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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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letzte Mal die Tore entriegelt hatte – aber das war unmöglich. Undenkbar.
    Als er mit dem Taxi vorfuhr, sah er, dass seine eigene Limousine noch immer in der halbmondförmigen Auffahrt geparkt war, wo Sam sie abgestellt hatte. Sapphires Auto stand dahinter. Im Haus war nichts von ihr zu sehen, vermutlich hatte sie sich in ihre eigenen Gemächer zurückgezogen.
    Lawrence wusste, dass er sich über Jons baldige Heimkehr freuen sollte, aber er empfand nichts, was dem angemessen gewesen wäre. Andere Leute waren für ihn nicht mehr als huschende Lichter auf einer fernen Glasscheibe. Eine Irritation. Er wollte in diesem weiten dunklen Schweigen allein sein.
    Das Haus machte einen veränderten, gestörten Eindruck und nach einer Weile wusste er auch, warum. Alles war ein wenig verschoben worden. Die Mäntel und Schuhe in der Garderobe hingen und standen anders, die Küchenschränke waren anders eingeräumt, Gegenstände umgestellt und ein Bündel Briefe auf einem Kaminsims war herausgenommen, durchwühlt und dann wieder zurückgelegt worden … und zwar nicht von der Putzfrau, denn es lag Staub darauf und man roch keine Politur. Nein. Jemand hatte etwas gesucht.
    Auch oben gab es Anzeichen, dass sein Nachttisch durchsucht worden war. Doch mehr als Verwunderung empfand er nicht. Er starrte in das große, schlichte Schlafzimmer und es schien ihm nicht einmal zu gehören.
    In London hatte er den Laden aufgesucht und seinen Mitarbeitern unterbreitet, dass das Geschäft verkauft worden war. Der Käufer war Amerikaner. Sie würden als exklusives Juweliergeschäft weitermachen, aber es würde keinen Albinit mehr geben. Es war ihm schwergefallen, für diese Nachricht einen Ton des Bedauerns oder sonst eine Gefühlsregung zu aufzubringen, doch je größer seine Qual, umso weniger konnte er sie ausdrücken.
    Dies waren die letzten Tage seines Reiches. Er wusste es, konnte dem aber nicht ins Auge sehen.
    Es war Mittagszeit. Außer nach einem Schluck Whiskey stand ihm der Sinn nicht nach einer Erfrischung. Er ging in sein Arbeitszimmer, um etwas zu trinken, traf dort aber Sapphire an, die im Mantel die oberste Schublade seines Schreibtischs durchwühlte. Bei seinem Anblick zuckte sie schuldbewusst zusammen.
    »Kann ich dir helfen?«, fragte er sie.
    »Ich habe dich nicht so früh zurückerwartet, Lawrence«, sagte sie. »Du hast mich erschreckt.« Und sofort war sie wieder kess. »Ich habe nach deinem Terminkalender gesucht. Weil ich wissen wollte, welche Arbeitstermine du hast.« Dabei sah sie ihn weich und um Verständnis heischend an. »Entschuldige, aber je schneller wir wieder zur Normalität zurückkehren, umso besser werden wir uns alle fühlen.«
    Sein großer, schwarzer Terminkalender war deutlich zu sehen. Als er ihn ihr süffisant reichte, schlugen die Seiten auf und ein Stück Papier fiel heraus. Sie stürzte sich darauf. Er hatte es als Einmerker benutzt. Sie räusperte sich und schob es zurück zwischen die Seiten.
    »Normalität?«, sagte er.
    »Ich habe eine Überraschung. Jon ist vorzeitig entlassen worden. Ich habe ihn gerade abgeholt.«
    »Was? Wo ist er?«
    Mit einem Seufzer legte sie den Terminkalender ab. »Er sitzt im Auto und weigert sich ins Haus zu kommen.«
    »Wieso das denn?« Er war so unaufmerksam gewesen, dass ihm sein Sohn hinter den getönten Scheiben gar nicht aufgefallen war.
    »Jetzt denk doch mal nach, Lawrence. Du hast ihn vor nicht allzu langer Zeit rausgeworfen. Dies ist das erste Mal, dass er zurückkommt, und jetzt hat er kalte Füße.«
    »Nun, dann überrede ihn reinzukommen. Das ist doch lächerlich.«
    »Du überredest ihn!«, erwiderte sie. »Er ist dein Sohn. Nein, ich habe es versucht. Und wenn man mit ihm streitet, wird er nur noch sturer. Lass ihn schmoren, dann kommt er schon herein, wenn ihm kalt ist oder der Hunger kommt.« Ihr Blick ruhte noch immer auf dem Schreibtisch und ihre Fingernägel zupften an den Ecken der gestapelten Papiere.
    »Willst du deinen Mantel nicht ausziehen?« Lawrence ging an seinen Barschrank und nahm eine neue Flasche Whiskey aus dem Regal. »Du wirkst sehr nervös«, sagte er. »Als ich dir gestand, einmal einen Mann getötet zu haben … das ist lange her. Das wird nie wieder passieren. Du brauchst es dir nicht so zu Herzen zu nehmen.«
    Sie streifte ihn mit einem Blick, sagte aber nichts. Als er zurückging, um sich ein Glas zu holen, fand er dort, wo die Flasche gestanden hatte, etwas auf dem Regal liegen.
    Es war ein kleines Passfoto. Die Farben

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