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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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    Comyn hob seine Hände. »Lange bevor die Menschheit erschien, hatten die Elfenwesen die Herrschaft über sämtliche Reiche. Es gab keine Tore, keine Grenzen.«
    Dieser Mistkerl hielt eine Rede. Lawrence biss die Zähne zusammen, er hatte keine andere Wahl, als abzuwarten, bis er fertig war. »Wir wünschen uns diese Zeiten zurück. Die Tore haben uns vom Fluss des Lebens und von der Kraft abgeschnitten! Unsere Jugend hat ihre Initiationen versäumt. Sie hat ihre Feste und ihre Verbindung zur Spirale verloren und auf ihr Recht verzichten müssen, von ihrer wahren Natur zu kosten. Dies ist eine Krise, die zur äußersten Katastrophe führen wird, sofern die Großen Tore nicht wieder geöffnet werden. Wir machen unser Recht geltend, uns ohne Behinderung frei durch alle Reiche bewegen zu können!«
    Alle Vaethyr unterstrichen dies durch gemeinsames Ausatmen, ein Geräusch, das unheimlicher war als jeglicher Applaus. Eine kühle Frauenstimme ergänzte: »Es gibt Aelyr, welche die Vaethyr verachten und uns womöglich aus schierer Gehässigkeit von der Spirale fernzuhalten versuchen. Ist es das, was dich antreibt, Lawrence?« Das war Peta Lyon, die da sprach, eine schlanke Künstlerin mit kreidebleichem Gesicht, die blutrot gekleidet war, ein wenig dunkler als die Farbe ihres Haars.
    Lawrence hatte es die Sprache verschlagen. »Habe ich euch nicht ein Dutzend Mal erklärt, dass ich euch vor der Gefahr beschütze?«
    »Und wir sagen: zum Teufel mit der Gefahr!«, knurrte Comyn. »Wir werden uns bewaffnen und einmarschieren und uns ihr stellen. Welche Gefahr kann uns schon etwas anhaben?«
    »Idioten«, sagte Lawrence, aber sein Wort ging in den Jubelrufen von Comyns Anhängern unter.
    »Wir haben unseren Standpunkt deutlich gemacht«, sagte Comyn. »Nimm ’ne Valium, Wilder. Wir gehen.«
    Er grinste, als er sich mit dem Hütehund an seiner Seite vorbeidrängte. Die Protestler strömten dem Dorf zu und verneigten sich im Vorbeigehen vor Lawrence – respektvoll und ohne ein Anzeichen von Gespött.
    Sobald sie gegangen waren, raste Lawrence die lange Einfahrt hinauf. Er ließ den Wagen vor dem Haus stehen und rannte dann den Rest des Wegs durch Waldgebiet und Unterholz, bis er Freias Krone erreicht hatte. Keuchend umrundete er die Felsen, eine Hand schwebte dicht über der Oberfläche, als er auf der Rückseite der Mulde entlangkletterte, dann kam er herunter in die Senke. Das Gras unter seinen Schuhsohlen war nass wie ein Schwamm.
    Es war jemand hier gewesen. Ein Zigarettenpapier, ein Kronkorken, ein kleiner Kranz aus Zweigen, die sich nicht von selbst ineinander verwoben hatten. Er steckte den Müll ein und löste die Zweige. Comyn war das nicht gewesen; die Disir pflegten keine Außenseiter durchzulassen. Also konnte es nur jemand aus seiner Familie gewesen sein, und da kamen nur Jon oder Lucas infrage. Das löste auf seinem sonst so trägen Gefühlsradar ein kurzes ärgerliches Blinken aus. Spielende Jungs. Sicher würde es keiner wagen, sich an den Toren zu schaffen zu machen.
    Er erinnerte sich an das früheste Anzeichen jenes Wesens, das ihn immer verfolgt hatte: ein Gesicht oder ein Wolkenschatten, der immer am Rande seines Blickfelds verweilte. Anfangs nicht größer als eine Katze. Dann – nachdem Albin sein Herz und seine Seele in Geiselhaft genommen hatte – hatte es mit seiner monströsen Ausdehnung begonnen. Der Rückstoß der Waffe in seiner Hand … der entfesselte Schattenriese … und da wusste er schließlich, dass das, was er heraufbeschworen hatte, Brawth war, der Eisriese, der seine Art verschlingen würde.
    Allein durch das Verriegeln der Großen Tore hatte er ihn aufhalten können. Dadurch blieben die Anderswelt sowie auch die Erde sicher, denn wie ein Damm stoppten sie die schwarze Flut auf ihrer Bahn. Aber selbst jene, die behaupteten, ihm zu glauben, begriffen es nicht, denn spüren konnte nur er allein es …
    Lawrence schloss die Augen. Seine Brust zog sich zusammen, sein Atem ging schnell. Seine Hand näherte sich dem Stein, aber er brachte es nicht über sich, ihn zu berühren. Er wappnete sich für den Angriff, das Gesicht aus dem Abgrund, die heranstürmende Dunkelheit, die zuschlagenden und splitternden Tore und die ineinanderstürzenden Reiche …
    Seine Handfläche berührte den Stein.
    Kalt und grobkörnig spürte er die Oberfläche unter seinen Fingerspitzen. Er hielt den Atem an –
    Nichts.
    Keine Visionen, kein Schrecken.

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