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Vaclav und Lena

Vaclav und Lena

Titel: Vaclav und Lena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haley Tanner
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Boden, schaut zu Vaclav hoch und scheint nicht einmal vorzuhaben, aufzustehen, um Rasia Guten Tag zu sagen.
    »Vielleicht, wenn du nicht so dasitzen würdest, so mit den Beinen wild durcheinander, bräuchtest du nicht so viele Flicken auf deinen Jeans? Was meinst du?«, sagt Rasia zu dem Mädchen. Das Mädchen lächelt breit und zeigt alle Zähne. Ein Mädchen sollte nicht so lächeln, so ohne Bescheidenheit.
    »Mama! Ryan mag die Löcher in ihren Jeans«, sagt Vaclav, und Ryan lacht, weil für sie anscheinend alles witzig ist.
    »Ja! Ich mag sie wirklich, echt.« Ryan lächelt Rasia immer noch an wie ein Revuegirl oder ein Pferd. Rasia schaut auf sie hinunter. Um Ryans lange Jeansstoffbeine sind überall Papierschnitzel verstreut. In der V-förmigen Fläche zwischen ihren Beinen liegen Klebstoff, Isolierband, eine Schere und dicke schwarze Filzstifte. Sie macht ein Riesendurcheinander in Vaclavs Zimmer, und Rasia ist sich sicher, dass das Mädchen nicht diejenige sein wird, die irgendetwas davon aufräumt. Vaclav, der Junge, wird das vom Mädchen verursachte Durcheinander beheben. Was wirklich keine Art ist.
    |152| Rasia ist nicht glücklich, wenn sie hinter Oleg aufräumt, nein, bestimmt nicht, und oft schon hat sie gedacht: Wenn er einen Teller wäscht, einen einzigen, dann werde ich ihn nicht verlassen. Doch immer noch steht sie da und spült das Geschirr, bis es nichts mehr zum Spülen gibt, und er sitzt auf der Couch und rührt keinen Finger, und sie hat ihn immer noch nicht verlassen. Oder sie hat gedacht: Wenn er seine Unterhose noch einmal auf dem Badezimmerboden liegen lässt, werde ich ihn verlassen. Aber greift sie zum Hörer, um beim Anwalt die Scheidung einzureichen? Nein, tut sie nicht. Sie hebt die feuchte Unterhose auf und bringt sie zum Wäschekorb, und immer noch ist sie mit ihm verheiratet, weil man sich nicht wegen einer feuchten Unterhose scheiden lässt. Das ist die Ehe – ein wenig Aufheben, ein wenig Wegräumen, viel Verzeihen, und das muss reichen. Warum soll das nicht auch für das Mädchen reichen, das nicht auf einem Stuhl sitzen kann? Soll sie etwa einen Jungen haben, der hinter ihr aufräumt? Ist es das, was sie erwartet? Warum sollte ausgerechnet das Mädchen mit Löchern im Hosenhinterteil ergeben bedient werden?
    Das Einzige, was Rasia verstehen kann, ist, dass all die hübschen Mädchen Vaclavs Freundin sein wollen, Vaclav, der so groß und schlaksig ist. (Was für eine Überraschung! Man sehe sich den Vater an! Sehe sich die Mutter an! Kleine sowjetische Panzer. Man versuche mal, einen davon umzukippen. Unmöglich.) Und was für ein Haarschopf, und erst die Augenbrauen, das sind die Augenbrauen eines Filmstars. Er ist so charmant und gut aussehend, wer kann es dem Mädchen verübeln? Das ist ein Grund, um das Mädchen gern zu haben. Guter Geschmack.
    Gefällt es ihr, Vaclav mit diesem amerikanischen Mädchen |153| zu sehen? Ein Mädchen mit Sommersprossen im Gesicht und Haar, das teils blond, teils rot ist? Ein Mädchen, das ständig Lipgloss trägt und wie eine Verrückte lächelt und laut herauslacht? Gefällt ihr das? Nein, das tut es nicht. Aber was hatte Rasia denn erwartet? Warum sonst ist sie hierhergekommen, in dieses verrückte Land der Möglichkeiten, wenn nicht, damit ihr Sohn eine blonde amerikanische Freundin kriegt, die wie eine Außerirdische vom Mars ist, so ganz anders. Warum sonst? Ein Weihnachtsbaum im Fenster des Sandsteinhauses und Eltern, die sich nicht vorstellen. Und was arbeiten die Leute, um in solch einem Schickimicki-Ding zu wohnen? Vermögensberatung. Vaclav sagt, Mama, sie sind Vermögensberater. Das ist keine Arbeit, Leuten Ratschläge zu geben, die reich sind und für die Beratung zahlen können.
    »Was ist das? Ein Schulprojekt?« Sie weist auf ein Papier, an dem Ryan arbeitet. Sie möchte immer den Müttern im Fernsehen ähneln, die geschmeidiger im Gespräch und geschmeidiger in ihren Bewegungen sind. Sie ist immer zu heftig, mit ihren Armen und ihren Stimmbändern bewegt sie zu heftig die Luft um sich herum und ist immer verblüfft, dass die Luft in Amerika ihrem Ansturm keinen Widerstand entgegensetzt.
    »Nein, das ist nicht für die Schule. Ich mache nur einen Flyer für meine Band   … wir haben dieses Wochenende eine Show im
Ozzie’s
.« Ryan hält den Zettel hoch, damit Rasia ihn sehen kann. »Sie sollten auch kommen!« Auf dem Zettel sind lauter fotokopierte Gitarren und Magnetbandstreifen mit Tesafilm aufgeklebt, und in ungelenker

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