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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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komme, Matthew.«

~  20  ~
Winterlicht
    Sam sah nichts als verschwommenes Weiß. Er stolperte durch kniehohen Schnee, die Kälte nahm ihm den Atem. An der Mauer lagen hohe Schneewehen und der Rasen war in eine arktische Ebene verwandelt. Felsen und Büsche ragten als undeutliche Höcker heraus.
    Überall um ihn herum hörte er es tief und mühsam atmen. Er blieb stehen und lauschte, hätte es aber nicht lokalisieren können. Wenn er vielleicht in die Schattenreiche eintauchte … Und noch auf der Schwelle sah er, wie ein von Schnee bedeckter Strauch vor ihm seine Lage veränderte, sich vor ihm erhob und auf ihn zugetaumelt kam. Dabei schüttelte dieser Geist im Schnee ein ganzes Schneegestöber von sich ab.
    Mit einem Satz stürzte Sam sich auf ihn und packte das Geschöpf um den Bauch. Der Zusammenprall war heftig, dann packten ihn kräftige Arme und hielten ihn fest. Sie fielen zu Boden und rollten gemeinsam über den abschüssigen Rasen durch Schneewehen nach unten. An Sams Kleidern und seinem Gesicht klebte Schnee.
    Sein Angreifer knurrte und griff mit seinen pelzigen Klauenfingern nach seiner Kehle. War das überhaupt noch Matthew? Etwas Derartiges hatte Sam noch nie gesehen. Ein lang gezogener, schwerer Kopf mit schiefergrauem Fell bedeckt, stechende schwarze Augen und die Reißzähne eines Raubtiers. Unter dem stumpfen Fell Muskeln wie Stahltrosse. Nicht Mensch, nicht Tier. Ein Wesen aus Dumannios.
    Die Schattenreiche ließen den Himmel königsblau erstrahlen und brachten den Schnee zum Leuchten. Auch Sam veränderte sich. Von ihm ging ein ätherisches Leuchten aus. Genug, um einem Menschen Angst einzujagen, aber nicht genug, um einen wütenden Matthew einzuschüchtern. Sie kämpften und bohrten sich dabei in den Schnee. Als Sam vor langer Zeit mit dem menschlichen Matthew kämpfte, hatte dieser sich aggressiv gewehrt, aber Sam konnte ihn mit Leichtigkeit besiegen. Jetzt war er unglaublich stark. Sam wollte nicht mehr kämpfen, hatte aber keine Wahl.
    Die Bestie schleifte ihn wie eine Puppe mit und drückte ihn nach unten, ihr Atem dampfte ihm ins Gesicht. »Du gemeiner Mistkerl.« Die Worte drangen rau und kehlig aus dem Raubtiermaul. »Das hast du schon seit Jahren verdient.«
    »Ja, gut, dann sind wir jetzt quitt«, keuchte Sam. »Es reicht.« Er versuchte sich mit einer Drehung zu befreien, aber die Bestie hielt ihn fest. Ihr eiserner Griff brannte wie die Kälte des Schnees.
    »Du hast meine Schwester ruiniert. Alaz-dair ermordet.« Der Name kam stark verzerrt über seine Lippen.
    »Nein. Ich war es nicht, der den Wagen gegen den Baum gefahren hat. Das hat er selbst getan.«
    Die schwarzen Augen waren glasig. Und in dem Moment wusste Sam, dass Matthew ihn töten würde. »Du hast mir Faith genommen. Wo ist sie?«
    »Du hast Jagd auf sie gemacht«, stieß Sam nach Atem ringend zwischen seinen Zähnen hervor. »Du hast dich einen Dreck um sie geschert!«
    Matthew stieß ein ohrenbetäubendes Geheul aus. » Wo ist sie? «
    Sam riss eine Hand los und verpasste Matthew einen Schlag gegen die Schläfe. Grunzend verlor dieser für einen Moment die Kontrolle, und Sam nutzte diesen, um ihn umzustoßen und ihre Positionen umzukehren. Er setzte sich rittlings auf ihn, aber es war, als würde man versuchen, einen Schimpansen unten zu halten, ein gelenkiges, sich windendes Geschöpf, das nur aus Knochen und Muskeln bestand. Sam spürte seine elfische Kraft anschwellen. Der Kopf der Bestie zuckte vor Wut.
    »So ist es gut«, keuchte Sam. »Ich bin stärker als du. Ich musste es werden. Weißt du, ich war an einem Ort voll brutaler Typen, die dich ausrauben, dich vögeln oder einfach so aus Spaß verprügeln wollen – und das war nur das Internat. Deshalb bin ich stärker und werde es auch immer sein. Und genau das erträgst du nicht.«
    »Nein«, schäumte er brüllend. »Jetzt nicht mehr.« Matthews Bizeps spannte sich an und leistete dem Druck von Sams Händen Widerstand. Mit zitternder Langsamkeit hob sich der Arm. Sam kämpfte dagegen an und versuchte ihn wieder nach unten zu drücken, schaffte es aber nicht. Er traute sich nicht, loszulassen oder den Griff zu verändern. Beide Männer zitterten vor Kraftanstrengung. Doch so fest Sam auch dagegenhielt, Matthews Arm kam immer höher, krümmte sich und die Klauen tasteten nach Sams Hals.
    »Deine Familie hat meine zerstört.« Obwohl er die Worte vor Anstrengung nur mühsam herausbrachte, war jedes Wort deutlich zu verstehen. »Du dachtest wohl, du müsstest

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