Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vaeter und Soehne

Vaeter und Soehne

Titel: Vaeter und Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Sergejevich Turgenev
Vom Netzwerk:
angenehm, diese Gesellschaft zu verlassen, als sich bei heißem Wetter mit kaltem Wasser zu begießen. Ein Mann hat Besseres zu tun, als sich mit solchen Lappalien abzugeben. Ein Mann muß wild sein, sagt ein höchst weises spanisches Sprichwort. Du zum Beispiel, Freund!« wandte er sich an den Kutscher, »hast du ein Weib?«
    Der Bauer wandte sich um und zeigte den beiden Freunden sein plattes, schlitzäugiges Gesicht.
    »Ein Weib? freilich, wie sollt ich keins haben?«
    »Schlägst du sie?«
    »Mein Weib? Da kanns allerhand geben … Ohne Grund schlägt man sie nicht.«
    »Das versteht sich! Und sie, schlägt sie dich auch?«
    Der Bauer tat einen Ruck mit dem Zügel.
    »Was sagst du da, Herr?« fragte er. »Ich glaube, du beliebst zu scherzen.«
    Die Frage hatte ihn offenbar verletzt.
    »Hörst du, Arkad Nikolajewitsch, und doch sind wir beide geschlagen worden. Das haben wir davon, zivilisierte Menschen zu sein!«
    Arkad lächelte gezwungen, Bazaroff aber kehrte sich um und tat während der ganzen übrigen Reise den Mund nicht mehr auf.
    Die fünfundzwanzig Werst kamen Arkad so lang wie fünfzig vor. Das kleine Dorf, wo Bazaroffs Eltern wohnten, zeigte sich endlich an dem Abhang eines niedern Hügels. Nicht weit davon erhob sich aus einer Gruppe junger Birken das Herrenhaus mit seinem Strohdach. Am Eingang des Dorfes standen, die Mützen auf dem Kopf, zwei Bauern, die sich stritten.
    »Du bist ein dickes Schwein,« sagte der eine zum andern.
    »Und du bist nichts als ein Ferkel, und dein Weib ist eine Hexe,« erwiderte der andere.
    »Diese liebenswürdige Vertraulichkeit«, sagte Bazaroff zu Arkad, »und der heitere Ton dieses Wortwechsels können dir beweisen, daß meines Vaters Bauern nicht allzustreng gehalten werden. Doch da streckt er selbst die Nase ins Freie; wahrscheinlich hat er die Schellen klingeln hören; er ists richtig, ich kenne seinen Schädel. Ei, ei, wie er weiß geworden ist, der arme Teufel!«

Zwanzigstes Kapitel.

    Bazaroff lehnte sich aus dem Tarantaß; Arkad bemerkte über die Schultern seines Freundes weg auf der Vortreppe des Herrenhauses einen großen, magern Mann mit emporstehenden Haaren und kleiner Stülpnase in einem alten Soldatenpaletot. Er stand mit ausgespreizten Beinen, eine lange Pfeife in der Hand, da und blinzte mit den Augen, als ob er sich vor der Sonne schützen wollte. Die Pferde hielten.
    »Da wärst du endlich,« rief Bazaroffs Vater und rauchte beharrlich weiter, obgleich das Pfeifenrohr zwischen seinen Fingern zu tanzen schien. – »Komm, steig aus, steig aus, damit wir uns ordentlich umarmen können!«
    Er schloß den Sohn in seine Arme.
    »Eniucha! Eniucha!« (Eugenchen) rief eine zitternde Stimme im Innern des Hauses. Die Vortüre ging auf und ließ eine kleine Matrone in weißer Haube und kurzer, großgemusterter Jacke erscheinen. Sie stieß einen Schrei aus, wankte und wäre unfehlbar gefallen, wenn sie Bazaroff nicht gehalten hätte. Ihre kleinen rundlichen Hände schlangen sich alsbald um den Hals des letzteren, und sie drückte das Gesicht an seine Brust. Es trat eine tiefe Stille ein. Man hörte nur noch halberstickte Seufzer und heftiges Schluchzen … Bazaroffs Vater blinzte mit den Augen noch mehr als vorhin.
    »Geh, Aricha! hör auf, es ist genug jetzt,« sagte er endlich zu seiner Frau und warf Arkad, der unbeweglich am Wagen stand, einen Blick zu, während selbst der Bauer auf dem Bock sich gerührt abwandte. »Das ist ganz unnötig, ich bitte dich, hör doch auf!«
    »Aber Wassili Iwanowitsch!« erwiderte die Alte fortschluchzend, »wenn ich denke, daß er da ist, unser Eniuchenka, unser Herzblatt!« – Und ohne ihn aus den Armen zu lassen, hob sie das tränenfeuchte Gesicht, sah Bazaroff mit einem komisch-glücklichen Ausdruck an und drückte ihn noch einmal an sich.
    »Nun ja! das ist alles natürlich,« sagte Wassili Iwanitsch, »nur wärs besser, wir gingen ins Haus hinein. Eugen hat uns einen Besuch mitgebracht. Entschuldigen Sie uns,« fügte er hinzu und wandte sich mit leichter Verbeugung gegen Arkad. »Sie verstehen, weibliche Schwäche … überdem das Mutterherz …«
    Während er so sprach, war er selbst dermaßen gerührt, daß ihm Lippen, Augenbrauen und Kinn zitterten. Er bemühte sich jedoch sichtlich, kalt zu bleiben, ja eine gleichgültige Miene anzunehmen.
    Arkad verbeugte sich.
    »Komm, Mutter!« sagte Bazaroff, »wir wollen hineingehen.« Und damit führte er die gute Alte, die in Tränen zerfloß, in das Besuchszimmer. Er setzte

Weitere Kostenlose Bücher