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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schwarz
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improvisiertes Mittagessen zubereiten, das allerdings fast unangerührt blieb.
    Die Warterei war zermürbend. Jeder Blick auf die Uhr frustrierend, weil wieder nur eine halbe Stunde vergangen war. Selbst Johanna hatte ihr Fluchen und Stöhnen aufgegeben, weil sie wohl einsehen musste, dass es sinnlos war. Andrew ignorierte sie vollkommen. Ich stand auf und streckte mich, mein Rücken schmerzte vom langen Sitzen.
    »Wann wird es denn dunkel?«
    Sasha sagte, ohne aufzusehen: »Noch eine Stunde.«
    Ich sah sie überrascht an, sie zuckte mit den Schultern.
    »Wir fühlen es nun mal. Das ist keine Zauberei.«
    Wir mussten beide grinsen über diese sich selbst widersprechende Aussage. Wow. Meine Rivalin grinste mich an. Was für eine Entwicklung, damit hatte ich sicher nicht gerechnet. Aber außer mir hatte dieses kleine Wunder niemand bemerkt. Lin war an Darius Schulter eingenickt, Andrew stand vor dem Kamin und starrte regungslos ins Feuer und Johanna war in ihren Fesseln nach vorne gesackt und schien ebenfalls zu schlafen.
    »Ich muss mal.«
    Andrew drehte sich nicht um, sagte nur: »Ok, aber geh nicht alleine.«
    Unschlüssig blieb ich, wo ich war, da war Sasha schon aufgestanden, nickte mir zu und ging voraus. Ich folgte ihr, konnte aber nicht verhindern, dass ich einen kleinen Kloß im Hals hatte. Im Badezimmer blieb sie an der Tür stehen, machte keine Anstalten, sich taktvoll wegzudrehen.
    Oh Mann!
    Ich wollte mich nicht wieder einschüchtern lassen, also zog ich entschlossen die Hose herunter und setzte mich aufs WC. Ein winziges Lächeln huschte über ihr Gesicht, sie lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen und musterte mich unverhohlen.
    Wie soll ich denn da pinkeln können?
    »Du liebst ihn wirklich.«
    Ich war mir nicht sicher, ob das eine Frage oder eine Feststellung war, also nickte ich nur. Nachdem ich es endlich geschafft hatte, mich zu erleichtern, wusch ich mir die Hände. Ich griff zum Handtuch und sah in den Spiegel — und zuckte zusammen. Sie war vollkommen lautlos hinter mich getreten. Ihre riesigen, grünen Augen suchten im Spiegel die meinen. Automatisch erhöhte sich meine Pulsfrequenz, aber das Leuchten, das ich befürchtete hatte, blieb aus.
    »Wir werden sicher keine Freundinnen werden, aber ich werde euch ab sofort in Ruhe lassen.«
    Als ich mich verblüfft zu ihr umdrehte, war sie schon wieder an der Tür.
    »Komm schon, wir müssen wieder runter. Es wird gleich dunkel.«
    Wow! Was war das denn eben?
    Noch auf der Treppe hörten wir, wie die Automatik ansprang und die Rollos das Haus wieder freigaben. Endlich! Die drei anderen standen mitten im Raum und sprachen miteinander, lediglich Johanna hatte sich nicht gerührt, schlief immer noch. Einen Moment irritierte mich das, aber da winkte mich Andrew zu sich und es war schon wieder vergessen. Ich machte einen Schritt nach vorne — und prallte auf Raphael. Er fasste mich gerade noch an den Schultern, bevor ich stürzte und lächelte mich liebevoll an.
    »Entschuldige, ich hab wohl schlecht gezielt.«
    Viktor tauchte genau neben ihm auf. Mein Herz schlug schneller, ich hatte ihn mehr vermisst, als mir bewusst war. Er zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor er mich küsste, aber dieses Zögern tat weh.
    Du bist selbst schuld, das ist die Quittung.
    Die Männer umarmten sich kurz und Andrew schilderte den beiden anderen die Lage. Die Spannung, die nun im Raum lag, war so dicht, wie der Nebel vor den Fenstern. Andrew musste Viktor festhalten, bevor er sich auf Johanna stürzen konnte, die blauen Augen schossen regelrechte Blitze in ihre Richtung. Lin griff nach meiner Hand und wir klammerten uns aneinander. Raphael trat zu der vermeintlich schlafenden Johanna, aber noch bevor er sie berühren konnte, hob sie den Kopf und grinste ihn böse an.
    »Er wird euch vernichten. Alle!«
    Blitzschnell packte er sie am Kinn, zwang sie, ihn anzusehen.
    »Was hast du getan, du kleines Miststück?«
    Sie lachte gehässig.
    »Du kannst nichts mehr dagegen machen.«
    Sein Griff wurde fester und er beugte sich nach vorn, bis sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Kurz versuchte sie, sich zu befreien und die Augen abzuwenden. Ihr Blick flackerte, dann hielt sie vollkommen still und starrte ihn an. Die Sekunden vergingen, ohne dass sich einer von beiden rührte. Auch wir anderen blieben regungslos stehen, das einzige Geräusch im Zimmer war das Ticken der Uhr, das lauter und lauter zu werden schien. Johanna gab ein lautes Seufzen von sich und

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