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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Willst du bitte still sein?«
    Sie hörte ihn ausatmen. Eine Weile starrte er durch die Windschutzscheibe. Angst hatte sie nicht, aber sie verspürte eine Unruhe – aus all den von ihm genannten Gründen – und dazu kamen noch andere Gefühle, die sie nicht zu entwirren vermochte. Es war ihr nicht einmal möglich, ihn ganz schlicht mit Neuigkeiten zu versorgen.
    Er sagte: »Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, nach Stonegate zu gehen. Mein Vater wird mich gar nicht dort haben wollen. Meine Stiefmutter mit Sicherheit nicht. Also, wenn du mich vielleicht in der nächsten Stadt absetzen könntest …«
    »Wohin willst du dann gehen?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwas wird sich schon finden.«
    »Nun sei doch nicht albern. Ist es nicht Voraussetzung deiner Bewährung, dass die Behörden über deinen Aufenthaltsort auf dem Laufenden gehalten werden?«
    »Da spricht wohl die Expertin?«, konterte er.
    »Also, ich werde dich jedenfalls nicht in einer fremden Stadt aussetzen. Natürlich wird Lawrence dich sehen wollen.«
    »Nur schade, dass du und ich nicht besser miteinander auskommen«, sagte er leise. »Dann hättest du mich auf deinem Sofa schlafen lassen können.«
    Sie warf ihm einen finsteren Seitenblick zu.
    »Ist ja gut, ich weiß, dass das nie der Fall sein wird«, seufzte er. »Ich muss den Tatsachen ins Auge sehen. Wenn es schlecht läuft, weiß ich ja, wo die Tür ist.«
    »Es wird gut gehen, Sam. Und es gibt doch auch Leute, die dir helfen werden? Berater, Bewährungshelfer?«
    »Vergiss das«, sagte er mit Nachdruck. Ein Seitenblick zeigte ihr die in seinen schmalen Augen funkelnde Wut. »Ich bin ein Elfenwesen. An diesem Ort sind mir Dinge widerfahren, die ihre Vorstellungskraft übersteigen. Was verdammt noch mal glauben sie für mich tun zu können? Ich brauche keine Wiedereingliederung! Ich pfeif auf ihre Hilfe!«
    »Tut mir leid«, sagte Rosie. »Das hat sich wohl sehr bevormundend angehört. Das wollte ich nicht. Ich mache mir nur Sorgen um dich.«
    »Wow«, sagte Sam ganz ruhig. »Tatsächlich?«
    »Ja natürlich. Wieso glaubst du, dass ich dich immer wieder besucht habe? Ich fand es schrecklich, dich dort zurückzulassen. Jedes Mal, wenn ich wegging, wünschte ich mir, ich könnte dich mit nach Hause nehmen.« Ihr wurde heiß bei dieser vertraulichen Beichte. »Damit meine ich nicht – ich meine nur –«
    »Ich weiß.« In seiner Stimme schwang ein betrübtes Lächeln mit. »Das ist süß von dir, Foxy, aber du musst dir um mich wirklich keine Sorgen machen. Das Letzte, was ich je von dir wollte, war Mitleid. Ich bin erwachsen. Aber, hey, ich werde unsere Rendezvous vermissen. Hast du einen letzten Geheimbericht für mich? Irgendwas, was ich wissen sollte, bevor ich nach Hause komme?«
    Sie schluckte, hin- und hergerissen, was sie sagen und was sie nicht sagen sollte. »Dein Vater scheint sich um sein Geschäft Sorgen zu machen …«
    »Lass es gut sein«, sagte er. »Ich weiß, wie ungerecht das dir gegenüber ist. Ich kann das jetzt auch selber herausfinden.«
    »Schön«, sagte sie, froh, aus dem Schneider zu sein.
    Die Landschaft, durch die sie fuhren, war düster und verzerrt. Noch nie zuvor war ihr aufgefallen, wie lange es dauerte, bis man Dumannios hinter sich gelassen hatte. Es war fast, als hätte Sam dieses zweite Reich wie einen Umhang mitgebracht. Schwefelgelbe Feuer wälzten sich von allen Seiten auf sie zu und sie sah brennende Fahrzeuge und Armeen affenartiger Dämonen.
    »Fahr einfach weiter«, sagte Sam. »Das sind alles Täuschungen. Wir werden bald durch sein.«
    »Fühlt sich aber an, als gerieten wir immer tiefer hinein«, sagte sie. In ihrem Rückspiegel sah sie rote Feuer glimmen. Auf der Straße vor ihnen kauerte ein Gargoyle, dessen spitz zulaufende Flügelenden sich hoch über seinem Kopf wölbten.
    »Fahr weiter. Der ist nicht echt.«
    »Du kommst für den Schaden auf, wenn er so massiv ist, wie er aussieht!«
    Die Kreatur rührte sich nicht von der Stelle. Kurz vor dem Aufprall schloss Rosie die Augen. Der Wagen fuhr durch Luft.
    Doch dann landete das Ding mit einem gewaltigen dumpfen Schlag auf ihrer Kühlerhaube und fläzte sich dort hin.
    »Himmel!«, schrie sie und hätte fast die Kontrolle über den Wagen verloren.
    Es war echt. Durch die Windschutzscheibe sah sie jedes Detail seines heimtückisch grinsenden Gesichts, jede Schuppe und Ranke. Von seinem Atem beschlug die Scheibe. Rosie bremste. Erschrocken verfolgte sie, wie es mit der Pranke kräftig gegen das

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