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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schwarz
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Jahreszeit schon fast zu mild. Der Geruch nach feuchtem Gras wurde von dem süßen Duft der Hyazinthen überlagert. Nach einer Weile kam ich zu einer Bank und setzte mich, sog tief die herrlich frische Luft ein.

12.
    Die Zeit verging. Minuten? Stunden?
    Zuerst merkte ich nicht, dass sich jemand neben mich gesetzt hatte, letztendlich war es mir auch völlig egal. Ein Arm legte sich sanft um meine Schulter, ich lehnte mich an und starrte weiter in den sternenglitzernden Nachthimmel. Als ich tief aufseufzte, flüsterte er: »Keine Angst. Ich bin bei dir«, und küsste mich auf die Stirn. Seine Locken kitzelten an meiner Nase, als er mich fester an sich zog. Wir blieben einfach so sitzen, sprachen nicht, bewegten uns nicht. Irgendwann lichtete sich die Schwärze ganz allmählich und am Himmel tauchte die Vorahnung von Rot auf. Ich hob den Kopf und sah nach oben. In den wasserblauen Augen lag ein Ausdruck, den ich nicht deuten konnte. Oder wollte.
    »Wir sollten besser gehen. Es wird bald hell.«
    »Ja. Das sollten wir.«
    Fast widerwillig stand er auf, bot mir die Hand und zog mich nach oben. Als ich ihm gegenüberstand, bemerkte ich, dass seine Verletzungen völlig geheilt waren.
    »Ich will nicht zurück ins Haus.«
    Schon die Vorstellung bereitet mir Übelkeit. Er zog die Augenbrauen hoch, überlegte kurz und nickte dann.
    »Gut, dann kommt mit.«
    Während wir Richtung Straße gingen, ließ er meine Hand nicht los. Am Straßenrand stand ein geparkter Wagen — ein Griff, ein leises Knirschen und die Türen waren entriegelt. Er half mir beim Einsteigen und setzte sich auf den Fahrersitz. Mäßig interessiert überlegte ich, wie er den Motor wohl starten wollte. Aber der Wagen sprang von alleine an, ohne Schlüssel.
    Das ist wohl so was wie Pierres Trick mit dem Licht.
    Er legte den Gang ein und schoss mit durchdrehenden Reifen los. Ich lehnte mich in den Polstern zurück und ließ ihn machen. Es war mir gleich, Hauptsache nicht zurück in dieses Blutbad. Wir rasten mit extrem überhöhter Geschwindigkeit durch die heller werdende Nacht. Er warf mir immer wieder einen Seitenblick zu.
    »Wir sollten den anderen Bescheid sagen, vor allem Vik.«
    Ich zuckte die Schultern. Er fummelte das Handy aus der Hosentasche, steuerte mit einer Hand weiter, ohne langsamer zu werden.
    »Vik? Ja. Ich fahre in die Stadt zurück. …. Ja, sie ist bei mir … Nein, sie will nicht zurück … NEIN! Sie will es nicht! …. Hör auf zu schreien! … Sie steht unter Schock … Nein, das werde ich nicht! Und verdammt, brüll mich nicht so an!«
    Er legte auf und fluchte: »Fuck!«, und warf das Handy nach hinten auf den Rücksitz.
    Fasziniert beobachtete ich, wie ein schmaler, roter Streifen ganz unten am Horizont erschien. Entweder hatte er meinen Blick richtig gedeutet oder meine Gedanken gelesen, denn er beruhigte mich: »Das schaffen wir rechtzeitig. Keine Sorge.« Gleichzeitig trat er aufs Gas, zum Glück waren die Straßen noch wie leer gefegt. Vor einem Altbau in einer der vornehmsten Straßen der Stadt brachte er den bis zum Maximum ausgereizten Wagen mit schrill quietschenden Bremsen zum Stehen. Ich war überrascht, das hatte ich nicht erwartet. Er stieg zügig aus, öffnete mir die Tür und zog mich ins Treppenhaus. Durch eines der Buntglasfenster fiel der erste Sonnenstrahl auf seinen Arm. Er schrie leise auf. An der Stelle tauchte sofort eine Brandblase auf.
    »Komm. Schnell.«
    Wir hasteten die Treppen nach oben, Andrew immer bemüht den Strahlen auszuweichen. Gleich im ersten Stock öffnete er die Tür und wir traten in eine stockdunkle Wohnung. Blind geworden blieb ich stehen, streckte im Reflex die Arme aus und fühlte seinen Brustkorb unter meinen Fingern. Wir standen uns genau gegenüber, ganz nah. Ich konnte seinen Atem auf meinem Haar fühlen. Mein Herz klopfte plötzlich schneller. Ganz sachte fuhren seine Hände über meine Schultern, die Oberarme nach unten, blieben auf meinen Ellbogen liegen. Ich bildete mir ein, seinen Vampirblick, der das Dunkel mühelos durchdrang förmlich auf mir zu spüren. Wir holten beide tief Luft, jeder einzelne seiner Finger brannte sich wie Feuer in meine Haut.
    Abrupt ließ er mich los, trat zurück und das Deckenlicht flammte auf. Geblendet schloss ich kurz die Augen und sammelte mich wieder.
    Scheiße!
    Andrew hatte sich schon abgewandt und ging den langen Gang entlang zur letzten Tür. Ich stand immer noch wie vom Blitz getroffen da, wusste nicht, was ich jetzt machen sollte.
    »Komm

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