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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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ich bin nicht er. Das wusste sie. Sie erzählte mir Geschichten, während ich im Baum saß. Alles über die Spirale.«
    Als sie durch Naamon kamen, war es noch immer Nacht und die Wüste war kalt. Rosie hielt nervös Ausschau nach der sonnenverbrannten Geisterleiche, aber nichts regte sich.
    Sibeyla war eng, abschüssig und frostig. Sam geriet kein einziges Mal ins Wanken und marschierte zäh wie ein Soldat voran und zog sie mit sich. Den ganzen Weg redete Lucas leise hinter ihr und wiederholte die Geschichten, die die Rickendame ihm erzählt hatte. Ihm nicht antworten zu dürfen war eine einzige Qual. Schweigend versuchte sie ihn mit ihrer Willenskraft dazu zu bringen, weiterzusprechen, als Versicherung, dass er noch hinter ihr war.
    Als sie Elysium erreichten, begann es zart und farblos zu dämmern. Sie war bis auf die Knochen durchgefroren, aber ihre Lebensgeister kehrten zurück. Oben auf der Felskuppe angekommen hätte sie vor Freude, wieder Gras unter ihren Füßen zu spüren, tanzen können. Sie folgten der Form der Spirale, bis diese sich wieder nach außen wand, gingen dann auf und ab über die kahlen Berge und in den Wald, vorbei an der Schlucht, in der Ginnys Häuschens verborgen lag … Sie hatte es gar nicht so weit in Erinnerung gehabt. Sie kamen durch den Seufzerwald und erreichten schließlich den sanften Abhang, der zu den Bäumen führte, die von oben das Portal umschlossen. Erst als sie die Öffnung betraten, merkte sie, dass Lucas schweigsam geworden war.
    Die Passage des Lych-Tors war das Schlimmste. Darin war es so dunkel und eng wie in einer Grabkammer. Ihre Hände fühlten sich tot an, als sie sich damit zur Orientierung an den Seiten entlangtastete. Doch sie spürte, dass Lucas dicht hinter ihr war. Die Versuchung, ihn zu beruhigen, war überwältigend, aber sie widerstand ihr. »Ich weiß nicht«, hörte sie ihn ganz schwach sagen. »Dieser Geruch … verbogenes Metall und Benzin. Dieses blendende Licht.«
    Es ist alles gut, wir sind fast da , sagte sie sich, um ihm Kraft zu übermitteln. Endlich sah sie einen Lichtstreif und ihr Herz weitete sich voller Erwartung.
    Sam trat aus dem Spalt in Freias Krone und sie stolperte ihm hinterher. Auf der Oberflächenwelt brach gerade die Dämmerung an. Ein kalter Winterwind zerrte an den Bäumen und zerzauste ihr Haar. Einen Moment lang konnte sie durch die Strähnen nichts erkennen. Sie hielten in der Senke an und drehten sich gleichzeitig zu den Toren um. Sam streckte die Arme aus, um Rosie aufzufangen, die neben ihm zusammenbrach.
    Es war keiner da. Nichts als blinder Fels und Wind, der durchs Gras fegte.

~  19  ~
Schneefall
    Rosie hätte nicht sagen können, wie sie nach Oakholme zurückgekommen war. Sam stützte sie auf dem Weg dorthin. Ihr Herz war von einem Eisenschaft durchbohrt und sie konnte gerade noch ihre Beine bewegen.
    Die Küchentür war unverschlossen, wie sie sie zurückgelassen hatten. Verdutzt sah sie sich um – der AGA-Herd, die Teller auf dem Abtropfblech, der rustikale Landhaustisch. Alles sah unberührt aus, bis auf Sams Notiz, die verschwunden war.
    »Wie lange sind wir weg gewesen?« Ihre Stimme war brüchig wie trockenes Papier. »Welchen Wochentag haben wir?«
    »Ich weiß es nicht, aber sieh doch, es ist alles noch genauso. Warte …« Sam ging in den Flur und kam mit einer Zeitung zurück. »Offenbar ist Dienstag. Wir waren zwei Tage weg. Es ist okay. Die Zeit verstrich hier nicht anders.«
    Rosie nickte. Eine Sache weniger, um die man sich Sorgen machen musste, aber sie war viel zu benommen, um echte Erleichterung zu empfinden. Sie setzte sich an den Küchentisch. Sam beschäftigte sich mit aschfahler Miene schweigend damit, Tee zu kochen, aber sie konnte ihn nicht trinken. Er setzte sich still neben sie und beobachtete sie. Sein Gesicht verriet seine völlige Hilflosigkeit. Es gab nichts zu sagen. Sie hatte ihre Hände in ihr wirres Haar geschoben und der Tee vor ihr wurde langsam kalt.
    Endlich sprach sie. »Wo ist es schiefgelaufen? Ich habe getan, was man uns gesagt hat. Ich habe nicht geredet, mich nicht umgedreht. Er war selbst noch im Tor direkt hinter mir. Was habe ich falsch gemacht?«
    »Nichts«, sagte Sam. »Du hast alles getan, was dir möglich war.«
    »Und doch war es nicht genug.« Zitternd atmete sie aus. »Von allem, was mir auf Erden wichtig ist, war Luc der einzige Mensch, den ich hätte retten wollen. Es gibt nichts, was mir wichtiger ist, nichts.«
    »Ich weiß, Liebes.«
    »Ich frage mich

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