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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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lächelnde Braut, getragen vom Ozean geballter Familienfreude. Das andere stand daneben und erkannte sich selbst nicht mehr. Wer war dieser Mann in ihren Armen mit seinem kräftigen, ihr fremden Körper? Er machte einen netten Eindruck, aber sie kannte ihn nicht. Alles kam ihr fremdartig und unwirklich vor.
    Viel später – das Mahl war längst vorüber, der Hochzeitskuchen vernichtet, die Gäste tanzten zu schmalzigen Klassikern einer Liveband – setzte sich Rosie zu Mel an einen Ecktisch. Der Ballsaal war ein breiiges Einerlei. Er befand sich im hinteren Teil des Hauses, hatte einen glänzenden Tanzboden und eine ganze Wand mit Glastüren, die sich zum Garten hin öffneten. Draußen führte ein Pfad über eine Rasenfläche in einen Wald, auf dessen Blattwerk bernsteinfarbenes Sonnenlicht fiel – ein verlockender Zufluchtsort, der ihr unerreichbar war.
    In einem durch zu viel Champagner hervorgerufenen Schwebezustand gruben sie die alten Geschichten wieder aus und gestanden sich Gedanken, an die sie sich am nächsten Morgen vermutlich nicht mehr erinnern konnten.
    »Alastair sieht glücklich aus«, meinte Mel. »Und betrunken.«
    Rosie schielte zu ihrem Ehemann hinüber – Ehemann , wie surreal –, der von Familienmitgliedern umringt war, die sie kaum kannte und die alle schallend lachten. Sein Vater war tot, die Mutter ihm entfremdet, er hatte nur diese entfernten Verwandten aus Schottland. Kein Wunder, dass er sich so bereitwillig Matthew und Oakholme angeschlossen hatte.
    »Oh, der verträgt schon was. Im Unterschied zu anderen.« Rosie deutete mit dem Kopf auf Lucas, der am Nebentisch inmitten von Nelken und Kristallgläsern ein kleines Schläfchen hielt.
    »Da musst du mithalten«, sagte Mel und schenkte Champagner nach. »Mal ganz ehrlich, es hat mich ziemlich überrascht, dass du bei Alastair gelandet bist.«
    »Was meinst du damit?«
    »Er ist ein netter Kerl, aber so normal. Regelrecht ein Anti-Jon.«
    »Ungefährlich«, sagte Rosie. Sie wirbelte ihr Glas zwischen den Fingern und ihre Fingernägel blitzten bronzefarben und violett auf. »Er ist weder tiefgründig noch schwierig. Ich muss mich bei ihm nicht beweisen.«
    »Hm, da spricht einiges dafür«, sagte Mel. »Ich hätte auch nie gedacht, dass du’s so traditionell angehst. Von dir hätte ich mir eher was im Stil von New Age in einem Wald erwartet.«
    Rosie lächelte. »Ich habe mich von Matt, Faith und Alastair mitreißen lassen. Sie hatten so große Freude daran, alles zu planen, mir war das egal. Eine Hochzeit, da sind so viele Leute daran beteiligt, das überrollt dich wie ein Sattelzug.«
    »Es war dir egal?« Mel sah sie mit schief gelegtem Kopf forschend an.
    »Nein, ich bin mit dem Strom geschwommen. Das ist okay so.«
    »Warum? Damit du ganz schnell zum atemberaubenden Sex vorspulen kannst?«
    »Mein Gott, du bist fürchterlich.« Rosie lachte und trank wieder einen Schluck Champagner. Er prickelte köstlich auf ihrer Zunge, schmeckte nach Zitronen und frisch gebackenem Brot.
    »Nun sag schon. Du musst doch deinen Spaß haben unter seinem Schottenrock, wozu sonst das Ganze?«
    »Oh, der Sex ist gut«, sagte Rosie und merkte, dass sie ein wenig lallte.
    »Fünfmal pro Nacht?« Mel grinste.
    »Zweimal die Woche, wenn ich Glück habe. Die halbe Zeit ist er zu müde oder auch zu faul. Wir sind so beschäftigt mit Arbeiten, Pub, Babysitten bei Heather … es ist immer viel zu viel zu tun, weißt du. Also nichts Außergewöhnliches.«
    »Meine Güte, du hörst dich ja jetzt schon an, als wärt ihr ein altes Ehepaar!«, rief Mel.
    »Gewissermaßen. Ja, wir gehören schon zum Inventar.«
    »Und du bist dir sicher, dass das reicht? Macht er es denn wenigstens richtig?«
    »So ungefähr.« Sie kicherte, es kam ihr alles so albern vor. »Er ist nicht der fantasievollste Liebhaber, aber es ist gut so.«
    »Das hört sich aber nicht so an! Sei doch einfach fordernder, hol die Peitsche raus, bestehe darauf, dass er sich Mühe gibt!«
    Rosie musste über Mels Entrüstung nur noch mehr lachen. Sie wischte Tränen weg. »Nein, das ist kein Problem. Ich bin mit dem zufrieden, was wir haben. Er ist ein Schatz.«
    »Das ist ja alles gut und schön, aber wo bleibt die Leidenschaft?« Mel neigte sich ihr still und ernst zu.
    »Ach, pfeif auf die Leidenschaft. Die wird überbewertet. Ich habe definitiv zu viel getrunken.«
    »Weißt du, wonach das für mich aussieht, Rosie?«, sagte Mel ganz sanft. »Wie ganz normaler Beziehungstrott.«
    »Oh«, sagte Rosie.

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