Vaethyr: Die andere Welt
Körperwärme voll entfaltete köstliche Zedernholzaroma der von ihm verwendeten Lotionen verband, erreichte sie. Seine Beine drückten sich in den dicken Stoff ihres Rocks.
»Genau, und es ist wohl auch nicht so einfach, zivilisiert zu bleiben, ohne den Schutz eines Tisches zwischen uns und all den herumstehenden Wachen?«
»Ich habe keine Angst vor dir!« Aber er hatte recht. Im Schutz des Besuchsraums war es möglich gewesen, sich mit ihm zu unterhalten. Dagegen war dies hier das reinste Chaos, wie ihre früheren Begegnungen auch.
»Ich weiß«, sagte er. »Aber die Wahrheit ist beängstigend, nicht wahr?«
Sie starrten einander heftig atmend an. Er war so nah, so heftig und real, wie keiner sonst an diesem Tag gewesen war, und der aphrodisische Duft seines Körpers, sauber, würzig und erschreckend vertraut, benebelte sie. Er ließ seinen Arm fallen. »Dann geh deinen fröhlichen Weg. Genieße dein neues Leben. Herzlichen Glückwunsch. Brauchst du noch was – einen Toaster, Weingläser?«
Rosie stand wie angewurzelt da. Entsetzt machte sie sich klar, dass sie nicht aufhören wollte, sich mit ihm zu streiten. Denn es erleichterte ihr den Schmerz.
»Ich werde dir beweisen, dass du dich täuschst«, sagte sie und reckte ihm dabei ihr Gesicht entgegen. »Dein ganzes Leben hast du darauf verwandt, mich niederzumachen, und versucht, mich zu kontrollieren. Dadurch stellst du dich doch auf eine Stufe mit Matthew.«
»Nein«, sagte er frustriert. »Nur weil du so weit über mir stehst – ich wollte doch nie –«
»Ich werde dir das Gegenteil beweisen«, sagte sie heftig.
»Ja?« Er rückte trotzig näher. »Möchtest du darauf wetten?«
Ihre Gesichter berührten sich beinahe und waren im perfekten Winkel einander zugeneigt. Er hob seine Hand und berührte ihren Wangenknochen. Sie ließ es geschehen. Sie sah, wie schön sein Mund war, mit seiner vollen, ausdrucksstarken Unterlippe.
»Welche Farbe haben seine Augen?«, flüsterte Sam.
»Was?« Rosie zog die Stirn in Falten. »Äh … irgendwie haselnussfarben.«
»Du musstest überlegen«, sagte er sehr leise.
Sie verweilten einige Augenblicke in dieser Haltung und sie spürte, wie ihre Lippen sich öffneten und ihr ganzer Körper nachgab. Nichts unternahm, um dem ein Ende zu bereiten. »Wenn ich dich doch einmal küssen dürfte«, flüsterte er. »Nur um zu sagen: Leb wohl und ein schönes Leben noch.«
Ohne seine Haltung zu verändern, wartete er auf ihre Zustimmung, doch sie bewegte sich bereits auf ihn zu und ergriff mit ihrem Kuss die Initiative. Als sich der warme Druck seiner Lippen auf sie legte, spürte sie, wie er in erstauntem Entzücken von Kopf bis Fuß erschauderte. Eine Hitzewelle erfasste sie und ließ sie aufblühen wie eine Orchidee. Sein Mund fühlte sich wunderbar an, wie warme Seide. Sie öffnete ihre Lippen, zog ihn tiefer in sich hinein, spürte das sanfte Tasten seiner Zunge.
Mein Gott, sie küssten sich. Leichtes Entsetzen, gemischt mit Fassungslosigkeit durchzuckte sie – was um Himmels willen tue ich da? –, aber sie konnte nicht aufhören.
Alle Hemmungen schwanden und sie gab sich dem Irrsinn hin, der von ihr Besitz ergriff. Wut, Panik, Hunger – es war ein und dieselbe Woge, die sie mitriss. Der Kuss wurde intensiver und sie schlang ihre Hand um seinen Kopf, spürte die weiche Elastizität seines Haars, öffnete ihren Mund für ihn und verschlang ihn. Es war der beste Kuss, den sie je geschmeckt hatte.
Sam beugte sich über sie und presste sie mit seinem Gewicht gegen den glatten Baumstamm. Der Druck seines schlanken, muskulösen Körpers war warm. Ihre andere Hand verirrte sich an sein Kreuz, tastete sich unter sein T-Shirt, bis sie das nackte, aufgeheizte Fleisch spüren konnte, um ihn dann fordernder an sich heranzuziehen.
Jetzt wanderte sein Mund über ihren Hals – ein unglaublich sinnliches Erlebnis. Sie war verloren. Eine in den Flammen dahinschmelzende Honigwabe. Das erste Mal an diesem Tag war sie wahrhaft in ihrem Körper. Endlich sank ihr wahres Selbst, das den ganzen Tag über nur ein schwebender, distanzierter Beobachter gewesen war, zurück in seine Hülle und verwandelte sie in eine rosenrote Feuersäule.
Und ihr Körper kümmerte sich nicht um das, was ihr Intellekt wollte. Ihre Hände vergruben sich in seine Schultern. Ihre Lippen liebkosten seinen Hals und seine Wange. Als sie erneut seinen Mund fand, stöhnte er auf, und sie spürte durch die vielen Schichten ihres Kleids, wie er hart wurde und sich
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