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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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nicht.«
    »Du hyperventilierst nur. Du musst was rauchen, damit du wieder runterkommst.«
    Lucas wartete, bis Jons flinke Finger Zigarettenpapier zusammengeklebt, ein paar Tabakkrümel darauf verteilt und einige Stückchen wachsartiges schwarzes Harz hinzugefügt hatten. Es war elfisches Blackdrop, ein opiathaltiger Saft, den Jon in den Schattenreichen erntete und zu Harz einkochte. Geschickt drehte und entzündete er den Joint. Luc nahm ihn und führte ihn mit zitternden Fingern an den Mund. Er hatte Mühe, den Rauch zu inhalieren, aber als er seine Lungen erreichte, spürte er, wie die Beklemmung sich in süßer Benommenheit auflöste.
    »Gehst du morgen ins College?«, erkundigte sich Lucas nach einer Weile und strich sich die feuchten Haare aus dem Gesicht.
    »Vielleicht.« Jon nahm einen Zug und behielt ihn, solange es ging in der Lunge. Als er weitersprach, wanden sich Rauchkringel aus seinem Mund. »Wieso fragst du?«
    »Weil du in letzter Zeit überhaupt nichts mehr tun willst. Weder ins College gehen noch für die Band proben … oder dich auch nur aufraffen, um Sam zu besuchen.«
    Jon stieß einen letzten Rauchkringel aus. »Also, wenn du jetzt anfängst, wie Sapphire daherzureden, dann verpiss dich lieber«, sagte er schroff.
    »Tue ich doch gar nicht, aber dieses Vor-sich-hin-Brüten bringt Sam auch nicht schneller nach Hause. Jeder sieht, dass du völlig fertig bist, aber du willst es nicht zugeben. Ständig dröhnst du dich zu. Du kannst doch nicht ewig so weiterkiffen.«
    »Ich habe von dir allerdings nicht viel Widerspruch gehört.« Jons Augen wurden schmal. Die braunen Iriden waren gerötet. »Wenn wir es nicht schaffen, die Tore zu durchbrechen, ist alles umsonst! Wenn wir nicht herausfinden, was Lawrence verbirgt, machen weder das College noch die Band oder sonst etwas Sinn. Ich dachte, du seist mit mir einer Meinung!«
    Sein Zorn verletzte Lucas. »Bin ich auch«, erwiderte er sanft, »aber das führt alles zu nichts.«
    »Doch, das tut es.« Jon sah ihn mit seinem fordernden, unwiderstehlichen Leuchten im Gesicht an. »Bei jedem Trip siehst du etwas mehr.«
    »Mehr schreckliche Dinge, als ich begreifen kann.«
    »Das ist nur eine Frage der richtigen Dosis. Du darfst nicht aufgeben, Luc, dafür bist du zu stark. Und ich brauche dich.«
    Seufzend griff Lucas nach dem Joint und sog dessen bitteren Duft ein. »Und wenn wir durchkommen, was dann? Was haben wir dadurch verpasst, indem wir nicht wie geplant initiiert wurden?«
    »Weisheit«, sagte Jon. Seine Pupillen waren jetzt geweitet, seine Miene entspannt und strahlend im Kerzenlicht, gerahmt von rotbraunen Haaren. »Erfahrung.«
    »Auberon sagte, es gibt gefährliche Wesen, die junge, unschuldige Vaethyr verschleppen.« Luc fand seine eigenen Worte lustig. Wohlige Schwere erfasste ihn. Noch ein paar Züge und er würde sich flach auf den Stapel Sitzkissen legen müssen.
    Jon legte sich neben ihn und meinte lächelnd: »Was wir verpasst haben, ist unser Leben. Unser wahres Selbst. Das hat uns mein Vater gestohlen, aber wir können es zurückbekommen, wenn wir uns darum bemühen.«
    »Beim nächsten Mal«, sagte Lucas, war sich aber unsicher, ob er es laut ausgesprochen hatte. Jon beugte sich über ihn und sein Haar schloss ihn in einer rot leuchtenden seidigen Höhle ein. Sein Mund streifte den von Luc und sog den Rauch ein, den dieser ausatmete.
    Lucas wusste, dass er aufs College gehen, den Führerschein machen, eine Freundin finden sollte – Dinge, wie sie Erwachsene tun, Dinge der Realwelt, die seine Eltern und Matthew von ihm erwarteten … aber solange es Jon gab, der ihn wie ein Waldgott mit seinem nie enden wollenden Versprechen, Elysium zu finden, verführte … solange die träge Ekstase der Drogen ihn erfüllte … verschwamm all das. Dann gab es nur noch Jon.

~  10  ~
Der September wird zauberhaft sein
    »Es geht ihm den Umständen entsprechend gut«, sagte Rosie. »Er hält sich recht tapfer.«
    Normalerweise rief Lawrence sie an, um sich ihren Erfahrungsbericht anzuhören. Diesmal – sie besuchte Sam seit nunmehr sechs Monaten – hatte er sie nach Stonegate eingeladen und sie in sein Arbeitszimmer gebeten, wo er hinter seinem Schreibtisch saß, vor sich ein kleines schwarzes Samttablett mit Edelsteinen. Während Rosie sich in ihrem Bericht auf dem sicheren, banalen Boden des Gefängnisalltags bewegte, konnte sie anhand der Schatten und tiefen Furchen in Lawrence’ Gesicht sehen, dass Lawrence alles andere als gefasst

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