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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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was würde er dann wohl tun?«
    Rosie war schon fast zu Hause angelangt, konnte sich aber nicht damit anfreunden, in das dem Untergang geweihte Haus zurückzukehren, das von den Zwillingsgespenstern Lucas und Jon heimgesucht wurde. Da Alastair nicht da war, war es egal, wenn sie erst spät zurückkam. Sie parkte nahe dem Zentrum von Ashvale, sperrte ihren Wagen ab und lief dann, die Hände in den Taschen, Richtung Hauptstraße.
    Wenn sie an Matthew dachte, kochte sie vor Wut. Für wen hielt er sich eigentlich? Verbiss sich derart in seine Ideen, dass Faith Angst haben musste, ihm die Wahrheit zu sagen. Stattdessen versteckte sie ihr wahres Selbst und verkümmerte langsam. Was war das für eine Liebe?
    Rosie ging die belebte Hauptstraße hinunter. Horden glatzköpfiger Jugendlicher strömten von einem Pub in den nächsten. Mädchengruppen mit blond gebleichten Haaren taumelten unter kreischendem Gelächter voran und ließen ihre Essensverpackungen auf den Boden fallen. Rosie ließ sich langsam mit dem Strom treiben und schaute gebannt auf die vielen Quadratmeter nackter Bäuche und weißer Schenkel. Für Ende Januar war es mild, aber noch immer viel zu kalt für eine derartige Zurschaustellung von Haut. Keiner nahm Notiz von ihr. Eingehüllt in Samtjacke, Schal und langen Rock war sie offenbar – dankenswerterweise – so verführerisch wie ein Verkehrspolizist.
    Sie überlegte: Sollte Matt nur ein Wort sagen, um Faith wehzutun –
    »Rosie?« Sams Stimme kam aus einer Seitengasse zu ihrer Rechten. Sie schaute sich um und sah ihn dort im Dunkeln stehen, fast unsichtbar in einem langen schwarzen Mantel. Er lehnte dort an einer Mauer wie ein Raubtier, das die nächtlichen Horden beäugt.
    »Wir dürfen uns nicht mehr so begegnen«, sagte sie und tauchte neben ihm in den Schatten ein. »Was tust du hier?«
    »Dasselbe könnte ich dich auch fragen«, sagte er.
    »Ich habe zuerst gefragt.«
    Er zuckte die Achseln. »Musste irgendwo hingehen. Nach Hause wollte ich nicht.«
    »Mir geht’s auch nicht viel anders«, sagte Rosie.
    »Wie kommt das?«
    »Ich habe gerade etwas wirklich … Niederschmetterndes erfahren.«
    »Tatsächlich? Erzähl es deinem bösen Onkel Sam.«
    »Es betrifft nicht mich, sondern eine Freundin. Ich darf es niemandem erzählen.«
    »Das Gefühl kenne ich«, sagte er matt.
    Da stimmte was nicht. Sam war wachsbleich und wackelig auf den Beinen, die Augen leblos. Er hatte nichts von seinem üblichen Feuer. »Bist du betrunken?«, fragte sie ihn.
    »Noch nicht«, erwiderte er verbittert und zog einen Flachmann hervor. »Möchtest du einen Schluck?«
    Rosie willigte ein und trank. Whiskey. Sie nahm noch einen Schluck und genoss mit geschlossenen Augen das köstliche Brennen. »Das ist gutes Zeug«, sagte er mit einem unheimlichen Grinsen. »Ein Single Malt meines Vaters, die Flasche für mehrere Tausend Pfund.« Er nahm die Flasche, trank und deutete dann auf die Massen, die sich in die Freitagnacht stürzten. »Hast du auch schon mal das Gefühl gehabt, als kämest du gerade von einem anderen Planeten?«
    »Sag lieber, aus einem anderen Universum«, sagte sie.
    »Stimmt.« Sam verfiel in Schweigen, wie es so gar nicht seine Art war. Sie sah die schwachen Linien, die sich in seine Stirn eingegraben hatten, ein kaltes Brennen in seinen Augen. Die Vorstellung, dass mit Bier abgefüllte Halbstarke mit einem betrunkenen Sam kollidieren könnten, jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Sie wusste, wer dabei den Kürzeren zöge.
    »Ist mit dir alles okay?«, fragte sie eher forsch als mitfühlend.
    »Ganz toll«, sagte er und seufzte dann. »Nein, eigentlich nicht.«
    Sie hielt inne. »Hat es mit mir zu tun?«, hakte sie sanft nach.
    »Nein.« Er lachte. »Nein, das nicht. Erstaunlicherweise dreht sich nicht alles um dich, Rosie.«
    Er sah sie nicht an. Für gewöhnlich konnte er seinen Blick nicht von ihr abwenden. »Was ist es denn?« Sie nahm seinen Arm und versuchte ihn tiefer in die Gasse hineinzuziehen. Er leistete Widerstand. »Nun komm schon, Sam, erzähl es mir, bitte.«
    Sie zog wieder an ihm und dieses Mal kam er mit. Sie waren von geschlossenen Läden umgeben, hinter denen ein Gewirr alter Gebäude begann, die von einem Labyrinth kleiner Innenhöfe aufgelockert waren. Er führte sie in einen davon, lehnte sich an eine Hausmauer und blieb dort mit aschfahlem Gesicht stehen. »Ich kann es keinem erzählen«, sagte er. »Ich muss allein damit klarkommen.«
    »Aber du sprichst doch mit mir.« Sie

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