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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Traum? Ich kenne meinen Bruder, und trotz all seiner Eigenarten weiß ich doch, wann er die Wahrheit sagt. Was ich von dir nicht behaupten kann.«
    Sapphire trat dicht vor ihn, unerschütterlich und furchtlos. Ihre Augen leuchteten hell wie ein Panzer. »Das ist eine widerliche Anschuldigung.«
    »Und wirst du jetzt ein Verfahren gegen mich anstrengen? Oh, das wäre ein Spaß. Er mag ja das Mündigkeitsalter schon erreicht gehabt haben, aber erzähl mir nicht, es sei ein Fall von unwiderstehlicher einvernehmlicher Leidenschaft gewesen. Er war ein Kind! Du wusstest, dass es falsch war. Und es kann kein anderer Grund dahintergesteckt haben, als der boshafte, kalkulierte Versuch, meinem Vater wehzutun. Verdammt, wenn du ein Mann wärst, dann würdest du jetzt aber um dein Leben betteln.«
    »Und wenn du ein Mann wärst«, zischte sie, »würde ich sagen, versuch’s doch.«
    »Reiz mich nicht, Maria Clara Ramos.«
    So hervorragend sie es auch verbarg, sie war schockiert. Er sah die hinter ihren Augen aufblitzenden Fragen. Ihr Atem kam zischend durch die Zähne. »Du bewegst dich auf äußerst wackeligem Boden, Sam. Kriminelle Neigungen sind natürlich in deiner Familie angelegt. Solltest du irgendwas von mir angefasst haben –«
    »Wenn du mich beschuldigst, dass ich deine geheimen Unterlagen durchgesehen habe, gibst du damit zu, dass es welche gibt«, sagte er kategorisch. »Mir geht es nur um meinen Vater. Entweder erzählst du ihm, welches Spiel du spielst, oder ich werde es tun.«
    »Oh, ich spiele nicht. Ich habe meinen Namen geändert – was soll’s? Ich habe nichts zu verbergen.« Sie war gut, das musste er ihr lassen. Tough und furchtlos erwiderte sie seinen Blick. »Warum solltest du Lawrence etwas erzählen? Ich würde es abstreiten und Jon genauso. Du kannst überhaupt nichts beweisen. Und wenn du falsche Gerüchte streust, dann stehst du selbst wie ein Narr da und ziehst dir außerdem die Verachtung aller zu. Sollte es wahr sein, wirst du Lawrence damit das Herz brechen – vorausgesetzt, er hat eins. Du hast nichts zu gewinnen, kannst aber alles verlieren. Du wirst ihm nichts sagen, Sam. Und jetzt lass mich vorbei.«
    Er machte Platz. Runde eins ging an Sapphire. »Du hast recht, es würde meinem Vater das Herz brechen«, rief er ihr nach. »Wie wär’s, wenn wir es um Jons willen für uns behielten? Ich verzichte darauf, dass du deine schmutzigen Angewohnheiten offenlegst. Aber ich würde vorschlagen, dass du Lawrence erzählst, wer du wirklich bist.«
    Sie blieb stehen. Die Glastüren blieben offen stehen und ließen den kalten Wind herein. »Deine Papiere sind noch alle da«, sagte er ein wenig lauter. »Bis auf eine Winzigkeit, die ich ›dummerweise‹ verlegt habe. Wenn du mit Lawrence reinen Tisch machst, wird mir wieder einfallen, wo sie ist. Ansonsten … wäre es wirklich besser, du findest es, bevor Lawrence es entdeckt.«
    Sapphire ging ihres Wegs, ohne sich anmerken zu lassen, ob sie seine Worte gehört hatte.
    Als Sapphire durch die kalten Straßen lief, wurde ihr klar, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb. Sie wusste, dass ihr Spiel fast vorbei war, aber beenden wollte sie es zu ihren Bedingungen. Sie musste herausfinden, welches belastende Beweisstück Sam zurückgelassen hatte, und zwar, ehe Lawrence es fand – und sie musste Jon in ihre Gewalt bekommen.
    Die Idee, sie und Lawrence könnten noch eine Chance haben, war einem Moment der Schwäche entsprungen. Nachdem er den Mord gestanden hatte, war es für sie vorbei. Sie hatte nicht darauf reagiert, nur zugehört; anschließend war Lawrence eingeschlafen, aber sie hatte fast die ganze Nacht wach gelegen, innerlich kalt, und an den Mann gedacht, dem sie ihr Versprechen gegeben hatte. Lawrence vertrieb jeden – aber sie würde nicht gehen, ohne ihm den Todesstoß zu versetzen.
    Geduldig schlug sie etwa eine Stunde lang hinter einer Zeitung versteckt in der Krankenhauscafeteria die Zeit tot und wartete, bis sie Sam gehen sah. Dann machte sie sich auf den Weg zu Jons Station.
    Jedes Mal wenn Lawrence nach Stonegate zurückkehrte, schien das Haus sich beobachtend auf ihn zu stürzen. Die Richter des Spiral Court kannten jeden seiner Schritte, und das war auch der Grund, weswegen sie ihm das Lych-Licht genommen und ihn wehrlos zurückgelassen hatten. Dieses Mal war die Stimmung schlechter als gewöhnlich. Er spürte unsichtbare Strömungen, die sich düster um ihn bewegten. Etwas Vergleichbares hatte er nicht mehr verspürt, seit er das

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