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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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einer jungen Sapphire mit einem Mann, den er nicht einordnen konnte, obwohl er sich sicher war, ihn schon mal gesehen zu haben. »Hilft dir das weiter?«, fragte Rosie.
    »Ich weiß es nicht.« Er steckte sich das kleine Foto in seine Brieftasche. »Vielleicht wäre es das Beste, Sapphire zur Rede zu stellen, dann sehen wir ja, wie blass sie wird.«
    »Sei vorsichtig, Sam«, sagte sie und setzte sich auf die Sofalehne, während er nach seiner Jacke griff. »Und es tut mir leid … alles.«
    »Ja, mir auch«, sagte er und küsste sie sanft aufs Haar, bevor er ging.
    Nachdem er gegangen war, blieb Rosie benommen sitzen, als hätte man sie aus einem Traum wach gerüttelt. Was ist passiert?, überlegte sie . Hat Sam mir wirklich gerade gesagt, dass er geht – auf Dauer?
    Der ganze Vorfall hatte sie wie eine Woge überrollt. Und sie hatte es geschehen lassen, weil sie von den Nachwehen der Katastrophe viel zu benommen war, um normal reagieren zu können. Sie war so überfordert, dass sie keinen an sich heranlassen, geschweige denn sich trösten lassen konnte. Sie wusste, dass dieser Zustand nicht ewig andauern würde, aber im Moment sah sie keinen Ausweg.
    Natürlich war es ein Fehler von ihr gewesen, nicht offen mit ihrem Verdacht hinsichtlich Jon und Sapphire umzugehen – aber es ihm zu erzählen, war ein so großes Risiko. Wie man es drehte und wendete, sie konnte dabei nur verlieren. Und jetzt war er sauer auf sie und sie war sauer auf ihn, weil er sie nicht in seine Pläne eingeweiht hatte – aber warum hätte er das tun sollen? Sie waren viel zu sehr mit ihrem erotischen Katz-und-Maus-Spiel beschäftigt gewesen. Bevor Alastair dazwischenkam, hatten sie gerade erst das Gesprächsstadium erreicht.
    Ein stumpfer Schmerz ergriff Besitz von ihr, brannte in ihren Augen und ihrer Kehle. Doch es kamen keine Tränen. Weinen machte ja auch erst dann einen Sinn, wenn man begriffen hatte, was passiert war, und so weit war sie noch nicht.
    Sie ging hinauf in ihr altes Schlafzimmer und untersuchte die zerrissenen Kleider, die sie in der Anderswelt getragen hatte. Waren sie es wert, aufgehoben zu werden? Nein, am besten packte sie sie zu einem Bündel für das Altkleiderrecycling zusammen. Sie durchsuchte die Taschen, wobei sie Taschentücher und Bonbonpapier zutage förderte. Doch als sie ihre Hand in die Jeanstasche schob, fand sie etwas Hartes und Rundes. Sie zog es heraus und hielt ein Rosenquarzei in der Größe eines Hühnereis in der Hand, aus zartem durchsichtigem Rosa und wunderbar glatt poliert. Es waren schillernde Plättchen eingeschlossen und der Kern war von verschwommenem Weiß.
    Rosie betrachtete es verträumt. Ganz verschwommen erinnerte sie sich an einen Traum, in dem sie so ein Ei gefunden hatte. Sehr wahrscheinlich war es ihr von Ginny oder auch Estel zugesteckt worden – aber warum oder wie sie es angestellt hatten, ohne dass sie es bemerkte, davon hatte sie keine Ahnung. Dann fiel ihr wieder ein, wie Estel in Eulengestalt auf sie zugeflogen kam und für ein paar Augenblicke ihre Sinne verwirrt hatte … War sie es gewesen, die ihr geschickt wie ein Zauberer das Ei in die Tasche gesteckt hatte?
    Schließlich setzte sie sich, das Ei zwischen ihren Handflächen, an das Fenster ihres alten Zimmers. Die Berührung war beruhigend. Die Dämmerung zog blau und leuchtend orange herauf und brachte Schnee mit sich. Große leichte Federn tanzten an ihrem Fenster vorbei, sammelten sich in den Ecken und häuften sich auf dem Fensterbrett. Den ganzen Abend über fiel unentwegt Schnee, machte den Himmel grau und vereiste ihre Fensterscheiben. Das Glas war so kalt, dass ein kalter Luftzug über ihre Finger strich, als sie es berührte.
    Während draußen der Garten und der Hügel dahinter sich in geisterhaftes, leuchtendes Weiß verwandelten, dachte sie an Sam, Lucas, Faith, Matthew, an alle.
    Auf Stonegate stand Sam im Dachterrassenwintergarten und verfolgte, wie das Anwesen langsam unterm Schnee verschwand. Er bedeckte auch das durchsichtige Dach über ihm und tauchte den Raum in ein düsteres, schauriges Licht, Kondenswasser beschlug die Ränder der Scheiben. Seine einzigen Gefährten waren die schattenhaften Disir und das Hintergrundecho von Dumannios, das gegen die hauchdünnen Grenzen drückte.
    Sapphire und Lawrence hatten in Leicester in einem Hotel eingecheckt, weil es töricht gewesen wäre, bei einem solchen Wetter die Heimfahrt anzutreten. Und so hatte er Gelegenheit gehabt, ohne schlechtes Gewissen etwas zu

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