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Vaeter und Soehne

Vaeter und Soehne

Titel: Vaeter und Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Sergejevich Turgenev
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langes Schweigen die Lippen versiegelt hatte, richtete sich auf und betrachtete seinen Vorgesetzten mit dem Ausdruck der Überraschung. Matthias Ilitsch aber, nachdem er ihn so verblüfft hatte, schenkte ihm nicht die geringste Beachtung mehr. Unsere Oberbeamten lieben es insgemein, ihre Untergebenen zu verblüffen; die Mittel aber, deren sie sich dazu bedienen, sind ziemlich verschieden. Eins zum Beispiel unter andern ist sehr beliebt,
»is quite a favourite«,
wie die Engländer sagen. Der Oberbeamte versteht plötzlich die einfachsten Worte nicht mehr, als ob er von Taubheit befallen wäre. Er fragt z.B. nach dem Wochentag. Man antwortet ihm untertänigst:
    »Freitag, Euer Exzellenz.«
    »He? Was? Was ist – Was sagen Sie?« versetzt darauf der Oberbeamte gedehnt.
    »Es ist heute Freitag, Euer Exzellenz.«
    »Wie, was, was ist mit dem Freitag, was für ein Freitag?«
    »Freitag, Euer Exzellenz, ein Wochentag.«
    »Wie, du nimmst dir heraus, mich belehren zu wollen?«
    Ein Oberbeamter dieses Schlags war Matthias Ilitsch, trotz all seinem Liberalismus.
    »Ich rate dir, mein Lieber,« sagte er zu Arkad, »dem Gouverneur deinen Besuch zu machen. Du verstehst mich; wenn ich dir diesen Rat gebe, so darfst du darum nicht denken, ich halte noch an der alten Regel, daß man den Autoritäten den Hof machen muß; ich rate dirs, weil der Gouverneur ganz einfach ein Mann
comme il faut
ist; überdies hast du doch wohl die Absicht, unsere Gesellschaft zu besuchen. Ich hoffe, du bist kein Bär? Der Gouverneur gibt übermorgen einen großen Ball.«
    »Werden Sie demselben auch beiwohnen?« fragte Arkad.
    »Er gibt ihn ja meinetwegen,« sagte Matthias Ilitsch fast mitleidig. »Du tanzest doch?«
    »Ja, aber ziemlich schlecht.«
    »Um so schlimmer, es kommen einige hübsche Frauen, und zudem ist es für einen jungen Mann eine Schande, nicht tanzen zu können. Ich wiederhole dir, ich sage dies nicht aus Anhänglichkeit an den alten Brauch, ich meine durchaus nicht, der Geist stecke in den Beinen, aber den Byronismus finde ich lächerlich, er hat sich überlebt.«
    »Glauben Sie denn, lieber Onkel, daß der Byronismus …«
    »Ich werde dich mit unsern Damen bekannt machen. Ich nehme dich unter meine Fittiche,« erwiderte Matthias Ilitsch mit wohlgefälligem Lächeln. »Da wirst du warm sitzen! He?«
    Ein Bedienter trat ein und meldete den Präsidenten der Finanzkammer, einen Greis mit honigsüßem Blick und eingekniffenen Lippen, der für die Natur schwärmte, zumal im Sommer, wenn, wie er sagte, die fleißige Biene aus jeder Blume ihr Schöppchen zapft.
    Arkad zog sich zurück.
    Er fand Bazaroff in dem Gasthaus, in dem sie ab gestiegen waren, und es gelang seinem Zureden, daß dieser einwilligte, mit zum Gouverneur zu gehen.
    »Meinetwegen,« sagte er, »wenn man den kleinen Finger gegeben hat, so muß man auch die Hand reichen. Wir sind gekommen, um die Herren Gutsbesitzer kennen zu lernen. Also lernen wir sie kennen.«
    Der Gouverneur empfing die jungen Leute freundlich, aber er lud sie nicht ein, zu sitzen, und blieb selbst auch stehen. Er hatte immer eine Amtsmiene; kaum aufgestanden, steckte er sich in seine große Uniform, legte eine enganschließende Krawatte an und ließ sich die Zeit nicht, sein Frühstück in Ruhe zu nehmen, um ja nichts von seinen Geschäften zu versäumen. Er hatte im Gouvernement den Spitznamen »Bourdaloue«, keineswegs mit Anspielung auf den berühmten französischen Prediger, sondern auf das Wort
»Bourde«,
was bekanntlich »Flause« bezeichnet. Er lud Arkad Kirsanoff und Bazaroff zu seinem Balle ein und wiederholte diese Einladung nach ein paar Minuten, wobei er sie für zwei Brüder nahm und ihnen den Namen Kaisarof gab.
    Als sie das Haus des Gouverneurs verließen, begegneten sie einer Droschke, die plötzlich stillhielt; ein junger Mann mittlerer Größe, in einem polnischen Schnurrock nach der Mode der Slawophilen, sprang heraus und lief mit dem Rufe: »Eugen Wassiliewitsch!« auf Bazaroff zu.
    »Ah, Sie sinds, Herr Sitnikoff,« sagte Bazaroff, ohne stehenzubleiben. »Was führt Sie hierher?«
    »Stellen Sie sich vor, ich bin ganz zufällig hier,« erwiderte dieser, wandte sich nach der Droschke, winkte fünf-, sechsmal mit der Hand und rief: »Fahr nach, fahr nach! Mein Vater«, fuhr er fort, indem er über die Gosse sprang, »hat ein Geschäft hier und hat mich ersucht … Ich habe heute erfahren, daß Sie auch hier sind, und komme eben von Ihnen her. (In der Tat fanden die Freunde bei ihrer

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