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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Glanz seiner Augen wurde stärker. Blinzelnd wandte er sich ab.
    »Es ist alles schon arrangiert«, sagte sie. »Nächste Woche ist es so weit. Es tut mir leid, Sam. Ich wusste nicht, wie ich dir das sagen sollte. Aber das Leben ging weiter, während du weg warst.«
    »Ich wusste, dass du mir irgendwas verschwiegst«, sagte er mit belegter Stimme. Er öffnete die Tür, zögerte aber. »Liebst du ihn?«
    »Er ist der Richtige für mich.«
    »Das habe ich dich nicht gefragt.«
    »Ich glaubte Jon zu lieben. Das war ein Irrtum. Ich weiß nicht, was Liebe ist. Wenn ich herausgefunden habe, was diese Frage bedeutet, werde ich dir auch eine Antwort geben können.«
    Er schüttelte den Kopf und meinte verbittert: »Aber wozu zum Teufel machst du das dann?«
    »Weil ich ein normales, glückliches Leben führen möchte«, sagte sie und starrte geradeaus durch die Windschutzscheibe.
    »Und ich möchte Papst werden. Verdammt, Rosie, bitte .«
    Sie konnte nicht sprechen. Nach einer kurzen schrecklichen Pause sagte er: »Ich dachte, in dir steckt mehr als das, Süße. Aber jetzt sehe ich dich an und sehe jemanden, der innerlich tot ist. Matthew hat dich dazu verleitet, nicht wahr?«
    »Nein. Ich weiß nicht, wie ich mein Leben führen soll, ohne –«
    »Mein Vater ist ein Mistkerl, das steht fest, aber er ist nicht annähernd so zersetzend wie dein Bruder mit seinem verlogenen Sir-Galahad-Getue.«
    Rosie biss sich auf die Lippen, bis sie Metallgeschmack im Mund hatte. »Billige Beschimpfungen helfen auch nicht weiter, Sam. Ich dachte, du würdest es gelassener aufnehmen.«
    »Da gibt es nichts aufzunehmen, denn um mich geht es nicht. Ich weiß, dass du mich nicht ausstehen kannst, geschweige denn lieben. Damit muss ich jeden Scheißtag leben. Es geht darum, dir zusehen zu müssen, wie du einen fürchterlichen Fehler machst.«
    Sam schwang sich aus dem Wagen und zog seine Tasche vom Rücksitz. Er sah sie an, schien offenbar noch was sagen zu wollen, ließ es aber sein und wandte sich fast angewidert von ihr ab. Mit Blut im Mund sah sie ihm nach, als er wegging.
    Auf der Windschutzscheibe waren rote Schleimspuren von der Dumannios-Kreatur. Sie schaltete die Scheibenwischer ein, um sie wegzuwischen. Die seifige Flüssigkeit verwandelte Sams sich entfernende Gestalt in einen schlanken, schwankenden Schatten.

~  11  ~
Schlafwandler
    Sam ließ seine Tasche fallen und sah sich im großen Saal um, den er nun zum ersten Mal nach drei Jahren wieder betrat. Der Duft von Blumen und Räucherstäbchen konnte die darunterliegende Muffigkeit nicht überdecken. Nur die kriechenden Schattengestalten der Disir kamen zu seiner Begrüßung.
    Diesen Moment hatte er immer gefürchtet. Jedes Geräusch und jedes Gefühl kehrte zurück. Da war die Stelle, wo der Mann gestorben war … er rechnete fast damit, Blutflecken und Tatortband zu sehen. Sapphire hatte neue Teppiche gekauft. Ihr juwelenartiges Leuchten war wie eine Anklage, schlimmer, als es der Anblick eines alten blutverkrusteten Teppichs hätte sein können.
    Er hatte nicht damit gerechnet, eine Reaktion zu verspüren, tat es aber. Innerliche Kälte und leichte Übelkeit. »Hallo? Ist jemand zu Hause?«
    Die Tür zum Arbeitszimmer ging auf. Dunkel und kantig stand sein Vater dort.
    Dann hörte man leichte Schritte auf der Galerie und Sapphire tauchte oben auf der Treppe in einem Kimono von der Farbe eines Eisvogels auf. Lawrence und Sapphire zusammen ergaben ein vollkommen anderes Wesen als Lawrence für sich genommen. Sie hielten beide inne und starrten ihn an wie Wachspuppen.
    »Ihr wusstet doch, dass ich heute nach Hause komme, oder?«
    Er spürte ihr Unbehagen, als sie ihn ansahen und sich zu fragen schienen, wie es wohl wäre, diesen Fremden, einen entlassenen Gefangenen, in ihrem Haus zu haben, so fremd wie ein Soldat, der aus dem Krieg nach Hause kam. Sam fühlte sich ausgelaugt und leer, ein grauer Fetzen.
    »Sam«, sagte Lawrence. »Ja, ja natürlich.« Als er vor ihm stand, umfasste sein Vater seine Schultern auf Armeslänge. Eine richtige Umarmung entsprach nicht seiner Art. Sam studierte sein Gesicht. Es war ausgezehrter und schärfer, als Sam es in Erinnerung hatte, die grauen Augen abweisend, wie ein einsamer dunkler Tyrann aus einem Märchen. »Wenn du es zugelassen hättest, hätte ich dich abgeholt.«
    »Ist schon gut, Rosie hat mich abgeholt.« Als Sam ihren Namen aussprach, verspürte er einen Stich. »Egal, ich werde ohnehin nicht bleiben. Ich wollte nur Hallo sagen und

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