwindigkeit der Motoren in den Fernlenkern verdoppeln zu können. Ich sah, wie sie im Rasen die Nacht hinter sich zerrissen. Dämonen der Zerstörung waren sie, die nach Beute lechzten. Und ich gönnte sie ihnen aus ganzem Herzen. In dem Augenblick mußten sie auf Utopolis stürzen, da der Ingenieur im Nebenraum durch einen Hebeldruck dieses verruch te Haus in Energie einsargte, die nicht mehr nach außen strahlen konnte. Da würden diese stählernen Vögel mit den vulkanischen Kräften in den Leibern auf uns niederfallen. Die Erde würde bis in ihre feurigen Abgründe aufreißen und dieses Geschwür aus ihrem Körper brennen.
    Ich sah, wie diese Stahlburg auseinanderkrachte und in Atome zerstob, daß von diesen Morgons und den anderen Goldgötzen kaum die flockige Asche übrig blieb. Daß ihr Schicksal zugleich das meine sein wür de, kam mir nicht einmal in den Sinn. Hätte mich auch nicht bekümmert. Der Haß gegen diese gewissenlosen Schurken glühte in mir wie Fieber.
    Dieser Triumph, den ich im voraus genoß, leuchtete wohl aus meinem Gesicht, denn plötzlich sprang Morgon auf, seine sonst so beherrschten Züge verzerrten sich, er stürzte sich auf mich, spie mich an und keuch te: »Du Hund – du weißt alles – dich hat Joll geschickt – ich laß dir deine verdammte Zunge ausreißen und die Augen blenden – Prolet!« Und er schlug mich wieder und wieder, daß mir das Blut aus Nase und Mund schoß.
    Das brachte ihn zur Besinnung. Er wischte sich voll Ekel seine besudelten Hände ab, wandte sich und sagte ruhig: »Wir binden den Kerl später auf den elektrischen Stuhl und kochen ihn langsam zu Tode auf amerikanische Art. Da werden wir schon erfahren, wohin Joll untere Armee entführt hat …«, nahm wieder seinen alten Platz ein und zündete sich eine Zigarette an.
    »Die Flugschiffe – wie weit?« fragte er an.
    »Knapp hundert Kilometer!« tönte es zurück.
    »Wie sieht’s im Turm aus?«
    Der Ingenieur antwortete: »Schätze noch vier Minuten.«
    »Dann, meine Herren« – Morgon atmete tief auf –, »können wir uns wohl als gerettet betrachten. Bis die Flugzeuge heran sind, hat der Turm seine Energie verpufft und wir können sie aus der Bahn treiben.«
    Von den zwölf Männern wich die Lähmung der Angst. Sie rückten sich in ihren Sesseln zurecht, griffen zum Rauchzeug, witzelten über Bob des Ersten klassischen Ausspruch: Die Armee ist fort.
    »Mochte mal das Sprengloch am Turm sehen«, meinte einer und blies blaue Ringe von sich. »Muß doch so ziemlich fertig sein.«
    Morgon nickte, auch ihm war diese Ablenkung willkommen. »Beobachten Sie am kleinen Apparat den Schalter im Turm und geben Sie mir den großen frei«, befahl er dem Ingenieur. Dann schraubte er, und wir blickten in eine tiefe Schlucht, in der Arbeiter wimmelten. Bohrmaschinen fraßen sich mit ihren diamantenen Kronen in den Granit ein und schufen einen Tunnel, der bereits unter die Gründung des Turmes reichte.
    Im Reflex der Scheinwerfer, die in den Abgrund hineinleuchteten, schimmerte weiß und steil die Front des Turms.
    »Nehme an, daß die früheren Sprengungen bereits das Fundament angerissen haben«, meinte Morgon und veränderte die Einstellung.
    Wir sahen jetzt in einen breiten Korridor, der wie ein tiefer, offener Graben zwischen Außenmauer und Turm verlief. Weitgeschwungene metallische Bögen zogen sich durch ihn.
    »Dort strahlt der Energiepanzer aus«, belehrte Morgon.
    Der Fernseher tastete diesen Betongraben entlang, um Schäden zu entdecken. In Abständen, der Außenmauer zugewendet, folgten Nischen. Sie dienten wohl den Ingenieuren

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