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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schwarz
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die ersten Zeichen eines wundervollen Sonnenaufgangs zeigten. Er wird es nie mehr sehen können, ging mir durch den Kopf. Auf so vieles verzichten zu müssen, ohne sich selbst dafür entschieden zu haben. Der Himmel färbte sich glutrot und am Horizont tauchte die erste Rundung des licht- und lebensspendenden Feuerballs auf. Es war zum Weinen schön.
    Und ich weinte. Weinte für ihn. Um all die verlorenen Sonnenaufgänge und Tage, die ihm genommen worden waren.

3.
    Nachdem ich fast den ganzen Samstag verschlafen hatte, saß ich nun vor meinem Kaffee und versuchte wach zu werden. Der gestrige Abend und die Nacht kamen mir auf einmal so unwirklich vor, so weit weg. Mein Hirn schaltete alle verfügbaren Schutzmechanismen ein, um mich vorm Durchdrehen zu bewahren und versuchte, Erklärungen zu finden. Ein Traum? Halluzinationen?
    Meine wundgeküssten Lippen erzählten etwas anderes. Aber vor allem mein Herz ließ sich nicht beeinflussen, es wusste die Wahrheit. Nach und nach kam das alles in meinem Verstand an und mit ihm auch tausend Fragen. Wie konnte es so etwas, so jemanden geben? Er hatte gesagt "meine Art". Wie viele von seiner Art gab es noch? Trank er wirklich Blut? Menschenblut? Ein Schauer lief mir über den Rücken. Hatte er gar schon jemanden getötet? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. Langsam aber sicher drehte sich alles in meinem Kopf. Mitten in dieser Gefühlsachterbahn klingelte das Telefon. Mein Herz stolperte prompt.
    »Ja?«, meldete ich mich atemlos.
    »Ich konnte nicht abwarten, deine Stimme zu hören.«
    Alle Zweifel und Ängste waren wie weggewischt.
    »Viktor«, hauchte ich in den Hörer.
    »Geht es dir gut Engelchen? Ich weiß, das war alles sehr viel gestern …", er stockte kurz. »vielleicht zu viel … ich weiß es nicht? Willst du mich überhaupt wiedersehen?«
    Seine warme, weiche Stimme war Balsam für meine wirren Gedanken, glättete und beruhigte sie.
    »Ja! Aber ja!! So schnell wie möglich!«
    Ich konnte sein erleichtertes Aufatmen hören.
    »Darius wird in einer Stunde bei dir sein, wenn dir das recht ist?«
    Eine Stunde? Das war nicht viel. Schnell trank ich meinen Kaffee aus und stürzte mich ins Bad.
    Die Zeit verging rasend schnell, aber irgendwie schaffte ich es doch, fertig zu werden. Heute war es mir nicht so wichtig, toll gestylt zu sein.
    Das Einzige, was zählte, war möglichst bald bei ihm zu sein. Ich schlüpfte gerade in meine Schuhe, als es auch schon klingelte.
    »Der Wagen wartet", hörte ich die Stimme des Chauffeurs an der Sprechanlage.
    »Ich komme!«
    Ungeduldig flog ich die Treppen hinunter.
    Die Limousine stand direkt vor dem Haus und Darius, wie immer, mit unbewegtem Gesicht davor. Er öffnete mir die Tür und ich stürmte fast hinein, konnte nicht abwarten, in diese unfassbar blauen Augen zu sehen. Aber was mich anblickte, war nicht blau — es war grün! Sasha saß im Wagen und lächelte mich triumphierend an.
    »Anna, wie schön, Sie so schnell wiederzusehen!«
    Was soll das denn?
    Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Die Entscheidung nahm mir Darius ab, indem er hinter mir die Tür schloss. Sasha fixierte mich immer noch.
    Verdammt, was hat er sich dabei gedacht?
    Ich versuchte irgendwie die Fassung zu wahren.
    »Sasha. Mit Ihnen hätte ich nun nicht gerechnet.«
    Sie lachte leise auf.
    »Ich weiß meine Liebe. Aber keine Sorge, ich werde Sie sicher zu Viktor bringen. Ich wollte nur noch ein wenig mit Ihnen plaudern.«
    Die Frau war die Lässigkeit in Person. Unsicherheit kroch in mir hoch. Der Wagen fuhr an und ich verlor fast das Gleichgewicht in meiner immer noch hockenden Position. Sie klopfte auf den Platz neben sich.
    »Na los, ich sagte doch schon, ich beiße nicht.«
    Verblüfft sah ich auf, das hatte sie tatsächlich schon einmal gesagt. Aber jetzt hörte es sich irgendwie anders an. War sie vielleicht auch …? Das würde manches erklären.
    »Ja Anna, genau so ist es. Und deshalb will ich auch mit Ihnen reden. Auch wenn Viktor mir dafür wahrscheinlich den Kopf abreißen wird.«
    Also weiß er gar nichts davon. Was will sie von mir?
    Jetzt siegte die Neugier über meine Verunsicherung. Ich setzte mich in sicherem Abstand neben sie.
    »Könnt ihr denn alle … Gedanken lesen?«
    Dieser Blick war unheimlich, bohrte sich meinen Kopf wie ein Giftpfeil. Dann hörte ich ihre Stimme.
    »Ja, und wir können noch so viel mehr, von dem Sie nichts wissen. Vielleicht auch gar nicht wissen wollen.«
    Sie hatte die Lippen nicht bewegt.
    Mit

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